Mondphasen und Migräne: Neue Hinweise für zirkalunaren Rhythmus
Migräne zählt zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Eine neue Studie untersucht erstmals prospektiv, ob die Mondzyklen das Auftreten von Migräneattacken beeinflussen – mit klinisch relevanten Ergebnissen.
Trigger für Migräneattacken bislang unvollständig aufgeklärt
Migräne ist mit einer weltweiten Prävalenz von etwa 15 % eine der führenden Ursachen für krankheitsbedingte Einschränkungen. Charakteristisch sind plötzliche, teils hochgradig belastende Schmerzattacken, deren Unvorhersehbarkeit für Patienten eine erhebliche Belastung darstellt. Bekannte Trigger wie Stress, Schlafmangel oder hormonelle Veränderungen erklären das Auftreten nur teilweise, wodurch die Entwicklung zuverlässiger Vorhersagemodelle bislang limitiert blieb.
Chronobiologische Rhythmen als Einflussfaktor bei Migräne
Chronobiologische Muster sind in der Migräneforschung seit Langem von Interesse. Neben tageszeitlichen und saisonalen Schwankungen wird seit Jahrzehnten auch ein Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus diskutiert. Da viele biologische Prozesse lunaren Rhythmen unterliegen, lag die Hypothese nahe, dass Migräneattacken ebenfalls mit den Mondphasen korrelieren könnten. Belastbare prospektive Daten dazu fehlten bislang.
Prospektive Studie zu möglicher Assoziation zwischen Migräneattacken und Mondphase
Die aktuelle Analyse eines Forscherteams um Dr. Alexander Yoo von der University of Pennsylvania Perelman School of Medicine in Philadelphia, USA, nutzte Daten einer prospektiven Kohortenstudie mit 98 Erwachsenen, die zwischen 2016 und 2017 rekrutiert wurden und seit mindestens 3 Jahren unter episodischer Migräne litten. Ausgeschlossen wurden Personen mit chronischen Schmerzsyndromen, unbehandelter obstruktiver Schlafapnoe, Schwangerschaft, bestehenden Opioidtherapie oder nicht kontrollierten schwerwiegenden Komorbiditäten.
Über einen Zeitraum von sechs Wochen führten die Teilnehmer elektronische Kopfschmerztagebücher und trugen Aktigrafie-Geräte zur Erfassung von Schlafparametern. Zusätzlich wurden – falls relevant – Menstruationszyklen dokumentiert. Die Zuordnung der Kalendertage zu den Mondphasen erfolgte auf Basis astronomischer Referenzdaten.
Zunahme der Migräneattacken kurz vor Neumond
Die Analyse von 4.308 Beobachtungstagen zeigte eine signifikante Zunahme der Migränehäufigkeit in Abhängigkeit von den Mondphasen. Die Kopfschmerzrisiken stiegen um bis zu 34 % im Vergleich zu den Phasen um den Vollmond und erreichten ihr Maximum etwa 1–2 Tage vor Neumond. Schlafdauer, Schlafeffizienz, Menstruation und Menopausenstatus erwiesen sich nicht als wesentliche Mediatoren.
Potenzielle Mechanismen zum Einfluss der Mondphasen auf Migräne
Die genauen Ursachen bleiben unklar. Diskutiert werden sowohl direkte Einflüsse lunarer Umweltfaktoren wie Licht und Gravitation als auch endogene Oszillatoren, die durch Mondzyklen synchronisiert werden. Besonders interessant ist die mögliche Rolle zirkadianer Gene wie Casein-Kinase-1δ, das sowohl mit Migräne als auch mit anderen biologischen Rhythmen assoziiert ist.
Erstmals prospektive Hinweise auf Zusammenhang zwischen Migräneattacken und Mondphasen
Die Studie liefert erstmals prospektive Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Migräneattacken und Mondphasen. Für die klinische Praxis eröffnen sich neue Perspektiven in der personalisierten Prävention: Eine zeitlich angepasste Prophylaxe, beispielweise durch gezielte Gabe von CGRP-Antikörpern, könnte bei Patienten mit ausgeprägten zyklischen Mustern wirksam sein.
Weitere Studien notwendig
Weitere Forschung ist notwendig, um interindividuelle Unterschiede zu charakterisieren, die Übertragbarkeit auf chronische Migräne zu prüfen und pathophysiologische Mechanismen besser zu verstehen. Folgestudien sind auch vor dem Hintergrund der geringen Teilnehmerzahl und der kurzen Beobachtungsdauer dringend nötig.
Studienergebnisse könnten zukünftige Vorhersagemodell unterstützen
Die Ergebnisse dieser prospektiven Studie zur Assoziation von Migräneattacken mit den Mondphasen legen nahe, dass Migräne nicht nur zirkadianen, sondern auch zirkalunaren Rhythmen folgt. Die Identifikation solcher Muster könnte langfristig helfen, Vorhersagemodelle zu verbessern und präventive Therapien präziser zu steuern.
