Kasack im Keimschleudergang
Wer seine Dienstkleidung zu Hause reinigt, riskiert mehr als nur Flecken. Schon ein paar Runden in der heimischen Waschmaschine können resistente Erreger züchten. Wann Bequemlichkeit gefährlich werden kann.
Nosokomiale Infektionen zählen zu den häufigsten und gefährlichsten Komplikationen medizinischer Behandlungen. Immer öfter sind dafür multiresistente Keime verantwortlich, meist die ESKAPE-Erreger: Enterococcus faecium, Staphylococcus aureus, Klebsiella pneumoniae, Acinetobacter baumannii, Pseudomonas aeruginosa und Enterobacter spp. Sie entziehen sich nicht nur gängigen Therapieansätzen, sondern sind auch maßgeblich an Ausbrüchen in Krankenhäusern beteiligt.
Unterschätzte Infektionsquelle: Keime auf Berufskleidung
Beim Infektionsschutz stehen meist Hände und Oberflächen bzw. Geräte im Mittelpunkt; Textilien werden häufig übersehen. Dabei können sie ein erhebliches Risiko darstellen: Gefährliche Erreger wie Pseudomonas aeruginosa, Escherichia coli, Enterococcus faecium und Staphylococcus aureus überleben auf Baumwollgewebe bis zu 20 Tage. Selbst auf Polyester bleiben E. faecium und S. aureus noch eine Woche biologisch aktiv.
Dass die mangelhafte Reinigung von Textilien schwere Folgen haben kann, zeigen zwei Fälle: Im Jahr 2012 kam es zu chirurgischen Wundinfektionen, nachdem Ärzte mit Gordonia bronchialis kontaminierte Kittel getragen hatten. Und im Jahr 2019 infizierten sich Neugeborene mit Klebsiella oxytoca. Quelle der Erreger waren in beiden Fällen Haushaltswaschmaschinen. Erst nachdem die Geräte entsorgt wurden, traten keine weiteren Infektionen mehr auf.
Das Problem: In Großbritannien waschen über 80 Prozent der Pflegekräfte ihre Dienstkleidung zu Hause. Auch in deutschen Arztpraxen ist dieses Vorgehen weit verbreitet – die Kleidung wird „mal eben“ mit der privaten Wäsche in die Waschmaschine gesteckt. Doch genau das kann für Patienten ein erhebliches Risiko darstellen, wie Forscher herausgefunden haben.
Unterschätzte Schwachstellen bei Temperatur und Waschprogrammen
Haushaltswaschmaschinen arbeiten meist mit voreingestellten Programmen. Doch wie zuverlässig sind diese Geräte, wenn es um die Entfernung potenziell gefährlicher Keime geht? Angesichts zunehmender Antibiotikaresistenzen untersuchten britische Forscher diese Frage. Sie haben sechs gängige Modelle getestet: Mit Bakterien kontaminierte Textilproben wurden in Schnell- und Normalprogrammen bei üblichen Temperaturen gewaschen – eben so, wie Pflegekräfte ihre Kleidung oft zu Hause reinigen.
Das Ergebnis war ernüchternd: In der Hälfte der Fälle wurde die eingestellte Temperatur von 60 °C, die für eine wirksame Keimabtötung erforderlich ist, trotz entsprechender Temperaturprogramme nicht erreicht. Vor allem Kurz- und Ökoprogramme schnitten schlecht ab. In einem Drittel der getesteten Maschinen blieb die Dekontamination unzureichend – nur drei der sechs Geräte konnten überhaupt die geforderte Keimreduktion von mindestens 5 log₁₀ CFU (Colony Forming Units), also um fünf Zehnerpotenzen, zu erreichen.
Resistente Keime und Biofilme in Waschmaschinen
Zusätzliche Metagenom-Analysen deckten auf: In älteren getesteten Maschinen befanden sich pathogene Bakterien wie Mycobacterium, Pseudomonas und Acinetobacter. Zum Teil stießen Wissenschaftler auf Gene, die mit Antibiotika-Resistenzen in Verbindung stehen. Diese kodieren beispielsweise Effluxpumpen, also Transportproteine in der Zellmembran von Bakterien. Sie haben die Aufgabe, toxische Substanzen, darunter auch Antibiotika, aktiv aus der Zelle hinauszupumpen. So wird verhindert, dass das Antibiotikum im Zellinneren seine Wirkung entfalten kann.
In Laborexperimenten verwandelte sich ein ursprünglich empfindlicher Staphylococcus-aureus-Stamm durch wiederholten Kontakt mit handelsüblichen Waschmitteln ohne direkten Antibiotikaeinsatz in eine MRSA-Variante. Das legt nahe, dass Waschmittel selbst ein Selektionsdruck sein können, der die Entstehung gefährlicher Resistenzen begünstigt.
Ein weiteres Risiko stellt die Bildung von Biofilmen in Waschmaschinen dar. In diesen feuchten Nischen können sich Keime dauerhaft festsetzen und vermehren. Dort fanden Wissenschaftler resistente Bakterien wie Alpha- und Gammaproteobakterien sowie weitere Resistenzgene. Biofilme sind nicht nur schwer zu entfernen, sondern fördern auch die Weitergabe von Resistenzmechanismen unter Mikroorganismen.
Wäsche braucht professionelle Standards
Um diese Risiken zu vermeiden, sollte Dienstkleidung idealerweise nur in zertifizierten klinikinternen oder industriellen Wäschereien gereinigt werden. Dort werden Temperatur, Waschmittel und Waschprozesse kontrolliert und regelmäßig validiert. Die Reinigung zu Hause ist selbst bei Vorgaben zu Waschmitteln und zu Geräten keine gute Wahl.
Für Eilige: Das Wichtigste auf einen Blick
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QuelleCaroline Cayrou et al.: Domestic laundering of healthcare textiles: Disinfection efficacy and risks of antibiotic resistance transmission. PLOS One, 2025. doi: 10.1371/journal.pone.0321467 |