Rechtstipp 03/2024: Kein analoger Ansatz der GOZ-Nr. 5030 für mehrfach geschichtete, dentinadhäsiv befestigte Aufbaurestauration aus Komposit
VG München: Kein analoger Ansatz der GOZ-Nr. 5030 für mehrfach geschichtete, dentinadhäsiv befestigte Aufbaurestauration aus Komposit
Urteil vom 09.11.2023
Es gibt unterschiedliche Gerichtsurteile zu der Frage, wie mehrfach geschichtete Aufbaufüllungen oder Stumpfaufbauten aus Kompositmaterial mit adhäsiver Befestigung zu berechnen sind, was regelmäßig zu Erstattungsschwierigkeiten mit privaten Krankenversicherungen und Beihilfen führt.
In seinem Urteil vom 09.11.2023 (Az.: M 17 K 22.3863) kommt das Verwaltungsgericht (VG) München zu dem Ergebnis, dass für die Vergütung eines mehrschichtigen Aufbaus mit Kompositmaterial in Adhäsivtechnik als vorbereitende Maßnahme für eine Kronenversorgung die GOZ-Nrn. 2180 und 2197 anzuwenden sind.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Der behandelnde Zahnarzt hat vorliegend für die streitgegenständliche dentinadhäsive Stumpfrekonstruktion nach § 6 GOZ die Nr. 5030 GOZ entsprechend angesetzt. Gemäß § 6 Abs. 1 GOZ können selbstständige zahnärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses dieser Verordnung berechnet werden. Für die in Streit stehende Behandlungstechnik finden jedoch richtigerweise die Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 Anwendung.
Für Aufbaufüllungen vor Überkronungen ist in der GOZ die Gebührenziffer 2180 vorgesehen, die lautet: „Vorbereitung eines zerstörten Zahnes mit plastischem Aufbaumaterial zur Aufnahme einer Krone“. Abgegolten sind damit Exkavieren des Zahnstumpfes, ggf. Anbringen einer Matrize, Aufbringen des Aufbaumaterials (Zement, Komposit, etc.), Modellation und Formgestaltung des Materials und Ausarbeitung des Aufbaumaterials (…). Sie kann zusammen mit der GOZ-Nr. 2197 abgerechnet werden, die die „adhäsive Befestigung (plastischer Aufbau, Stift, Inlay, Krone, Teilkrone, Veneer, etc.)“ beinhaltet.
Hieraus folgt, dass der Wortlaut der Leistungsbeschreibung von Gebührenziffer GOZ 2180 („plastisches Aufbaumaterial“) umfassend ist, d.h. hierunter fällt grundsätzlich jedes plastische Material – auch Kompositkunststoff. Für dieses Ergebnis spricht auch die historische Auslegung: Mit der GOZ-Novelle 2012 sollte das Gebührenverzeichnis der GOZ gerade an die medizinische und technische Entwicklung angepasst werden (amtl. Begründung, BR-Drs. 566/11 v. 21.9.2011, S. 1). Aus dem Umstand, dass der Verordnungsgeber im Rahmen der GOZ-Novelle 2012 bei den plastischen Füllungen im Leistungstext ausdrücklich zwischen der Ausführung ohne (GOZ 2050, 2070, 2090 und 2110) und mit (GOZ 2060, 2080, 2100 und 2120) Verwendung von Kompositmaterialien in ggf. mehrschichtiger Adhäsivtechnik unterschieden hat (vgl. amtl. Begründung, BR-Drs. 566/11 v. 21.9.2011, S. 53), folgt, dass der Verordnungsgeber die genannte Technik gekannt hat und diese nur in den ausdrücklich genannten Fällen (GOZ 2060, 2080, 2100 und 2120) besonders hat vergüten wollen.
Zudem ist im Rahmen der GOZ-Novelle 2012 die Gebührenziffer GOZ 2197 gerade angesichts der zwischenzeitlich erfolgten fortgeschrittenen technischen Entwicklung der Adhäsivtechniken und -materialien geschaffen worden, um diesen Fortschritt – insbesondere einen Mehraufwand für eine adhäsive Befestigung plastischen Aufbaumaterials i.S.d. Gebührenziffer GOZ 2180 (amtl. Begründung, BR-Drs. 566/11 v. 21.9.2011, S. 54) – auch gebührentechnisch abzubilden.
Soweit es die Mehrschichttechnik anbetrifft, so handelt es sich hierbei lediglich um eine besondere Ausführung der in der Gebührenziffer GOZ 2197 enthaltenen Leistung, die gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 GOZ nicht gesondert berechnet werden darf (vgl. VG Augsburg, U. v. 8.2.2018 – Au 2 K 17.1291 – BeckRS 2018, 5878; PKV, Kommentierung praxisrelevanter Analogabrechnungen, Stand 19.6.2023, S. 30 f. […].“