AG Siegburg: Für die Entfernung einer alten Wurzelfüllung kann die GOZ-Nr. 2170 analog verlangt werden
Urteil vom 28.10.2016
Das Amtsgericht (AG) Siegburg kam mit Urteil vom 28.10.2016 (Az.: 102 C 118/15) zu dem Ergebnis, dass die Entfernung einer bereits vorhandenen Wurzelfüllung (Revisionsbehandlung) nach der GOZ-Nr. 2170 analog abgerechnet werden konnte.
Sachlage:
Bei einer Patientin, die die Rechnung nicht vollständig bezahlen wollte, wurde eine umfangreiche Revisionswurzelkanalbehandlung am Zahn 37 durchgeführt. Dabei enthielt die Abrechnung u.a. folgende Kostenposition:
GOZ-Nr. 2170 – Beseitigung von pysiologischen/iatrogen verursachten Penetrationshindernissen, entsprechend Par. 6 Abs. 1 GOZ der Geb.-Nr. 2170: Einlagefüllung, mehr als zweiflächig
Die Patientin vertrat die Ansicht, sie habe vom Behandler darüber aufgeklärt werden müssen, dass bei der Positionen Nr. 2170 analog GOZ die Erstattungsfähigkeit nicht gesichert sei. Mit einem hierauf gestützten Schadensersatzanspruch erklärt sie hilfsweise die Aufrechnung.
Aus der Urteilsbegründung:
Der Sachverständige hat festgestellt, dass Entfernung der alten Wurzelfüllung im Rahmen der Revisionsbehandlung medizinisch notwendig und von der GOZ-Nr. 2410 nicht erfasst sei.
Zum einen finde sich weder in dem Leistungstext noch in den Abrechnungsbestimmungen ein entsprechender Hinweis. Zudem würden die Positionen Nr. 2360 und 2300 GOZ zeigen, dass die Entfernung von Materialien und Geweben vor der eigentlichen Aufbereitung, die sich im Wurzelkanal befinden, eine eigenständige Leistung darstellten.
Zudem sei unter Berücksichtigung der Kosten für die verbrauchten Instrumente, des Zeitaufwandes und der Tatsache, dass die Leistung unter einem Dentalmikroskop erbracht wurde, die notwendige Vergleichbarkeit mit den Leistungen der Position 2170 GOZ gegeben.
Das Gericht schließt sich den plausiblen und schlüssig dargestellten medizinischen Feststellungen des Sachverständigen an und kommt auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Leistung um eine selbstständige Leistung handelt, die nach der GOZ-Nr. 2170 analog abgerechnet werden konnte. Die von der Beklagten gegen die Forderung geltend gemachten Einwendungen greifen nicht durch.
Kein Schadensersatzanspruch aufgrund unterlassener Aufklärung
Schließlich steht der Beklagten kein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Aufklärungspflicht zu, denn es fehlt an einem kausalen Schaden. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass sie bei einer Aufklärung – d.h. bei einem rechtmäßigen Alternativverhalten – von einer Entfernung der Wurzelfüllung abgesehen hätte. Dies ist auch nicht naheliegend, da die Maßnahme nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen für einen Behandlungserfolg zwingend notwendig war.
Von Angelika Enderle, erstellt am 06.02.2017, zuletzt aktualisiert am 06.02.2017
Juradent-ID: 3688
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