Brandaktuelles Urteil zur GOZ-Nr. 2390

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat in seinem Urteil vom 25.10.2013 (Az.: K 4261/12) hinsichtlich der Berechnung der Trepanation als selbstständige Leistung eine bemerkenswerte Klarstellung vorgenommen. Es verwirft die Argumentation, die in der Begründung des Bundesministeriums zur GOZ 2012 aufgeführt wird, dass die GOZ-Nr. 2390 nur als Zugangsleistung zu den GOZ-Nummern 2410, 2430 und 2440 berechnungsfähig sei und hebt auf den Unterschied zwischen alleiniger und selbstständiger Leistung ab.

Der hierzu relevante Teil des Urteils wird im Folgenden zitiert:

„Die hingegen in Rechnung gestellte GOZ-Ziffer 2390 durfte abgerechnet werden. Die Beklagte nimmt für ihre ablehnende Entscheidung Bezug auf die Begründung zur GOZ des Bundesministeriums, wonach der Ansatz der Leistung nach der Nummer 2390 allenfalls im Rahmen einer Notfallbehandlung angezeigt sein könnte. Sie sei nur als selbstständige Leistung berechnungsfähig und nicht, z. B. als Zugangsleistung zur Erbringung der Leistungen nach den Nummern 2410, 2430 und 2440. Der vorliegenden Leistungslegende lässt sich eine derartige Einschränkung aber nicht entnehmen. Nach dem Wortlaut ist die Trepanation eines Zahnes (Eröffnung der Pulpenhöhle durch Entfernung des die Pulpa umschließenden Hartgewebes wie Zahnschmelz und Dentin) nicht als alleinige Leistung definiert, sondern lediglich als selbstständige Leistung. In der Kommentierung zur GOZ (dazu Liebold, Raff, Wissing Stand März 2013 GOZ Ziffer 2390, Seite 9) wird insoweit ausgeführt, dass es auch zahnmedizinisch gute Gründe gebe, dass sich eine solche Einschränkung in der Leistungsziffer nicht finde. Denn die Trepanation sei keine „Zugangsleistung“ zur Erbringung anderer Leistungen (also eine unselbstständige Teilleistung), sondern stelle eine eigene selbstständige Therapie-maßnahme dar. Diese könne entweder solitär im Rahmen einer Notfallendodontie erfolgen oder aber kombiniert werden mit weiteren eigenständigen endodontischen Behandlungsmaßnahmen. Die Trepanation stelle auch keinen methodisch zwingenden Bestandteil einer Wurzelbehandlung dar. So müsse in Fällen von Zahnfrakturen mit freiliegender Pulpa oder in Fällen großflächiger Zerstörung von Zahnhartsubstanz durch großflächige Karies nicht trepaniert werden, bevor z. B. eine Vitalexstirpation nach GOZ-Nr. 2360 oder eine Wurzelkanalaufbereitung nach der GOZ-Nr. 2410 erfolgen könne.“

LZK-Sichtweise bestätigt.

Offensichtlich ist, dass logisch geführte und für medizinische Laien gut verständliche medizinische Erläuterungen in der Lage sind, auch in denjenigen Fällen, in denen ohne mündliche Verhandlung bzw. ohne gerichtlich bestellten Sachverständigen bei Gericht geurteilt wird, Urteile dahingehend zu unterstützen, dass der Sachverhalt qualifiziert ausgewertet werden kann.

Das Verwaltungsgericht, also die Gerichtsbarkeit, der die Klagen der Beihilfeberechtigten unterliegen, unterstützt damit voll die Sichtweise auch der LZK Baden-Württemberg, die in ihrer Kommentierung zu diesem Thema schon immer die nun gerichtlich bestätigte Auffassung vertreten hat.

„Die Nummer ist als selbstständige Maßnahme berechnungsfähig, d. h. sie ist entweder alleine oder auch neben weiteren endodontischen Leistungen (z. B. nach den Nummern 2350, 2360, 2380, 2400, 2410, 2420, 2430 bzw. 2440) in derselben Sitzung berechnungsfähig.“

Leider bestätigt das VG-Urteil in einem anderen Aspekt die bisherige Rechtsprechung des VG Stuttgart (AZ 12 K 753/11, 16.02.12 und 12 K 1225/12, 29.08.12) in Bezug auf die Begründungen für einen höheren Steigerungsfaktor bei Röntgenleistungen.

Wiederholt weist das VG Stuttgart darauf hin, dass die Begründungen „geringere Strahlenbelastung“ oder „Umweltschonung“ durch digitale Bildgebung aus der Sicht des Gerichtes keine ausreichende Begründung darstellten, da diese nicht in der Person des Klägers begründet seien und nur allgemein eine bestimmte Art der Behandlung beschrieben. Der Aspekt der höheren Investitionskosten einer digitalen Röntgenanlage wird als besonderer Umstand bei der Ausführung des Röntgens gemäß § 5 Abs. 2 GOÄ nicht berücksichtigt. Modernere, teurere, schonendere Diagnostikverfahren sind zwar offensichtlich erwünscht, die Kosten hierfür hat aber alleine der Zahnarzt zu tragen.

Individuelle, in der Person des Patienten begründete Aspekte, die einen höheren individuellen Zeitaufwand oder eine höhere individuelle Schwierigkeit beim Röntgen aufweisen sind z. B. schwierige radiologische Differentialdiagnostik oder zeitaufwändige Erläuterung des Röntgenbefundes.

Zu beachten ist, dass das oben zitierte Urteil noch nicht rechtskräftig ist, da ein Antrag auf Zulassung der Berufung noch möglich ist.

Quelle: Zahnärzteblatt LZK BW, Ausgabe 2013/12

Beitrag von Angelika Enderle, Rechtsanwältin, erstellt am 09.01.2014, zuletzt aktualisiert am 09.01.2014

veröffentlich in Juradent-ID: 3118

23.01.2014 Ergänzung durch ZIBS (KHL) aus ZA-GOZette:

Digitales Röntgen stellt selber, losgelöst vom konkreten Fall, keine besondere Schwierigkeit dar und ist auch nicht prinzipiell zeitaufwändiger als konventionell analoges Röntgen. Zur Begründung eines erhöhten Steigerungssatzes schreibt die GOZ/GOÄ vor, dass lediglich konkret ausführungs- und leistungsbezogen Schwierigkeiten, Zeitaufwand und besonders behindernde Umstände bemessen werden dürfen, nicht das Verfahren an sich. Daran geht kein Weg vorbei: Weder ein höherer, jedoch gemäß § 10 (3) GOZ/ § 12 (3) GOÄ nicht begründeter Steigerungssatz, noch das Überschreiten des 2,5-fachen Satzes ist bei Röntgenleistungen abweichend vereinbar mittels § 2 (1,2) GOZ/GOÄ.

Jeder höhere Steigerungssatz oberhalb 1,8 bis 2,5 muss wirksam begründet werden.

Wenn zwar digitale Aufnahmetechnik angewendet, aber damit der bemessene höhere Steigerungssatz im Kern nicht begründet wird, können andere Gründe dennoch Anlass zur Berechnung eines höheren Faktors sein: In Frage kommen z.B. weitere, mehr Zeit fordernde Leistungsschritte wie Längenmessung im Röntgenbild, Bildbearbeitung zur diagnostischen Kontrastverstärkung etc. In Frage kommen z.B. auch erhöhte ausführungsbezogene Schwierigkeiten, bedingt durch individuelle, lokal intraorale Verhältnisse, verstärkt durch die sperrige Form eines Sensors statt eines dünnen Röntgenfilms (Druckschmerz, Platzmangel, Verschieben etc.).

„Digitales Röntgen“ ist die im Jahr 2013 am häufigsten abgelehnte Begründung gemäß Beanstandungsstatistik der ZA-Zahnärztliche Abrechnungsgenossenschaft.

 

 

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