So krallen sich Staphylokokken auf der menschlichen Haut fest
Es soll die „stärkste jemals nachgewiesene natürliche Proteinbindung“ sein, „stärker als Superkleber“ und „in der Natur nahezu unübertroffen“: Wie die Auburn University (Alabama) in der vergangenen Woche mitteilte, haben Physiker der Uni gemeinsam mit Partnern in Belgien und Großbritannien herausgefunden, warum sich Staphylokokken so hartnäckig an der menschlichen Haut festsetzen können. Die Entdeckung eröffne nun neue Strategien zur Bekämpfung antibiotikaresistenter Infektionen.
Im Mittelpunkt der nun im Magazin „Science Advances“ veröffentlichten Studie steht ein bakterielles Protein namens SdrD. Staphylokokken sollen es wie einen Enterhaken verwenden, um sich an das menschliche Protein Desmoglein-1 zu binden (siehe: Grafik). „Es ist die stärkste nicht-kovalente Protein-Protein-Bindung, die jemals beschrieben wurde“, wird Rafael Bernardi, Associate Professor für Physik an der Auburn University und einer der leitenden Autoren, zitiert. „Das macht Staphylokokken so hartnäckig und hilft uns zu verstehen, warum diese Infektionen so schwer zu bekämpfen sind.“ Die beschriebene Bindung sei einzigartig und erkläre, warum Staphylokokken auch nach Kratzen, Waschen oder Schwitzen an der Haut haften bleiben.
Kalzium stärkt die Bindung
Die Studie ergab auch, dass Kalzium, ein Element, das eher für die Stärkung der Knochen bekannt ist, das bakteriellen Haftvermögen stärken kann: Als der Kalziumspiegel in Laborversuchen gesenkt wurde, schwächte sich die Bindung zwischen SdrD und Desmoglein-1 deutlich ab. Als Kalzium wieder hinzugefügt wurde, festigte sich die Bindung.
Relevant für Patienten mit Ekzemen
Diese Erkenntnis ist den Forschenden zufolge besonders relevant für Patienten mit Ekzemen, bei denen das Kalziumgleichgewicht in der Haut gestört ist. Anstatt die Haut zu schützen, könnten diese unregelmäßigen Werte den Halt der Staphylokokken sogar noch verstärken. „Wir waren überrascht, wie sehr Kalzium zur Stärke dieser Wechselwirkung beiträgt“, erklärt Mitautorin Priscila Gomes (Fachbereich Physik, Auburn University). „Es stabilisierte nicht nur das bakterielle Protein, sondern machte den gesamten Komplex auch viel widerstandsfähiger gegen Zerbrechen.“
Methodik: atomares Kräftemessen
Um diese Details aufzudecken, kombinierte das Team den Angaben zufolge „Einzelmolekülexperimente mit fortschrittlichen Computersimulationen“: Mithilfe der Rasterkraftmikroskopie („atomic force microscopy“) wurde beispielsweise die Kraft gemessen, mit der sich ein einzelnes Staphylokokkenbakterium an die menschlichen Hautproteine bindet. Die Wechselwirkung zwischen den Atomen wurde zudem auf Supercomputern simuliert. Beide Ansätze seien dann zu dem gleichen „bemerkenswerten Ergebnis“ gekommen: „Der Griff von SdrD an Desmoglein-1 ist stärker als jede andere in der Biologie bekannte Proteinbindung.
Fazit: neue Strategien zur Bekämpfung antibiotikaresistenter Infektionen
Diese Entdeckung eröffnet nach Ansicht der Autoren neue Strategien zur Bekämpfung antibiotikaresistenter Infektionen: Anstatt zu versuchen, Bakterien direkt abzutöten, was oft zur Entwicklung von Resistenzen führt, könnten Wissenschaftler in Zukunft Mittel entwickeln, die die Adhäsion von Bakterien blockieren oder schwächen. „Indem wir auf die Adhäsion abzielen, suchen wir nach einem völlig anderen Weg, bakterielle Infektionen zu bekämpfen“, sagt Bernardi. „Wir versuchen nicht, die Bakterien zu zerstören, sondern sie daran zu hindern, sich überhaupt anzuheften.“
Originalpublikation:
Constance Chantraine et al. Ultrastrong Staphylococcus aureus adhesion to human skin: Calcium as a key regulator of noncovalent interactions.Sci. Adv.11, eadu7457(2025). DOI:10.1126/sciadv.adu7457