Rechtstipp Juli 2013 Kündigung in kleiner Zahnarztpraxis treuwidrig?
Der Fall:
Ein Zahnarzt, der regelmäßig nicht mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigte, kündigte einer Rezeptionsmitarbeiterin fristgemäß zum 31.08.2012. Die Mitarbeiterin erhob gegen die Kündigung Klage vor dem Arbeitsgericht Mainz, wobei sie die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend machte und zumindest einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben anführte.
Das Arbeitsgericht Mainz wies die Klage in der Vorinstanz mit Urteil vom 31.10.2012 (1 Ca 1221/12) ab. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finde aufgrund der Kleinbetriebsklausel des § 23 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Zudem habe der Zahnarzt für die Kündigung auch einleuchtende Gründe im Sinne einer unternehmerischen Entscheidung aufgeführt, die selbst bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes von den Gerichten für Arbeitssachen nur auf Willkür zu überprüfen wären.
Die Entscheidung:
Auch das LAG Mainz konnte keine Unwirksamkeit der Kündigung ersehen. Die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes fänden auf das Arbeitsverhältnis nach § 23 Abs. 1 KSchG keine Anwendung. Der Beklagte beschäftigt ein seiner Zahnarztpraxis unstreitig nicht mehr als fünf Arbeitnehmer. Auch die Annahme des Arbeitsgerichts, die ordentliche Kündigung des Beklagten verstoße nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), sei nicht zu beanstanden.
Keine Willkür
Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt habe, sei die Vorschrift des § 242 BGB auf Kündigungen neben § 1 KSchG nur in beschränktem Umfang anwendbar. Eine Kündigung verstoße deshalb in der Regel nur dann gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletze, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind. Es gehe vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen. Der Vorwurf willkürlicher, sachfremder oder diskriminierender Ausübung des Kündigungsrechts scheide aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorläge.
Soziale Rücksichtnahme
Wenn bei einer Kündigung eine Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern zu treffen sei, müsse auch der Arbeitgeber im Kleinbetrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde, ein durch Art. 12 GG gebotenes Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme wahren. Dies bedeute jedoch nicht, dass damit im Kleinbetrieb die Grundsätze des § 1 KSchG über die Sozialauswahl entsprechend anwendbar wären. Sei allerdings auf den ersten Blick erkennbar, dass der Arbeitgeber einen erheblich weniger schutzbedürftigen, vergleichbaren Arbeitnehmer weiterbeschäftige, so spreche dies dafür, dass er das erforderliche Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer Acht gelassen habe und deshalb die Kündigung treuwidrig sei.
In dem konkreten Fall verneinte das LAG eine treuwidrige Kündigung. Es sei Teil der unternehmerischen Freiheit des Beklagten, darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er seine zukünftige Berufstätigkeit als Zahnarzt altersbedingt einschränken bzw. inwieweit er künftig mit weniger Personal arbeite. Der Arbeitgeber im Kleinbetrieb müsse zur Begründung der Kündigung, die er auf betriebsbedingte Gründe stütze, nur so viel vortragen, dass der Vorwurf der Treuwidrigkeit ausscheide. Der Zahnarzt dürfe sich daher damit begnügen, vorzutragen, dass er die bisherigen Aufgaben der Klägerin unter den verbleibenden Mitarbeitern aufteilt.
RA Michael Lennartz
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