VG Kassel verneint Anspruch auf Zahnimplantate nach Biss auf Hühnerknochen
Urteil vom 10.05.2024
In einem Urteil vom 10.05.2024 (Az.: 1 K 1762/22.KS) hat das Verwaltungsgericht (VG) Kassel entschieden, dass ein Pensionär, der sich beim Essen eines Hühnchens zwei Zähne beschädigte, keinen Anspruch auf Beihilfe für mehr als zwei Implantate im Oberkiefer hat.
Zum Fall:
Der Kläger, ein beihilfeberechtigter Pensionär, zerbiss beim Essen eines Hühnchens einen im Fleisch verborgenen Knochen. Dabei wurden zwei Zähne im rechten Oberkiefer (Zähne 12 und 13) stark gelockert, mit Verdacht auf Querfrakturen. Diese mussten entfernt und durch Implantate ersetzt werden. Der Kläger beantragte hierfür Beihilfe – konkret für das 3. und 4. Implantat im Oberkiefer –, da er den Vorfall als Unfall einstufte und somit eine Ausnahme von der üblichen Begrenzung auf zwei Implantate je Kiefer annehmen wollte.
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Gericht wies die Klage ab. Maßgeblich war § 15 der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV), wonach implantologische Leistungen grundsätzlich nur bei bestimmten medizinischen Indikationen beihilfefähig sind. Ohne eine solche Indikation sind höchstens zwei Implantate pro Kiefer beihilfefähig – einschließlich früherer Implantate, für die Beihilfe gezahlt wurde.
Dazu führt das Gericht aus, dass mit der Regelung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Implantate durch § 15 BBhV habe der Dienstherr in typisierender und generalisierender Weise eine angemessene Begrenzung der besonders kostenintensiven Aufwendungen für diese Art der Zahnbehandlung gefunden, die den Wesenskern der Fürsorgepflicht nicht tangiere. Zu berücksichtigen sei hier auch, dass – anders als bei der gesetzlichen Krankenversicherung, wo im Regelfall lediglich Festbeträge gezahlt werden – bei einem Bundesbeamten immerhin maximal vier Implantate mit dem entsprechenden Beihilfesatz bezuschusst werden könnten und für weitere evtl. notwendige Implantate eine Zusatzversicherung möglich sei. Hinzu komme, dass sich der im vorliegenden Fall durch die Beihilfe nicht erstattete Betrag der Zahnarztrechnung auf eine recht moderate Summe belaufe, deren Tragung dem Kläger möglich gewesen sein dürfte.
Zwar erkannte das Gericht den Vorfall als Unfall an, betonte aber, dass für eine erweiterte Beihilfefähigkeit ein größerer Kiefer- oder Gesichtsdefekt vorliegen müsse. Dieser sei bei lediglich zwei verlorenen Zähnen nicht gegeben. Zur Einordnung verwies das Gericht auf andere Urteile, in denen Kieferdefekte mit Ausmaßen von 4 x 6 cm bzw. 8 x 3 cm als „größer“ eingestuft wurden – Dimensionen, die zwei Zähne nicht erreichen.
Fazit für die Praxis:
Dieses Urteil unterstreicht, wie streng die Gerichte die Voraussetzungen für Beihilfeleistungen bei implantologischen Maßnahmen auslegen. Beihilfeberechtigte müssen auch bei unfallbedingtem Zahnverlust beachten, dass die Beihilfeverordnung enge Grenzen für Implantatleistungen setzt. Ohne das Vorliegen einer medizinisch anerkannten Indikation oder eines erheblichen Kieferdefekts ist die Beihilfe für Implantate begrenzt. Ein Unfall allein reicht nicht aus, um darüber hinausgehende Ansprüche zu begründen.