Pathoblocker: Neue Waffe im Kampf gegen Salmonellen
Ein gemeinsames Team der Universität Tübingen und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung entdeckte unlängst einen Stoff, der Signalketten der Salmonellen bei der Zellinvasion hemmt – ein neuer Ansatz für deren Bekämpfung?
Pathoblocker wirken nicht, indem sie Bakterien abtöteten, sondern indem sie deren Pathogenitätsmechanismen stören.
Salmonellen zählen zu den gefährlichsten bakteriellen Krankheitserregern im Magen-Darm-Trakt. Um sich im Körper zu verbreiten, injizieren sie sogenannte Effektorproteine in die Zellen des Darmgewebes – ein Mechanismus, der nun ins Visier der Forschung gerät, wie die Forschenden in Science Advances schreiben.
Früher Eingriff in den Infektionsprozess
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Professor Samuel Wagner vom Exzellenzcluster „Kontrolle von Mikroorganismen zur Bekämpfung von Infektionen“ (CMFI) an der Universität Tübingen und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) hat eine Substanz entdeckt, die den Infektionsprozess frühzeitig unterbrechen könne. Der künstlich erzeugte Stoff mit dem Kürzel C26 verhindert die Injektion der Effektorproteine – und könnte so die Ausbreitung der Bakterien im Körper stoppen.
Alternative zu Antibiotika: Pathoblocker
Da Salmonellen zunehmend Resistenzen gegen herkömmliche Antibiotika entwickelten, bestehe ein wachsender Bedarf an neuen Therapieansätzen. Pathoblocker wie C26 bieten hier eine gezielte Alternative. Sie wirkten nicht, indem sie Bakterien abtöteten, sondern indem sie deren Pathogenitätsmechanismen störten – in diesem Fall bevor die Erreger überhaupt in das Gewebe eindringen.
„Diese gezielte Wirkung verringert auch das Risiko, dass Resistenzen von anderen Bakterien übernommen werden“, erklärt Wagner.
Molekulare Zielstruktur: Der Regulator HilD
Im Zentrum der neuen Entdeckung stehe der Transkriptionsregulator HilD, ein Schlüsselprotein für die Aktivierung der Infektionsmechanismen bei Salmonellen. „Wir haben bei HilD eine spezifische Bindungsstelle gefunden, die sich hervorragend für Wirkstoffe eignet“, sagt Dr. Abdelhakim Boudrioua, Erstautor der Studie und Forscher am CMFI.
Die Wirkweise sei raffiniert: Der Wirkstoff C26 passe wie ein passgenauer Schlüssel in die molekulare „Tasche“ von HilD und blockiere so dessen Funktion – mit dem Effekt: die Infektionskaskade wird gestoppt.
Wirkstoff mit viel Potenzial
Um die Substanz zu identifizieren, durchsuchte das Team umfangreiche Substanzdatenbanken. C26 erwies sich als besonders vielversprechend. Anschließend wurden Strukturanalysen und Tests durchgeführt, unter anderem in Makrophagen – Immunzellen, in denen sich Salmonellen verstecken können. Dabei zeigte sich: C26 blockiert gezielt den Infektionsprozess, ohne das menschliche Mikrobiom zu beeinträchtigen.
„Wir haben damit einen idealen Ausgangsstoff zur Entwicklung eines Medikaments gegen Salmonelleninfektionen“, resümiert Wagner.
Ein bedeutender Fortschritt aus der Grundlagenforschung, aber …
Trotz des vielversprechenden Ansatzes liege noch ein weiter Weg zur marktreifen Therapie vor den Forschenden. Doch das Potenzial sei groß – nicht nur für den Einsatz beim Menschen, sondern auch in der Tiermedizin, insbesondere in der Geflügelzucht. Anders als klassische Antibiotika dürfte ein gezielter Pathoblocker wie C26 das körpereigene Mikrobiom nicht angreifen – ein entscheidender Vorteil für die Gesundheit von Mensch und Tier, so die Forschenden abschließend.
Originalpublikation: Boudrioua A et al., Discovery of synthetic small molecules targeting the central regulator of Salmonella pathogenicity. Science Advances 2025. https://doi.org/10.1126/sciadv.adr5235