Das am häufigsten mutierte Tumor-Gen ist entschlüsselt

Forschende haben Mutationen des Tumorsuppressor-Gens TP53 umfassend charakterisiert. Damit könnte in Zukunft eine präzisere Bewertung möglich sein, ob eine vererbte Mutation das Krebsrisiko erhöht oder harmlos ist.

Ein Team der Philipps-Universität Marburg hat umfassende Erkenntnisse über das TP53-Tumorsuppressor-Gen gewonnen, das als das am häufigsten mutierte Gen bei Krebserkrankungen gilt. Erstmals wurde das nahezu vollständige Spektrum der Mutationen dieses Gens anhand von Daten von mehr als 100.000 Patienten systematisch analysiert. Mithilfe von CRISPR-Technologie konnten die Forschenden Auswirkungen von mehr als 9.000 Mutationen im TP53-Gen auf die Fitness von Tumorzellen detailliert charakterisieren.

TP53-Genschützt Zellen eigentlich vor unkontrolliertem Wachstum

Das TP53-Gen ist ein sogenanntes Tumorsuppressorgen, das Zellen vor unkontrolliertem Wachstum schützt und somit die Entstehung von Krebs verhindert. Mutationen in diesem Gen führen bei etwa der Hälfte aller Krebspatienten zu einem Verlust dieser Schutzfunktion. Werden solche Mutationen vererbt, können sie zudem das Risiko für Tumorerkrankungen im Laufe des Lebens erheblich erhöhen. Doch die Vielfalt an TP53-Mutationen – über 2.000 Varianten sind bekannt – hat bisher eine gezielte Nutzung in der klinischen Praxis erschwert. „Die Ergebnisse unserer Studie bieten nun eine solide Grundlage, um die klinische Relevanz jeder einzelnen Mutation besser einzuordnen“, erläutert die Erstautorin der Studie, Dr. Julianne Funk.

„Unsere Arbeit ermöglicht eine präzisere Bewertung, ob eine vererbte Mutation das Krebsrisiko erhöht oder harmlos ist. Das ist ein entscheidender Fortschritt für die humangenetische Beratung“, erklärt Institutsleiter Prof. Dr. Thorsten Stiewe. Darüber hinaus konnten therapeutisch relevante Mutationen identifiziert werden, die das Ansprechen auf Chemotherapie, Bestrahlung oder moderne molekulare Therapeutika beeinflussen.

Mutationen wurden erstmals direkt im Erbgut der Zellen erzeugt

Die Studie zeichnet sich durch eine innovative Methodik aus: Statt Mutationen künstlich zu überexprimieren, wurden diese erstmals direkt im Erbgut der Zellen erzeugt. „Durch den Einsatz der CRISPR-Technologie konnten wir das komplexe Zusammenspiel zwischen Mutationen und ihrer Funktion im natürlichen Zellkontext analysieren“, erläutert Autorin Dr. Maria Klimovich.

Gefördert wurden die Arbeiten durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, das Deutsche Zentrum für Lungenforschung (DZL) und den LOEWE-Schwerpunkt iCANx.

Funk, J.S., Klimovich, M., Drangenstein, D. et al. Deep CRISPR mutagenesis characterizes the functional diversity of TP53 mutations. Nat Genet (2025). doi.org/10.1038/s41588-024-02039-4