Rechtstipp Oktober 2012 Bei nicht sorgfältig ausgefülltem HKP droht Honorarverlust
Bei nicht sorgfältig ausgefülltem HKP droht Honorarverlust
Mit Urteil vom 22.02.2012 hat das OLG Koblenz klargestellt (Az. 5 U 707/10):
1. Einen Heil- und Kostenplan hat der Zahnarzt inhaltlich so zu gestalten, dass alle von der gesetzlichen Krankenkasse zu vergütenden Leistungen erfasst sind.
Hätte der Patient in diesem Fall deutlich geringere Eigenzahlungen geschuldet, steht ihm insoweit ein Leistungsverweigerungsrecht zu.
2. Zahlt der Patient auf insgesamt drei Rechnungen in der Größenordnung von 16.000 EUR ohne Zahlungsbestimmung pauschal 10.000 EUR, kann der Zahnarzt den Streitstoff seiner Honorarklage nicht dadurch auf die einer bestimmten Rechnung zugrunde liegenden Leistungen beschränken, dass er die geleistete Zahlung den beiden anderen Rechnungen zuordnet.
3. Leistungserschwernisse und einen daran anknüpfenden höheren Bemessungssatz muss der Zahnarzt in erster Instanz substantiiert darlegen. Wird das erst im Berufungsverfahren nachgeholt, ist es prozessual unbeachtlich.
Folgender Fall lag der Entscheidung zugrunde:
Die betroffene Zahnärztin hatte den Beklagten mit einer Oberkiefer- und einer Unterkiefer-Teleskopprothese versorgt. Vorbereitend war ein Heil- und Kostenplan erstellt worden, den die gesetzliche Krankenversicherung genehmigte. Ergänzend waren Vereinbarungen über Mehrleistungen außerhalb des Plans geschlossen worden. Diese Leistungen waren ebenso wie der Eigenanteil des Beklagten Gegenstand dreier Rechnungen. Der Patient zahlte ohne besondere Tilgungsbestimmung 10.000 EUR, so dass noch ein Saldo von 5.932,71 EUR offen stand.
Der Patient verteidigte sich vor Gericht mit der Behauptung, die Rechnungsstellung sei nicht prüfbar und überhöht. Außerdem rügte hat er Mängel in der Prothetik, deren Beseitigung mehr koste, als die Klägerin an Zahlungen noch fordere. Nachbesserungsversuche seien gescheitert und schließlich sei eine Abhilfe überhaupt verweigert worden.
Das Landgericht hatte sachverständig beraten die Klage abgewiesen. Seiner Auffassung nach bestünden die Ansprüche nicht in der behaupteten Höhe, weil zahlreiche die Oberkieferprothese betreffende Rechnungspositionen überhöht oder überhaupt unberechtigt seien. Soweit noch eine Restforderung bestehe, könne sich der Beklagte mit einem Zurückbehaltungsrecht wegen anfallender Mängelbeseitigungskosten verteidigen; auf eine Nachbesserung brauche er sich nicht einzulassen.
Diese Entscheidung greift die Klägerin in Erneuerung ihres Begehrens mit der Berufung an. Sie wirft dem Landgericht vor, das gesamte Vertragsverhältnis der Parteien in seine Beurteilung einbezogen zu haben, statt sich auf die nicht ausgeglichene Rechnung zu beschränken. Der Beklagte werde lediglich insoweit zu Zahlungen herangezogen, als seine Kasse nicht einstandspflichtig sei. Mängelgewährleistungsansprüche schieden schon deshalb aus, weil Dienst- und nicht Werkleistungen betroffen seien.
Die Klage vor dem OLG Koblenz gegen diese Entscheidung blieb indes ohne Erfolg.
a) Das OLG gab zunächst zu bedenken, dass die Zahnärztin auf dienstvertraglicher Basis tätig wurde. Sie war – anders als ein Zahntechniker nicht mit der bloßen Anfertigung eines Zahnersatzes nach einem vorgegebenen Abdruck beauftragt, sondern mit der Herstellung eines Gebisses betraut, das sie nach der individuellen Situation des Beklagten konzipieren und in Würdigung eben dieser Situation einpassen musste. Insofern schuldete sie eine Leistung, die nur bedingt objektivierbar war und deshalb dienstvertraglich einzuordnen sei.
Stelle man daher die vom Beklagten gerügten Fehler, die sich im Wesentlichen in einer schlechten Eingliederung der beiden Prothesen äußern, in einen dienstvertraglichen Rahmen, sei das grundsätzlich nicht geeignet, Gewährleistungsrechte zu begründen. Erachte man allerdings die attestierten Schwachpunkte für mehr als nur geringfügig, ist der Beklagte insofern nicht entgeltpflichtig, als die Leistungen sich im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Nachbesserung als nutzlos erwiesen haben.
b) Die Klage scheiterte unabhängig von irgendwelchen Fehlern in der zahnärztlichen Leistung auch am Erfüllungseinwand, denn für die zahnärztlichen Leistungen, die Gegenstand der drei Rechnungen sind, hätte nur ein Gesamtentgelt angesetzt werden dürfen. Da der Beklagte keine Tilgungsbestimmung vorgenommen habe, sei seine Zahlung allein auf die effektiv vorhandenen Ansprüche zu beziehen.
c) Wie der Sachverständige aufgezeigt hat, hätte die Krankenkasse zu deutlich umfangreicheren Zahlungen herangezogen werden können und müssen. Mithin sind dem Beklagten Kosten auferlegt worden, für die nicht er, sondern seine Krankenkasse einstandspflichtig ist. Das kann er der Klägerin im Sinne eines Leistungsverweigerungs- rechts (Arglisteinwand) entgegensetzen.
Außerdem enthalten die Rechnungen nach den Feststellungen des Sachverständigen teilweise überflüssige oder nicht ohne weiteres vergütungsfähige Positionen. Darüber hinaus sind seinen Erkenntnissen nach manche Leistungen mit überhöhten Sätzen abgerechnet worden.
Soweit die Zahnärztin unter Nennung bestimmter Leistungserschwernisse dem entgegentritt, kann sie nicht mehr gehört werden, weil es sich um neues Vorbringen handelt. Unabhängig davon genüge der nachgeschobene Vortrag nicht den Anforderungen von § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ.
Als Ergebnis hält das OLG Koblenz fest:
Kürzt man die Summe der drei Rechnungen um die vom Sachverständigen ermittelten Beträge, gelangt man zu einem Gesamtentgelt von beträchtlich weniger als 10.000 EUR; dies schließe eine noch offene Forderung der Klägerin aus.
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