Fehldiagnose bei morgendlichem Kopfschmerz

Eine 67-jährige Frau beklagt sich über anhaltende Kopfschmerzen am Morgen und ein Schweregefühl im Unterkiefer. Eine erste Diagnose weist auf temporomandibuläre Dysfunktionen hin – doch trotz eingeleiteter Behandlung bessern sich die Symptome nicht.

Eine Stabilisierungsschiene sowie Muskelmassagen zur Behandlung von Funktionsstörungen im Bereich des Kiefergelenks und der Kaumuskulatur bringen nur geringe Besserung. Auffällig ist, dass die Beschwerden vor allem morgens direkt nach dem Aufwachen auftreten, wie die Autoren schreiben.

Wahre Ursache fällt in anderes Fachgebiet

Erst eine vertiefte Anamnese, bei der auch das Schnarchverhalten und die subjektive Tagesmüdigkeit mittels Epworth Sleepiness Scale abgefragt werden, lenkt den Verdacht auf eine schlafbezogene Atemstörung. Ein ambulanter Schlafapnoe-Test (OCST) bestätigt diesen Verdacht: Der sogenannte Respiratory Event Index (REI) liegt bei 10,1 Ereignissen pro Stunde – ein klarer Hinweis auf eine milde Form von OSA. Die Sauerstoffsättigung sinkt während des Schlafs auf kritische 76 Prozent.

Wirksame Therapie mit Unterkiefer-Protrusionsschiene

Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte verordnen eine individuell angepasste Unterkieferschiene (Mandibular Advancement Device, MAD), die während des Schlafs den Unterkiefer leicht nach vorn verlagert und so die oberen Atemwege offen hält. Bereits nach kurzer Zeit verbessert sich die Schlafqualität der Patientin deutlich, die morgendlichen Kopfschmerzen verschwinden.

Eine Nachuntersuchung bestätigt den Erfolg: Der REI sinkt auf 1,6/h, die Sauerstoffsättigung im Schlaf steigt auf 86 Prozent.

Anfängliche Fehlinterpretation durch Überlappung der Symptome

Der Fall verdeutliche die diagnostische Herausforderung bei sich überlappenden Krankheitsbildern. Temporomandibuläre Dysfunktionen und obstruktive Schlafapnoe können ähnliche Symptome wie Gesichtsschmerz und Kopfschmerzen verursachen. Ohne genaue Abklärung bestehe allerdings die Gefahr einer Fehldiagnose – mit langwieriger und ineffektiver Behandlung.

Die Autoren betonen daher, dass bei morgendlichen Kopfschmerzen immer auch schlafbezogene Ursachen in Betracht gezogen werden sollten – insbesondere bei Vorliegen weiterer Risikofaktoren wie Tagesmüdigkeit oder Schnarchen.

Fazit: Interdisziplinäre Diagnostik ist entscheidend

Es ist wichtig, bei unklaren Kopf- und Gesichtsschmerzen interdisziplinär zu diagnostizieren, so die Autoren zum Abschluss. Zahnärztinnen und Zahnärzte sollten bei Verdacht auf TMDs auch stets an schlafbezogene Ursachen denken und bei entsprechenden Hinweisen eine gezielte Schlafdiagnostik einleiten. Denn die richtige Diagnose sei in Fällen wie diesem der Schlüssel zu einer wirksamen und nachhaltigen Therapie.

 

Originalpublikation: Ishiyama H et al., Morning headache caused by obstructive sleep apnea misdiagnosed as temporomandibular disorders-related headache: A case report. Journal of Prosthodontic Research 2024; 69(2): 303–307