Bilanz der Ampel-Koalition im Gesundheitswesen: Enttäuschte Erwartungen und dringender Reformbedarf

Nach dem Bruch der Ampel-Koalition sieht die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wenig Hoffnung auf entscheidende Gesundheitsreformen in dieser Legislaturperiode. Zentral geplante Gesetze bleiben ungewiss, während drängende Probleme im Gesundheitssystem weiter ungelöst sind.

Bundesministerium für Gesundheit
Nach dem politischen Zerwürfnis in der Ampel-Koalition ziehen die Verantwortlichen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) eine ernüchternde Bilanz der vergangenen drei Jahre. Trotz zahlreicher Herausforderungen im Gesundheitswesen und einem allseits anerkannten Reformbedarf wurden bisherige Gesetzesinitiativen nur unzureichend umgesetzt. Wichtige Themen wie die Reform der Notfallversorgung, das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz und das Digitalagenturgesetz stehen auf der Kippe, da aktuell keine politischen Mehrheiten für deren Verabschiedung in Sicht sind.

Fehlende Entbudgetierung und wirtschaftliche Entlastung für Hausärzte
Die Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen gilt seit langem als zentraler Ansatz, um Praxen zu entlasten und eine effektivere Versorgung sicherzustellen. Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorsitzender der KBV, betont, dass die Umsetzung dieser Maßnahme lediglich „wenige hundert Millionen Euro“ kosten würde. Doch auch diese vergleichsweise geringe Investition wurde in der bisherigen Legislaturperiode nicht priorisiert. Ebenso wurde eine Entlastung bei den Wirtschaftlichkeitsprüfungen durch eine Bagatellgrenze von 300 Euro nicht umgesetzt, obwohl diese Regelung sowohl Praxen als auch Krankenkassen erheblich administrativen Aufwand ersparen könnte, so KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner.

Krankenhausreform mit weitreichenden Folgen für die Versicherten
Im Kontext der Krankenhausreform weist Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV, auf die finanzielle Belastung für Versicherte hin. Das IGES Institut prognostiziert einen Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge auf bis zu 50 Prozent in den kommenden Jahren. Dieser Anstieg könnte zu Leistungseinschränkungen für die Versicherten führen. Die hohe finanzielle Belastung und die gleichzeitig ungelösten strukturellen Probleme im Krankenhaussektor stellen das geplante Reformvorhaben infrage und verdeutlichen den umfassenden Handlungsbedarf.

Wichtige gesundheitspolitische Fragen bleiben unbeantwortet
Rückblickend resümierte Gassen die Gesetzesbilanz der Koalition als „dürftig“: Wichtige Reformen wie die Verbesserung der hausärztlichen Versorgung und die Digitalisierung wurden nur unzureichend adressiert. Einzig das Cannabisgesetz, das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz und kleinere Digitalisierungsansätze wurden umgesetzt, doch blieben die großen Strukturprobleme im Gesundheitswesen ungelöst.

Autor:
Nina Haußer
Stand:
08.11.2024