Zähneputzen gegen Schlaganfall
Schlechte Zahngesundheit steht mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko in Verbindung. Eine chronische Entzündungsreaktion könnte die Ursache sein – oder leben regelmäßige Zähneputzer insgesamt gesünder?
Gepflegte Zähne haben viele Vorteile: Sie sehen schön aus, verhindern Mundgeruch und ermöglichen ein schmerzfreies Kauen vielfältiger Speisen. Doch damit nicht genug – laut neuester Forschung kommt ein weiterer Vorteil hinzu: Eine gute Mundhygiene könnte auch das Schlaganfallrisiko senken. Dies legen zwei aktuelle Studien amerikanischer Forscher nahe.
In der ersten Studie wurde der Einfluss der Mund- und Zahngesundheit auf die zerebrale Mikroangiopathie untersucht, eine Erkrankung der kleinsten Blutgefäße des Gehirns, der Arteriolen, Kapillaren und kleinen Venen. Diese steht vor allem mit bekannten Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes in Verbindung. Liegt eine zerebrale Mikroangiopathie vor, ist das Risiko für Schlaganfälle und kognitiven Abbau deutlich erhöht.
Tief liegende SchädenDie kleinen Blutgefäße sind besonders für die Blutversorgung tief liegender Strukturen des Gehirns wie der weißen Substanz und der Stammganglien wichtig. Bei einer Mikroangiopathie kommt es deshalb in diesen Bereichen zu Schäden und Veränderungen, die sich mittels CT oder MRT darstellen lassen: Wo normalerweise klar voneinander abgrenzbare Hirnstrukturen sichtbar werden, zeigen sich dann unscharfe, helle Areale.Eine zentrale Rolle für die Mund- und Zahngesundheit spielen die sogenannten Parodontalerkrankungen, von denen die Parodontitis die häufigste ist. Bakterielle Beläge führen dabei zu einem Rückgang des Zahnfleisches und einer Lockerung des Zahnhalteapparats, unbehandelt droht im schlimmsten Fall der Zahnverlust. Durch die dauerhaft schwelende Entzündung im Mundraum können jedoch auch an entfernten Organen Schäden entstehen: Bei einer Parodontitis steigt das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle.Langzeitdaten mit deutlichem SignalFür die Studie wurden Daten von 1.143 Teilnehmern einer groß angelegten Kohorte analysiert. Die Zahngesundheit wurde in den Jahren 1996 und 1998 untersucht: 800 Teilnehmer hatten eine Parodontitis, die übrigen 343 eine gute Zahngesundheit. In den Jahren 2011 bis 2013 folgten MRT-Untersuchungen des Gehirns. Und tatsächlich zeigten sich nach 15 Jahren bei Menschen mit Parodontitis im MRT signifikant häufiger Zeichen einer zerebralen Mikroangiopathie.Es wird vermutet, dass der nachgewiesene Zusammenhang durch eine systemische Entzündungsreaktion verursacht wird. Durch die Parodontitis wird das Immunsystem chronisch aktiviert, Entzündungswerte im Blut steigen an. Dies wiederum greift die Gefäße an, führt so zu einer Mikroangiopathie und erhöht schließlich das Risiko für Erkrankungen wie Schlaganfälle und Herzinfarkte.
Parodontitis ist gefährlich, Karies noch gefährlicher
In einer zweiten Studie untersuchte dieselbe Forschergruppe den direkten Einfluss von Parodontitis und Karies auf das Schlaganfallrisiko. Die Daten von knapp 6.000 Teilnehmern wurden analysiert, die nach ihrer Mund- und Zahngesundheit in drei Gruppen eingeteilt wurden: gute Mund- und Zahngesundheit, Parodontitis allein und Parodontitis plus Karies. Innerhalb der Nachbeobachtungszeit von im Schnitt 21 Jahren stieg das Risiko für Schlaganfälle und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit einer schlechteren Zahngesundheit an. Die Schlaganfallhäufigkeit lag bei guter Zahngesundheit bei 4,1 %, bei Parodontitis stieg sie auf 6,9 %, bei Parodontitis und Karies sogar auf 10 %. Dieser Zusammenhang blieb auch unabhängig von bekannten Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck und Rauchen bestehen.
Zahnhygiene als Teil eines gesunden Lebensstils
Eine regelmäßige Zahnpflege war, wenig überraschend, mit einer geringeren Rate an Parodontitis und Karies assoziiert, konnte aber auch das Risiko für Schlaganfälle senken. Da es sich bei beiden Untersuchungen um reine Beobachtungsstudien handelt, könnten jedoch auch andere Faktoren eine Rolle spielen: Menschen, die auf eine gute Zahnhygiene achten, pflegen wahrscheinlich auch in anderen Bereichen einen gesunden Lebensstil, was ebenfalls zu einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt. Dennoch verdichten sich die Hinweise, dass die Zahngesundheit einen Einfluss hat, der weit über den Mundraum hinausgeht. Die tägliche Zahnpflege und regelmäßige Vorsorge beim Zahnarzt könnten nicht nur zu einem schöneren Lächeln führen, sondern auch die Gefäße gesund und das Schlaganfallrisiko niedrig halten.
Quellen:Meyer et al.: Periodontal Disease Independently Associated With White Matter Hyperintensity Volume – A Measure of Cerebral Small Vessel Disease. Neurology, 2025. doi: 10.1212/WN9.0000000000000037 Wood et al.: Combined Influence of Dental Caries and Periodontal Disease on Ischemic Stroke Risk. Neurology, 2025. doi: 10.1212/WN9.0000000000000036 |
