Transparency International und Mezis fordern: Keine Punkte mehr für kostenlose Fortbildungen

Bei der Umsetzung der neuen Musterfortbildungsordnung sind die Landesärztekammern gefordert, detaillierte Angaben über Interessenskonflikte zu machen. Transparency International und eine Gruppe von Ärztinnen und Ärzten schlagen ein dreistufiges System vor.

©vasil – stock.adobe.comWie unabhängig sind medizinische Fortbildungen? Darüber fordern Transparency International und die Ärzte-Initiative Mezis mehr Transparenz.

In einer gemeinsamen Stellungnahme fordern Mezis („Mein Essen zahl‘ ich selbst – Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte“ und Transparency International Deutschland (TI), dass kostenlose Fortbildungen nur noch in Ausnahmefällen von Ärztekammern zertifiziert und damit bei der Vergabe von Fortbildungspunkten berücksichtigt werden sollen. „Im Fall einer Fortbildung ohne Teilnahmebeitrag wird diese nur dann anerkannt, wenn sie oder die Referenten nicht überwiegend oder ganz über Sponsoren finanziert werden“, so ein Regelungsvorschlag der beiden Initiativen.

Die MFO ist im Mai 2024 beschlossen worden. Sie gibt den Rahmen für die verbindlichen Fortbildungsordnungen vor, die in den Landesärztekammern in der Folge nun geändert werden müssen. TI und Mezis begrüßen die Regelungen der neuen MFO. Sie stelle einen bedeutenden Schritt hin zu einer Fortbildung dar, die frei von kommerziellen Einflüssen ist. „Eine solche einflussfreie Fortbildung ist essenziell, um die Qualität und Integrität der medizinischen Weiterbildung zu gewährleisten“, heißt es in der Stellungnahme. Jedoch seien die Maßnahmen nicht ausreichend.

„Zum einen ist die Regelung zur Offenlegung von Interessenkonflikten zu ungenau, um den Beteiligten eine klare Einschätzung zu ermöglichen. Zum anderen bleibt die Möglichkeit bestehen, dass Fortbildungsveranstaltungen vollumfänglich oder überwiegend von Sponsoren finanziert werden. Dies stellt die grundsätzliche Interessenunabhängigkeit solcher Fortbildungen in Frage und birgt das Risiko, dass sie weiterhin als Teil einer umfassenden Marketingstrategie genutzt werden“, schreiben die beiden Organisationen.

TI und Mezis schlagen ein dreistufiges System zur Bewertung der beruflichen Verbindungen von Referenten, Veranstaltern und weiterer Akteure bei Fortbildungen vor, um neutrale, interessenunabhängige ärztliche Fortbildung zu gewährleisten:

Geringe Interessenskonflikte sehen sie, wenn die Betroffenen nur Vortragstätigkeiten mit Honoraren von weniger als 5000 Euro für pharmazeutische Unternehmen, Medizinprodukte-Hersteller, Interessenverbände im Gesundheitswesen, medizinische Fachgesellschaften, Stiftungen oder weitere Akteure im Gesundheitswesen mit finanziellen, berufsständischen, ideologischen oder ähnlichen Interessen ausgeübt haben.

  • Bei Honoraren von 5000 bis 10.000 Euro, regelmäßige Vortragstätigkeit, der Tätigkeit in einem wissenschaftlichen Beirat oder als Gutachter, Managementverantwortung für Studien, Federführung bei direkt gesponserter Fort- oder Weiterbildung oder finanzieller Beteiligung an Unternehmen des Gesundheitswesens bis zu fünf Prozent sehen sie eine moderate Ausprägung von Interessenskonflikten.
  • Wenn ein Akteur in den vergangenen mehr als 10.000 Euro Honorar für Vorträge oder Veröffentlichungen von einer der genannten Organisationen erhalten hat,
  • in einem Advisory Board, einer finanziellen Beteiligung von mehr als fünf Prozent oder einem Arbeitsverhältnis bei einer der Organisationen tätig ist, sehen TI und Mezis Interessenskonflikte in hoher Ausprägung

Im letzten Fall sollen die Landesärztekammern Fortbildungen grundsätzlich nicht anerkennen. Liegen moderate Interessenskonflikte vor, soll eine Begründung für die Wahl der Referenten erfolgen. Zudem sollen diese Informationen den Teilnehmenden in den Fortbildungskalendern der Landesärztekammern mitgeteilt werden und nicht erst bei der Veranstaltung.

Die Musterfortbildungsordnung der Bundesärztekammer sieht als Anerkennungsvoraussetzungen für Fortbildungsmaßnahmen unter anderem die „Wahrung der Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen“ und die „Erweiterung der Offenlegung von Interessenkonflikten“, sowie die  Vorlage von Verträgen auf Verlangen der Ärztekammern vor.