Entfernung von vorhandenem definitivem Wurzelfüllmaterial im Rahmen einer Revisionsbehandlung

Entfernung von vorhandenem definitivem Wurzelfüllmaterial im Rahmen einer Revisionsbehandlung

Im Verlauf der bei Ihnen durchgeführten endodontischen Behandlung (Wurzelbehandlung) wurde zum Erhalt des Zahnes eine sogenannte Revisionsbehandlung durchgeführt. Dabei wurde die vorhandene, unbrauchbare Wurzelfüllung vollständig aus dem Wurzelkanal/den Wurzelkanälen entfernt. Diese Maßnahme war notwendig, um den Zahn für eine neue, qualitativ hochwertige Wurzelbehandlung vorzubereiten.

Ihre Versicherung lehnt nun die Übernahme der Kosten für diese gemäß § 6 Abs. 1 der GOZ analog berechnete Leistung (GOZ-Nr. ____) mit dem Argument ab, die Leistung nach GOZ-Nr. 2140 sei auch im Rahmen einer Wurzelkanalrevision originär ansatzfähig, da zum Leistungsinhalt auch die Entfernung von definitivem Wurzelfüllmaterial gehöre.

Um Sie bei der Durchsetzung Ihres Erstattungsanspruchs zu unterstützen, stellen wir Ihnen nachfolgend fachliche und gebührenrechtliche Informationen zur Verfügung:

Die Revision einer Wurzelbehandlung im Sinne einer nochmaligen Überprüfung und Änderung der intrakanalären Verhältnisse nach einer endodontischen Primärbehandlung stellt eine sehr spezielle, erst seit der Verfügbarkeit spezieller maschineller Instrumente und geeigneter optischer Sehhilfen wie dem Dentalmikroskop erfolgversprechende, praxisreife moderne Methode der Zahnheilkunde dar, die in der Neuformulierung der GOZ 2012 nicht berücksichtigt wurde. Die einzige Möglichkeit solche Therapieverfahren in der GOZ abzubilden ist daher die Möglichkeit der Analogabrechnung gemäß § 6 Abs. 1 GOZ:

„Selbstständige zahnärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses dieser Verordnung berechnet werden. (…)“

Die Bundeszahnärztekammer vertritt im aktuellen Kommentar vom 25.04.2014 unter der GOZ-Nr. 2410 die folgende Auffassung:
Die Entfernung von vorhandenem definitivem Wurzelfüllmaterial ist nicht Bestandteil dieser Gebührennummer” und empfiehlt die Analogberechnung gemäß § 6 Abs. 1 GOZ.”

Die Deutsche Gesellschaft für Endodontologie und zahnärztliche Traumatologie stellt in ihrer wissenschaftlichen Mitteilung (Stand 11.06.2012) ebenfalls fest:
„Die Entfernung von vorhandenen Wurzelfüllmaterialien aus dem Wurzelkanal ist eine selbstständige Leistung und nicht in der GOZ 2012 enthalten. Sie ist nicht mit dem Leistungsinhalt der GOZ 2410 zu subsumieren, sondern analog nach § 6.1 GOZ abzurechnen.

Der in der Rechtsprechung anerkannte “Kommentar zu BEMA und GOZ” von Liebold/Raff/Wissing führt aus:
„Für den erheblichen Aufwand jedoch des Entfernens des alten Verschlussmaterials, mit dem die Pulpenhöhle (nicht zu verwechseln mit der Entfernung einer ggf. vorhandenen alten Füllung oder einer alten zu entfernenden Krone, also Maßnahmen, die nach den GOZ-Nrn. 2290 und 2300 berechnet werden) gefüllt wurde, für das Aufsuchen und Darstellen der mit diesem Material verdichteten ehemaligen Kanaleingänge sowie für das zwingend sehr vorsichtige Vorantasten in die alte Wurzelfüllmasse hinein und schließlich für die komplette Entfernung der alten Wurzelfüllung ist in der GOZ keine Gebührennummer vorhanden. Hier ist die Berechnung über das Analogieverfahren nach § 6 Abs. 1 anzuwenden.”

Zur Entfernung vorhandenen definitiven Wurzelkanalfüllmaterials im Rahmen der Revision einer Wurzelkanalbehandlung existiert zudem der Beschluss Nr. 62 des Beratungsforums für Gebührenordnungsfragen. Dieses Gremium setzt sich zusammen aus Mitgliedern des PKV-Verbandes, der Beihilfestellen und der Bundeszahnärztekammer:
„Die Entfernung vorhandenen definitiven Wurzelkanalfüllmaterials im Rahmen der Revision einer Wurzelkanalbehandlung stellt eine selbstständige zahnärztliche Leistung dar, die in der GOZ nicht beschrieben und daher gemäß § 6 Abs. 1 GOZ analog zu berechnen ist.“

Ferner bestätigen die folgenden Gerichte, dass die Entfernung einer vorhandenen Wurzelfüllung einen eigenständigen Arbeitsschritt darstellt, der nicht in den Maßnahmen nach GOZ-Nr. 2410 enthalten und dafür eine Analogberechnung zutreffend ist:

  • Amtsgericht Bad Homburg, Urteil vom 19.04.2016 (Az.: 2 C 2200/14 [29])
  • Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 01.07.2016 (Az.: 25 C 2953/14),
  • Amtsgericht Siegburg, Urteil vom 28.10.2016 (Az.: 102 C 118/15)
  • Amtsgericht Heidenheim a. d. Brenz, Urteil vom 13.07.2018 (Az.: 5 C 1225/17)
  • VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.09.2021 (Az.: 2 S 1307/21)
  • Amtsgericht Bad Homburg, Urteil vom 05.10.2022 (Az.: 2 C 2367/17)
Somit erfolgte die analoge Berechnung der Revision fachlich wie gebührenrechtlich zu Recht und ist somit von Ihrer Versicherung in tariflichem Umfang zu erstatten.