Rechtstipp Juni 2009 – Full Mouth Disinfection (FMD)

Full Mouth Disinfection (FMD)

Die “Full Mouth Disinfection” (FMD), eine Parodontal-Therapie als alleinige Behandlung und Vorbehandlung/Ergänzung chirurgischer Maßnahmen weltweit anerkannt. Medizinisch notwendig und analog zu berechnen, da als Komplex und in einigen Einzelschritten neu – allerdings beides oft bestritten.

Die “Full Mouth Disinfection” (FMD), eine Parodontal-Therapie als alleinige Behandlung und Vorbehandlung/Ergänzung chirurgischer Maßnahmen weltweit anerkannt. Medizinisch notwendig und analog zu berechnen, da als Komplex und in einigen Einzelschritten neu – allerdings beides oft bestritten.

Der Wunsch, im Rahmen einer durch Keime bedingten Parodontopathie deren möglichst weit gehende Eliminierung zu erreichen, führte zur Entwicklung der Full Mouth Disinfection (FMD). Hier wird durch eine genau ausgeklügelte Kombination von lokaler und systemischer Medikamentengabe, mechanischen Reinigungsmaßnahmen aller Mundbereiche mit speziellen Curetten, Anwendung von Schall- und Ultraschallsystem sowie ggf. auch Laser-Anwendungen alle auch nicht mechanisch erreichbaren Bereiche im Bereich der Zähne sowie Tonsillen und Zunge weitestgehend von pathologischen Erregern befreit; so kann ein Wiederaufflammen einer Parodontopathie verhindert werden. Voraussetzung ist die intensive häusliche Mitarbeit des Patienten; dieser muss im Rahmen der FMD motiviert und genauestens informiert werden. Die Wirksamkeit des Verfahrens wurde in zahlreichen wissenschaftlichen Studien nachgewiesen. So konnte von M. Quirynen u.a. (J Clin Periodontol. 2006) nachgewiesen werden, dass die Taschentiefe – abhängig vom Ausgangsbefund – innerhalb von wenigen Monaten um 3-5 mm zurückging. Ähnliche Untersuchungen wurden u.a. von den Professoren Renggli (Nijmegen) und Saxer (Zürich) publiziert. Zahlreiche wissenschaftliche Gesellschaften propagieren die FMD. Auch die Fachkommission der Zahnärztekammer Nordrhein, bestehend aus Hochschullehrern und wissenschaftlich arbeitenden Zahnärzten, befürwortet das Verfahren ausdrücklich Diese Behandlung war vor 1988 nicht bekannt und wurde erst später unter wissenschaftlicher Begleitung zur Praxisreife entwickelt. Sie kann somit entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses der GOZ berechnet werden. Zurückliegende Erfahrungen zeigen, dass die Erstattungsstellen die medizinische Notwendigkeit entweder lapidar verneinen und/oder trotz positiver Rechtsprechung eine Analogberechnung nach §6.2 GOZ nicht akzeptieren. Zwar sind die bei der FMD benutzten Spüllösungen und deren Anwendung bereits vor 1988 bekannt gewesen; die komplexe Kombination mechanischer, physikalischer und medikamentöser Anwendungen wurde jedoch erst nach 1988 unter wissenschaftlicher Begleitung zur Praxisreife entwickelt. Daher ist die „Full Mouth Disinfection“ eine neue Leistung, die vor Einführung der GOZ nicht bekannt war und folglich analog gemäß § 6 Abs. 2 der GOZ zu berechnen ist. So wurde auch die Analogberechnung der PZR als „neue komplexe Leistung“ von zahlreichen Gerichten bestätigt; siehe Juradent-Thema Nr. 183. Der GOZ-Ausschuss der Bayerischen Landeszahnärztekammer – stellvertretend für weitere Zahnärztekammern – sowie die anerkannten Kommentare schließen sich dieser Ansicht an. Wenn auch einzelne Leistungen aus dem „Gesamtpaket FMD“ separat berechenbar sind, ist muss die pauschale analoge Berechnung aufgrund der wissenschaftlichen Untersuchungen, Rechtslage und Stellungnahmen von Kostenerstattern akzeptiert werden. Erst recht ist eine Ablehnung „medizinisch nicht erforderlich“ schärfstens zurückzuweisen. Der nachfolgende Textbaustein muss je nach Art der Nicht-Anerkennung individualisiert werden.

Textbaustein 

Nicht-Anerkennung der„Full Mouth Disinfection“ FMD

***** Nichtzutreffendes streichen bzw. beide Bereiche verwenden

Im Rahmen der parodontalen Behandlung wurde eine sogenannte „Full Mouth Disinfection“ durchgeführt. Hier werden durch Kombination mechanischer und physikalischer Maßnahmen, durch gezielten Einsatz von Medikamenten, durch Anwendung von Schall- und Ultraschallsystem und intensiver Einbeziehung der häuslichen Mitarbeit des Patienten auch entlegene Mundbereiche von pathogenen Keimen weitgehend befreit, um ein Wiederaufflammen einer Zahnfleischerkrankung möglichst zu verhindern. Die Komplexität der Behandlungsinhalte wurde erst nach Einführung der zahnärztlichen Gebührenordnung GOZ entwickelt und kann daher nach §6.2 GOZ „analog“ berechnet werden. Vorliegend wurde vom Kostenerstatter

***** die medizinische Notwendigkeit bestritten

***** die analoge Berechnungsmöglichkeit bestritten

****** Dieser pauschalen wie unsinnigen Behauptungen muss nachdrücklich widersprochen werden.

Das Verfahren ist weltweit in zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen als sehr effektiv bezeichnet worden, in allen Veröffentlichungen wurde von einer erheblichen Reduktion der Taschentiefe um mehrere Millimeter sowie des Entzündungsgrades berichtet. Das Verfahren eignet sich damit sowohl als alleinige Behandlung bei rein entzündlichen Vorgängen wie auch als Vorbehandlung im Rahmen chirurgischer Maßnahmen. Der Kostenerstatter wird hiermit aufgefordert, einen Beweis und den Autor für diese fachlich unhaltbare Behauptung zu nennen; die bloße Behauptung ist nicht akzeptabel. ***** Neu entwickelte Leistungen, welche erst nach Einführung der GOZ 1988 unter wissenschaftlicher Begleitung Praxisreife erreicht haben, können gemäß §6.2 „analog“ berechnet werden. Die „Full Mouth Disinfection“ ist eine solche „neue Leistung“, die vor Einführung der GOZ nicht bekannt war. Stellvertretend für die zahnärztlichen Körperschaften stellt die bayerische Landeszahnärztekammer ausdrücklich die analoge Berechnungsmöglichkeit fest; die anerkannten zahnärztlichen Kommentare schließen sich dieser Ansicht an. Die vorliegende Berechnung der „Full-Mouth-Disinfection“ ist daher in fachlicher wie auch gebührenrechtlicher Hinsicht völlig korrekt.

 

 

Rechtstipp Mai 2009 – Berechnung endodontischer Einmal-Instrumente

Berechnung endodontischer Einmal-Instrumente weiterhin möglich – oder nicht ?

Neue positive Urteile ergangen.

Endodontische Instrumente, nur einmal verwendet, sind sehr teuer. Kann man sie trotz oder gerade wegen des BGH-Urteils bezüglich der Implantatfräsen berechnen ? Dazu neue Urteile.

Das Urteil des BGH zur Berechnung der Implantatfräsen ist auf dem Tisch – bei Juradent bereits veröffentlicht. Das Gericht argumentierte, dass das Material für eine Behandlung fast so teuer wie die Behandlung selbst ist – von daher gesehen wurde eine Regelungslücke in der GOZ erkannt. Die Frage ist nur: Gilt das Urteil ausschließlich für Implantatfräsen oder für sämtliche Materialien, welche das Kriterium „teurer als 75% des 2,3 fachen Steigerungssatzes“ erfüllen ? Die Juristen und die Zahnärztekammern sagen „gilt für sämtliche Materialien“, die Versicherungen sagten bisher „Nein“. Dazu gibt allerdings neu bestätigende Urteile. Die Berechnung des BGH hängt nicht an dem speziell verwendeten Instrument. Ausschlaggebend ist nicht das Instrument im Einzelfall, sondern die vom BGH durchgeführte Berechnung, welche selbstverständlich allgemein gültig und auf vergleichbare Fälle übertragbar ist. Daher sollten nur einmal verwendete endodontische Instrumente zuzüglich des außerdem verbrauchten Materials (Papierspitzen, Guttapercha, Sealer, Cofferdam, Handfeilen etc.) berechnet werden, wenn die 75%-Grenze überschritten wird. Dies wurde vom Landgericht Hagen in einem Vergleich ausdrücklich bestätigt (30.10 2007, 9 O 102/06). Der Sachverständige hatte die Feilen als Einmalinstrumente qualifiziert, das Gericht schloss sich der Argumentation des BGH an. Weitere bestätigendes Entscheidungen: Amtsgericht Hamburg-Wandsbek (30.11. 2007,714 C 331/05) AG Hagen (15.2. 2006,140 C 457/04) und AG Bielefeld (22.6 2006, 5 C 898/04). Ungeachtet dessen ist die Vorab-Information an den Patienten über eine eventuelle Nicht-Erstattung durch die PKV und Beihilfe empfehlenswert. Der aufgeklärte GKV-Patient wird eher selten protestieren, da er ohnehin nichts erstattet bekommt; der PKV-Patient erwartet eine Erstattung, erst recht der Beihilfe-Patient. Sinnvoll ist vor allem die Honorarvereinbarung nach Paragraph 2 Abs. 2 GOZ, bei der das Material in das frei zu ermittelnde Honorar eingerechnet wird. Man kann den Patienten natürlich auch fragen: „Möchten Sie neue oder gebrauchte Feilen? Die gebrauchten sind umsonst, brechen aber schneller. Die neuen Feilen sind besser, müssen allerdings bezahlt werden“. Der nachfolgende Textbaustein kann als Grundlage für ein Schreiben an den Patienten oder auch an die Versicherungen verwendet werden.

Textbaustein Letzten Absatz ggf. weglassen

Berechnung endodontischer Instrumente

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes (27. 5. 2004, III ZR 264/03) können nur noch Materialien berechnet werden, welche entweder in der Gebührenordnung ausdrücklich aufgeführt sind oder welche teurer sind als 75% bis 2,3 fachen Steigerungssatzes der GOZ. Beispielhaft hierfür wurden Einmalfräsen für die Implantologie im Urteil genannt. Im vorliegenden Behandlungsfall wurden sehr teure rotierende Nickel-Titan-Feilen als Einmalinstrumente verwendet, dazu kamen Kosten für diverse Materialien (Papierspitzen, Guttapercha, Sealer, Cofferdam, Handfeilen etc). Die zugehörigen Materialkosten sind in der Liquidation ausgewiesen. Die Kosten hierfür liegen oberhalb des vom Bundesgerichtshof genannten Satzes und sind deshalb berechungsfähig. Diese Regelung gilt auch für den Fall, dass eine Honorarvereinbarung abgeschlossen wurde. Die Ansicht von Kostenerstattern, dass nach dem BGH-Urteil nur teure Implantatfräsen zu erstatten seinen, wurde inzwischen von mehreren Gerichten zurückgewiesen. So wurde vom Landgericht Hagen in einem Vergleich die Kostenübernahme ausdrücklich bestätigt (30.10 2007, 9 O 102/06). Der Sachverständige hatte die Feilen als Einmalinstrumente qualifiziert, das Gericht schloss sich der Argumentation des BGH an. Weitere bejahende Entscheidungen: Amtsgericht Hamburg-Wandsbek (30.11. 2007, 714 C 331/05) AG Hagen (15.2. 2006,140 C 457/04) und AG Bielefeld (22.6 2006, 5 C 898/04). Damit sind vorliegend diese Materialien korrekt berechnet worden.

****** Nachfolgendes bei Bedarf weglassen

Hinzuweisen ist überdies darauf, dass nur neue Feilen eine ausreichende Sicherheit vor einer Fraktur bieten. Und dass nach internationalen Studien auch sehr umfangreiche Reinigung- und Sterilisationsmaßnahmen bei endodontischen Feilen nicht mit letzter Sicherheit eine völlige Freiheit von Keimen und Gewebsresten bieten. Auch dies ist ein Grund, warum wir nur neue Instrumente verwenden.

 

 

Rechtstipp April 2009: Patienteninformation zu Dentinadhäsiven Restaurationen (DAR)

Patienteninformation zu Dentinadhäsiven Restaurationen (DAR):

Faktorgestaltung bei der Analogberechnung und Erstattung durch Beihilfestellen Dentinadhäsive Restaurationen sind zahnerhaltende Maßnahmen mit Kunststoffen (Composite), die in einem speziellen Verfahren an der Zahnhartsubstanz befestigt werden. Es handelt sich nicht um „Füllungen“ nach den GOZ-Nrn. 205, 207, 209, 211 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ).

Eine eigene Gebührenposition für dentinadhäsive Rekonstruktionen (DAR) existiert nicht. Es handelt sich vielmehr um „selbständige zahnärztliche Leistungen, die erst nach Inkrafttreten dieser Gebührenordnung auf Grund wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt“ wurden. Sie werden deshalb nach § 6 Abs. 2 GOZ entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses für zahnärztliche Leistungen berechnet. Häufig werden die GOZ-Positionen 214 bis 217 als Analogpositionen verwendet. Die Analogberechnung dentinadhäsiver Rekonstruktionen als solche wird inzwischen unisono bei Beihilfestellen und Versicherungen akzeptiert und ist von vielen Gerichten bestätigt worden, z. B.: – OLG München, 07.12.2004 (AZ 25 U 5029/02) – VG Darmstadt, 27.10.2006 (AZ 5 E 787/05) – VG Hannover 19.12.2006 (AZ13 A 6420/06) – AG Dillingen/Donau 04.05.2006 (AZ 2 C 0497/05) Die bayerischen Beihilfestellen erstatten allerdings lediglich den 1,5-fachen Steigerungssatz der GOZAnalog- Positionen 215-217 mit dem Hinweis, dass dies nach behördlicher Ansicht für den Behandlungsaufwand ausreichend sei. Diese Vorgehensweise lehnt das OVG NRW (08.03.2006, AZ 6 A 2970/04) rundweg ab: „Die Umstände des Einzelfalles nach § 5.2 GOZ lassen sich nicht durch ministeriellen Runderlass außer Kraft setzen.“ Der Zahnarzt kann also gemäß § 5.2 GOZ sein Honorar nach billigem Ermessen ermitteln, ungeachtet einer beihilferechtlichen Einschränkung. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seinem jüngsten Urteil am 27.06.2007 (4 S 2090/05) die im Urteil die Erstattungsbegrenzung auf 1,5-fach gekippt und verpflichtete die Beihilfestelle zur Erstattung des Steigerungsfaktors 2,3. Auch bayerische Verwaltungsgerichte urteilen aktuell in diesem Sinne: – VG Würzburg, 04.03.2008 (Az: W 1K 07.1363) – VG Ansbach, 13.02.2008 (Az: AN 15 K 07.00972) Zusätzlich sei darauf hingewiesen, dass bei der Heranziehung der GOZ-Ziffern 215-217 als Analogposition von einer mittleren Schwierigkeit beim Faktor 2,3 ausgegangen wird. Sofern kein anderer Faktor als 2,3 gewählt wird ist nicht erkennbar, dass es sich um eine schwierigere oder einfachere oder zeitlich kürzere oder längere Behandlung handelte. Wir hoffen, dieses Schreiben hilft Ihnen bei der Erlangung Ihrer Erstattungsansprüche. Sofern Ihre Beihilfestelle die oben dargestellte Rechtsauffassung nicht teilt, können Sie Ihr Recht leider nur auf dem Klageweg durchsetzen. Dies bedauern wir sehr, aber leider können wir unsere Rechnungsstellung nicht von der Auffassung einzelner Kostenerstatter beeinflussen lassen.

Dies ist eine Information der „Freien Zahnärzteschaft e.V.“ V.i.S.d.P.: ZA Peter Eichinger, Passau www.freie-zahnaerzteschaft.de

 

 

Rechtstipp März 2009 Analoge Berechenbarkeit von präprothetischen Aufbauten

Analoge Berechenbarkeit von präprothetischen Aufbauten

Amtsgericht Frankfurt, Urteil vom 11.07.2007, Az. 29 C 2147/03-21

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klägerin behauptet, sämtliche abgerechneten Positionen seien einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung zuzurechnen. Insbesondere sei die von dem Zahnarzt (unstreitig) durchgeführte und unter Ziffer a214 GOZ abgerechnete Tätigkeit, das Präparieren einer Kavität und Füllen mit Metallfolie im Wege einer dentinadhäsiven Aufbauschichtung mit keramischer Masse, nicht mit den von GOZ 218 erfassten Tätigkeiten vergleichbar, sondern, da die Technik erst nach 1988 entwickelt wurde, nach § 6 Abs. 2 GOZ allein über eine analoge Anwendung der Ziffer 214 abzurechnen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die analog angesetzte Ziffer 214 nur für eine abschließende Versorgung in Ansatz gebracht werden könne. Da die Füllung lediglich als Langzeitprovisorium, also als Vorbereitung für eine Krone, gedient hatte, sei lediglich Ziffer 218 GOZ anzusetzen.

Die Beklagte war nach § 1 MB/KK 1994 zur Erstattung der für die Versorgung mit Füllungen im Wege einer dentinadhäsiven Aufbauschichtung mit keramischer Masse nach Ziffer a214 berechneten Zahnarztkosten verpflichtet. Nach der aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme gewonnenen Überzeugung des Gerichts waren die diesbezüglichen Behandlungsmaßnahmen medizinisch notwendig.

Dabei geht das Gericht von dem inzwischen allgemein anerkannten Begriff der medizinischen Notwendigkeit aus, nach dem eine Behandlungsmaßnahme notwendig ist, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Zeit der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen (vgl. BGH 1979, 1250; OLG Köln, NVersZ 1999, 127 ff.; Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 3. Aufl. 2002, MBKK 1994 § 1 Rn. 42 m.w.N.).

Der Sachverständige hat in seinem zweiten Ergänzungsgutachten vom 12.04.2007 (Bl. 377 ff. d.A.) nachvollziehbar aufgeführt, dass es im vorliegenden Falle für den Erfolg der therapeutischen Maßnahme, nämlich die Einstellung einer neuen Bisslage durch (langzeit-) provisorische Versorgung und die anschließende Beobachtung der Veränderung, entscheidend auf die Bissstabilität der Füllungen über den Beobachtungszeitraum hinweg ankommt, und dass herkömmliche Aufbaufüllungen aus Zahnzement schnellem Verschleiß unterliegen, wohingegen die dentinadhäsiven Aufbaufüllungen nicht nur von der Abriebfestigkeit des Materials her sondern auch aufgrund ihrer festeren Verbundenheit mit dem Zahn eine wesentlich höhere Dimensionsstabilität aufweisen.

Diese Ausführungen lassen die Schlussfolgerung des Sachverständigen überzeugend erscheinen, dass das Behandlungsziel mit dem Einsatz herkömmlicher Aufbaufüllungen gefährdet gewesen wäre, so dass der Einsatz dentinadhäsiver Aufbaufüllungen, obwohl es sich um keine endgültige Versorgung handelt, als medizinisch notwendige Behandlung zu bewerten ist.

Diese Behandlung war gemäß § 6 Abs. 2 durch eine analoge Bewertung nach Ziffer 214 GOZ abzurechnen, und nicht, wie die Beklagte meint, lediglich nach Ziffer 218 GOZ. In seinem ersten Gutachten zur gebührenrechtlichen Bewertung führt der Sachverständige aus, dass die zahntechnischen Arbeiten für eine dentinadhäsive Aufbaufüllung durch chemische Vorbereitung der Zahnsubstanz sowie schrittweises Einbringen des Füllmaterials gegenüber herkömmlichen Aufbaufüllungen, die in einem Zug eingebracht werden, wesentlich aufwendiger und darüber hinaus die verwendeten Materialien bei der dentinadhäsiven Aufbauschichtung wesentlich teurer sind als bei den von Ziffer 218 GOZ erfassten herkömmlichen Aufbaufüllungen.

Es ist daher nachvollziehbar, dass der Sachverständige zu dem Ergebnis kommt, dass Arbeits- und Materialaufwand einer dentinadhäsiven Aufbaufüllung der nach Ziffer 214 GOZ zu berechnenden Maßnahme eher entspricht als einer solchen nach Ziffer 218 GOZ. Da die Praxisreife des Verfahrens der dentinadhäsiven Aufbaufüllung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der GOZ – insoweit zwischen den Parteien unstreitig – nicht gegeben war, ist die gebührenrechtliche Wertung des Sachverständigen, dass diese mit der Leistung in Ziffer 218 GOZ nicht vergleichbare Behandlung gemäß § 6 Abs. 2 GOZ durch analoge Heranziehung einer gleichwertigen Gebührenziffer, hier der Ziffer 214, abzurechnen ist, ebenfalls in sich schlüssig und nachvollziehbar

 

 

Rechtstipp Februar 2009 Eine Einzelzahnlücke – auch wenn eigentlich zwei Zähne fehlen

Eine Einzelzahnlücke – auch wenn eigentlich zwei Zähne fehlen
OVG NRW – Implantat-Zuschuss auch bei aufgewanderten Zähnen

Der pflichtbewusste Beihilfe-Sachbearbeiter zählt sorgsam den Zahnstatus durch und entscheidet: „Es fehlen zwei Zähnen, daher kein Implantat“ – obwohl durch Zahnwanderung nur noch eine Einzelzahnlücke besteht. Hierzu eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen.

Allgemeine Information

Die restriktive Front der Implantat-Bezuschussung bei Beihilfestellen bröckelt zusehends.

Eine interessante Entscheidung fällte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (1 A 1171/07, 14.05.2008).

Die Beihilfefähigkeit eines Einzelzahnimplantates 11 war abgelehnt worden, da der Zahn 12 bereits lange fehlte. Die Nachbarzähne waren jedoch soweit aufgewandert, dass anatomisch nun noch eine Einzelzahnlücke mit der Notwendigkeit eines einzelnen Implantates bestand.

Nach fruchtloser Diskussion mit der Beihilfestelle kam es zur Klage, der Patient obsiegte vor dem Verwaltungsgericht Köln wie auch vor dem Oberverwaltungsgericht. Die starre Auslegung der Richtlinie, so das Gericht, sei realitätsfernen, die Lücke, die der Zahn 12 hinterlassen habe, existiere nicht mehr, daher sei de facto eine Einzelzahnlücke vorhanden, auf die die Richtlinie anzuwenden sei.

In der Anlage der zugehörige Textbaustein.

Textbaustein (**** entsprechend individualisieren)

Einzelzahn-Implantat

Im vorliegenden Behandlungsfall

***** ist ein Einzelzahnimplantat zum Ersatz des Zahnes ________ geplant.

****** wurde ein Einzelimplantat zum Ersatz des Zahnes ______ gesetzt.

Rein rechnerisch fehlen hier eigentlich zwei Zähne (__________ und _________); im Laufe der Zeit sind die noch vorhandenen Zähne jedoch soweit aufgewandert, dass anatomisch nur noch eine Einzelzahnlücke besteht; diese Situation lässt sich durch eine Röntgenaufnahme leicht nachweisen. Damit muss nach den Beihilfe-Richtlinien eine Bezuschussung erfolgen.

Der Widerspruch der Beihilfestelle

****** zum Heil- und Kostenplan / zur Liquidation

widerspricht der aktuellen Urteilslage. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat in seinem Urteil vom 14. Mai 2008 (1 A 1171/07) entschieden, dass die vorliegende Auslegung der Richtlinie realitätsfern sei und nicht der tatsächlichen Gebisssituation entspräche. Faktisch läge nur eine Einzelzahnlücke vor, auf die die entsprechende Richtlinie anzuwenden sei.

Dem folgt, dass vorliegend das Implantat __________ richtliniengemäß als Einzelzahnimplantat zu bezuschussen ist.

 

 

Rechtstipp Januar 2009 Briefanfang und -ende an Patient nach Liquidation -PKV

Schreiben Ihrer Versicherung vom …….

Sehr geehrte ____________

Sie haben mir die Stellungnahme Ihrer Versicherung zu meiner zur Kenntnisnahme und Kommentierung übersandt. Gerne komme ich diesem Wunsch nach. Nach gründlichem Studium teile ich Ihnen folgendes mit: ***************************************************************

Hier kommen jetzt die Textbausteine ***************************************************************

Sehr geehrte ____________,

wie Sie leicht feststellen können, widersprechen die Ausführungen Ihrer Versicherung der amtlichen Gebührenordnung und der aktuellen obergerichtlichen Rechtslage. Leider argumentieren Versicherungen bezüglich der Erstattung häufig wider besseres Wissen, um Kosten zu sparen. Ich hoffe, Ihnen mit den Ausführungen die Korrektheit meiner Liquidation nachgewiesen zu haben und empfehle Ihnen, mit Hilfe dieses Schreibens nachdrücklich eine komplette tarifliche Erstattung zu fordern. Für weitere Hilfen – auch durch die Benennung eines sachkundigen Rechtsanwaltes – stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Rechtstipp Dezember 2008 – GEZ Musterwiderspruch

GEZ Musterwiderspruch

In letzter Zeit häuften sich die Fälle in denen Zahnarztpraxen Gebührenbescheide der GEZ für die Nutzung eines Internet-PC ins Haus flatterten.

Mit anhängendem Widerspruch dürfte sich die Angelegenheit erledigt haben.

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Absender – Praxisstempel

 

vorab perTelefax: 0180 / 55 10 700
An die

Gebühreneinzugszentrale der

öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
in der Bundesrepublik Deutschland (GEZ)

50656 Köln

(Ort, Datum)

 

Ihre [Mitteilung/Zahlungsaufforderung] vom __________, Ihr Zeichen __________

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen die mit Schreiben vom _______, Zeichen :__________, mitgeteilte Gebührenberechnung und –
höhe lege/n ich/wir Widerspruch ein.

Ich/Wir gehe/gehen davon aus, dass es sich bei diesem Schreiben um eine schlichte Mitteilung oder
Zahlungsaufforderung handelt und nicht um einen die Rundfunkgebühr festsetzenden Verwaltungsakt.

Für  den  Fall,  dass  es  sich  bei  dieser  Mitteilung/Zahlungsaufforderung  dennoch  um  einen Verwaltungsakt  handeln  sollte,  erhebe/n  ich/wir  Widerspruch  und  stelle/stellen  gleichzeitig  einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 6 VwGO.

Zur Begründung beziehe/n ich/wir mich/uns auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom   15.
Juli 12008 (Az. 1 K 496/08), wonach Sie eine Gebühr für den internetfähigen PC eines Rechtsanwalts
nicht  erheben  dürfen.  Dieses  Urteil  ist  auf  die  von  mir/uns  betriebene  Zahnarztpraxis  zwanglos
übertragbar.

Ich/Wir rege/n an, das vorliegende Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dieser Sache ruhen zu lassen.

Im  Übrigen  gehe/n  ich/wir  davon  aus,  dass  bis  zur  Entscheidung  über  die  Rechtmäßigkeit  der  Erhebung  einer  Rundfunkgebühr  für  einen  Internet-PC  eine  Zahlungspflicht  nicht  besteht.  Eine
Zahlung wird insoweit nur unter Vorbehalt und unter ausdrücklicher Ablehnung einer Rechtspflicht
erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen

 

Unterschrift

 

 

Rechtstipp November 2008 Die Einholung eines neuen Sachverständigengutachten

Die Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens

Im Prozess Pflicht, wenn Vorgutachten unvollständig Dr. Susanna Zentai berichtet über ein BGH-Urteil, wonach ein neues Gutachten vorgeschrieben ist, wenn ein Vorgutachten nicht alle prozessrelevanten Fragen gebührend berücksichtigt hat.

Aus: „Spektator“ (Deutscher Ärzteverlag), mit freundlicher Genehmigung.

Kommentierung einer BGH-Entscheidung vom Mai 2008

Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte jüngst mit Beschluss vom 06.Mai 2008 (Az. VI ZR 250/07) klar: Im Arzthaftungsprozess hat das Gericht zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts in der Regel einen Sachverständigen einzuschalten. Dies kann im Einzelfall entscheidend für den Ausgang des Verfahrens sein. Grundsätzlich kann der Richter sich auf ein Gutachten aus einem anderen Verfahren stützen. So zum Beispiel aus einem anderen gerichtlichen, staatsanwaltlichen Verfahren oder einem solchen vor einer Schlichtungsstelle. Der Richter muss aber ein eigenes Gutachten einholen, wenn ein bereits vorliegendes Gutachten nicht alle Fragen beantwortet. Beispiel am Fall Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde, der auf die Zahnheilkunde übertragbar ist: Nach einem Sturz beim Schlittschuhlaufen erlitt die 47-jährige Patienten eine Trümmerfraktur der linken Kniescheibe. Bei der Aufnahmeuntersuchung im Krankenhaus wurde ein Kniescheibenmehrfragmentbruch diagnostiziert und eine konventionelle Behandlung durch Ruhigstellung angeordnet. Wegen der zunehmenden Beschwerden der Patientin erfolgte eine erneute Röntgenuntersuchung, wobei eine deutliche Stufenbildung der Bruchstellen der Kniescheibe festgestellt wurde. Daraufhin wurde die operative Behandlung der Fraktur angeordnet. Das Knie blieb eingeschränkt bewegungsfähig. Die Patientin machte für die Folgen die nur konservative Therapie verantwortlich. Die Operation sei zu spät und fehlerhaft durchgeführt worden. Sie leide nun an einer Chondropathie III. Grades in Form einer ausgeprägten Arthrose des linken Kniegelenks. Die Klage wurde in zwei Instanzen abgewiesen. Bezug genommen wurde auf ein Gutachten, das im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens eingeholt worden war und zu dem Ergebnis kam, die Behandlung sei nicht fehlerhaft gewesen. Diese Entscheidung wurde ausschließlich auf das Gutachten gestützt, das allerdings relevante Fragen offengelassen hatte. Deswegen befand der BGH, dass der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt sei und ein neues Gutachten eingeholt werden müsse. Mit dieser Aufgabenstellung wurde die Angelegenheit an die letzte Instanz zurückverwiesen.

Fazit

Es ist üblich, dass Gerichte Gutachten aus Vorinstanzen verwenden und nicht immer ein neues und/oder ergänzendes Gutachten einholen. Dies kann sein bei einem Prozeß, der sich an ein selbstständiges Beweisverfahren oder an ein außergerichtliches Streitschlichtungsverfahren anschließt. In einem solchen Fall sollte dringend auf die Darlegung und Erläuterung der Punkte Wert gelegt werden, die in dem bereits vorliegenden Gutachten unbeantwortet geblieben sind. Die Notwendigkeit der Einholung eines Gutachtens läßt sich selbstverständlich auf Streitigkeiten wegen Gebührenrechts und Honorarforderungen übertragen. Sachverständigengutachten sind dort erforderlich, wo die eigene Sachkunde des Richters nicht ausreicht. Dies ist bei medizinischen Fragestellungen in der Regel der Fall, ungeachtet des konkreten Schwerpunktes.

Dr. Susanna Zentai, Köln Rechtsanwältin

 

 

Rechtstipp Oktober 2008: Urheberrechtsverletzung

Urheberrechtsverletzung zum ermäßigten Preis – leider nicht für Zahnärzte
Ein launiger, aber ernster Kommentar von RA Frank Heckenbücker, Köln

  • Es gibt Zahnärzte, die haben viel Pech mit ihrem Internet-Auftritt. Nachdem sie abgemahnt wurden, weil sie dort ein Bild eingestellt haben, welches sie in Berufskleidung zeigt, kommt der Nächste und möchte ihnen untersagen, Obst auf ihrer Seite zu zeigen.

Allgemeine Information

RA Frank Heckenbücker, Köln. Aus „Implantologie Zeitung 4/2008, mit freundlicher Genehmigung

Es gibt Zahnärzte, die haben viel Pech mit ihrem Internet-Auftritt. Nachdem sie abgemahnt wurden, weil sie dort ein Bild eingestellt haben, welches sie in Berufskleidung zeigt, kommt der Nächste und möchte ihnen untersagen, Obst auf ihrer Seite zu zeigen.

Und jetzt flattert ihnen eine Abmahnung ins Haus, mit der ihnen untersagt wird, die Karte, die den Patienten den Weg zur Praxis zeigen soll, zu verwenden. Gleichzeitig sollen Lizenzgebühren entrichtet werden und Anwaltskosten in vierstelliger Höhe, da die Verwendung der Karte eine Urheberrechtsverletzung darstellen soll.

Urheberrecht – was hat das denn mit einer Strassenkarte zu tun, schützt das Urheberrecht nicht künstlerische Leistungen Musik, Bücher, Fotos, Filme?

Das deutsche Urheberrecht schützt Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst und zu diesen gehörten nach dem Gesetzeswortlaut eben auch Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.

Eine Straßenkarte ist also urheberrechtlich für denjenigen geschützt, der diese wissenschaftliche/ technische Leistung der Erstellung der Karte erbracht hat.

Nach § 29 UrhG (Urheberrechtsgesetz) ist das Urheberrecht als solches nicht übertragbar, es verbleibt immer bei demjenigen, der das Werk geschaffen hat. Übertragen werden kann aber das Nutzungsrecht an dem geschaffenen Werk.

Das Nutzungsrecht für die Straßenkarte liegt also bei dem Verlag, der die Straßenkarte in Auftrag gegeben hat und dem Urheber hiefür ein entsprechendes Entgelt gezahlt hat. Dieser Verlag hat nun das Recht erworben, von jedem, der das Werk nutzen möchte, hierfür ebenfalls ein entsprechendes Entgelt zu verlangen.

Kauft man eine Strassenkarte an der Tankstelle, macht man sich hierüber keine Gedanken und empfindet es als normal, einen entsprechenden Preis zu entrichten. Aber bei der Nutzung des Internet ist das Bewußtsein, nicht alles was man dort findet kopieren und für sich selbst verwenden zu dürfen, häufig nicht besonders stark entwickelt.

Unser Zahnarzt wird also möglicherweise einwenden, ich habe die Karte auf einer Internetseite gefunden und dann auf meine Seite kopiert.

Das durfte er aber nicht so einfach. Er hätte sich erkundigen müssen, wem die Nutzungsrechte an dieser Karte zustehen und sich um ein eigenes Nutzungsrecht bemühen müssen.

Die Abmahnung ist, sofern der Anspruchssteller sein Urheberbeziehungsweise Nutzungsrecht nachweist, völlig zu Recht erfolgt. Er ist daher verpflichtet, die mit der Abmahnung verbunden Anwaltskosten zu tragen und darüber hinaus ist er zum Schadensersatz für die unberechtigte Nutzung verpflichtet.

Nun wendet der Zahnarzt aber ein, er habe in der Zeitung gelesen, dass der Bundestag am 11.April 2008 ein Gesetz zum Schutz des geistigen Eigentums erlassen habe und dort sei doch festgelegt worden, dass für die anwaltliche Abmahnung einer Urheberrechtsverletzung nur 100 Euro Anwaltskosten von der Gegenseite verlangt werden dürfen.

Es trifft zu, dass im Rahmen dieses Gesetzes ein neuer Paragraph 97 a in das UrhG eingeführt wurde und da steht tatsächlich eine Regelung, die die erstattungsfähigen Anwaltsgebühren für die Abmahnung auf 100 Euro begrenzen wenn… ein Verbraucher eine unerhebliche Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs begeht.

Das Beispiel, das dass Bundesjustizministerium hierfür in seiner Pressemitteilung zur gesetzlichen Neuregelung verwandt hat, ist die sechzehnjährige Schülerin, die auf ihrer privaten Homepage einen Stadtplanausschnitt eingebunden hat, damit ihre Freunde sie besser finden.

Der Zahnarzt, der eine Strassenkarte auf seine Praxishomepage stellt, damit seine Patienten ihn besser finden, handelt aber nicht als Verbraucher außerhalb des geschäftlichen Verkehrs, sondern im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit. Die Begrenzung der erstattungsfähigen Anwaltsgebühren auf 100 Euro kommt ihm folglich nicht zu Gute.

Würde sich etwas ändern, wenn unser Zahnarzt die Karte nicht selbst kopiert hat, sondern er seinen Internetauftritt bei einem Anbieter gekauft hat?
Im Verhältnis zum abmahnenden Urheber- oder Nutzungsrechtsinhaber bleibt es dabei, dass der Zahnarzt zur Unterlassung der Verwendung verpflichtet ist und die Kosten der Abmahnung zu tragen hat. Der Schadensersatz hinsichtlich der Lizenzgebühren ist jedoch grundsätzlich gegen den Ersteller der Internetseite zu richten.

Im Verhältnis zum Ersteller der Internetseite hat der Zahnarzt Anspruch auf Schadensersatz für die im Zusammenhang mit der Abmahnung entstandenen Kosten.

Als Fazit bleibt, will man derartige Abmahnungen vermeiden, sollte man seine Strassenkarte selber zeichnen, und sich, wenn man eine Internetseite in Auftrag gibt, zusichern lassen, dass die verwendeten Graphiken, Karten, Bilder und ähnliches frei von den Rechten Dritter sind und sich im Zweifel die Nutzungsrechte nachweisen zu lassen.

RA Frank Heckenbücker, Köln.

 

Rechtstipp September 2008 Retrograde endodontische Behandlung bei einer WSR

Retrograde endodontische Behandlung bei einer WSR

Kanalaufbereitung und Wurzelfüllung zusätzlich berechenbar ?

Auch ein Dauerthema: Berechnung von Kanalaufbereitung und Wurzelfüllung zusätzlich zur Resektion. Oder passt nur GOZ 205 (einflächige Füllung) ? Oder vielleicht die Analogie ?

Allgemeine Informationen

Die retrograde Aufbereitung und Füllung eines Wurzelkanals im Rahmen einer WSR entsprechen im Leistungsinhalt den GOZ-Positionen 241 und 244.

Voraussetzung dafür ist, dass der Kanal tatsächlich ein Stück aufbereitet wurde – was mit modernen Ultraschall-Systemen auf relativ große Tiefe möglich ist; die nachfolgende Füllung entspricht dann auch einer Wurzelfüllung.

Dies ist auch die einhellige Ansicht von Zahnärztekammern und Kommentaren.

So die GOZ-Fibel Bayern:

„Auch die „retrograde“ Wurzelfüllung wird nach der Position 244 GOZ berechnet. Zusätzlich wird – sofern der Leistungsinhalt erbracht ist – auch die vorher notwendige retrograde Wurzelkanalaufbereitung nach 241 GOZ berechnet. (Beide sind selbständige Leistungen und unabhängig von einer orthograden Wurzelbehandlung). Berechenbar je Wurzelkanal. Zusätzlich werden die notwendigen Leistungen der Wurzelspitzenresektion (je Wurzelspitze) angesetzt. Bei konfektionierten apikalen Stiftsystemen fallen darüber hinaus Materialkosten an.“

Der gerichtsrelevante Kommentar Liebold/Raff/Wissing dazu:

„Wurzelkanalaufbereitung und Wurzelkanalfüllung stellen, gleichgültig, ob vor oder während der Resektion durchgeführt, eine selbstständige Leistung dar und sind somit nach den GOZ-Nrn. 241 und 244 berechenbar. Die Kosten für konfektionierte apikale Stiftsysteme sind gesondert berechnungsfähig.“

Unterschied: Retrograde Wurzelfüllung – retrograder Verschluss

Wenn keine retrograde Kanalaufbereitung erfolgt, kann alternativ auch eine „retrograde Füllung“ gelegt und berechnet werden. Dazu Liebold/Raff/Wissing:

Es ist also zwischen einer retrograden Wurzelkanalaufbereitung plus einer retrograden Wurzelfüllung und zwischen einem retrograden Verschluss (Abdichtung ohne weitere Behandlungsmaßnahmen am Wurzelkanal) zu unterscheiden. Diese Leistung entspricht dem Legen einer einflächigen Füllung (GOZ-Nr. 205).

Hinweise:

1. Wird zur retrograden Wurzelfüllung oder auch zur Abdichtung sehr teures Material verwendet (z.B. MTA), so kann dieses nach BGH berechnet werden, wenn die Kosten 75% des 2,3 fachen Steigerungssatzes übersteigen. Alternativ kann das Material auf einem Eigenlaborbeleg berechnet werden.

2. Eine analoge Berechnung scheidet aus, da auch bereits früher retrograde Wurzelfüllungen beziehungsweise apikale Verschlüsse gelegt wurden; eine Honorarvereinbarung ist natürlich möglich.

3. Die Leistungen gelten je Wurzelspitze.

4. Bei entsprechender Indikation ist die Kombination retrograde Wurzelfüllung (244) plus anschließende Deckfüllung (205) denkbar; ein erläuternder Hinweis in der Liquidation ist sinnvoll. Eine Einschränkung von Seiten der Versicherung muss von dieser dargelegt werden, einschließlich des Namens des beratenden Zahnarztes.

In der Anlage ein Textbaustein für die Korrespondenz. Nichtzutreffendes ist zu streichen.

 

Textbaustein für den Patienten

***** Nichtzutreffendes streichen

***** Hinweis: Es handelt sich beim Zahn ____ um insgesamt ____ Wurzelkanäle
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Die retrograde Aufbereitung und Füllung eines Wurzelkanals im Rahmen einer WSR

Im Rahmen der geplanten/durchgeführten chirurgischen Wurzelspitzenresektion wurden eine retrograde Kanalaufbereitung (von der Wurzelspitze aus) und eine Wurzelfüllung durchgeführt.

Ziel dieser Behandlung ist es, den Wurzelkanal zum umgebenden Knochen hin hermetisch abzudichten, um eine ungestörte Heilung und damit den Erhalt des Zahnes zu ermöglichen.

Dabei wurde der Kanal von apikal erneut ein Stück in die Tiefe aufbereitet und erweitert; damit ist sichergestellt, dass die auf konservativem Wege nicht erreichbaren Kanalabschnitte versorgt werden können. Der neu geschaffene Wurzelkanal wurde dann mit einem speziellen Material gefüllt und verschlossen.

Dies sind nach dem Wortlaut der GOZ separate Leistungen und keinesfalls Bestandteil der Wurzelspitzenresektion. Sie wurden mit den GOZ-Positionen 241 (Kanalaufbereitung) und 244 (Wurzelfüllung) berechnet, deren Leistungsbeschreibung in der Gebührenordnung mit der durchgeführten Behandlung übereinstimmen. Sie sind überdies weit umfänglicher als ein einfacher Verschluss der Wurzelspitze mittels einer Füllung.

Entgegenlautende Ansichten von Kostenerstattern ist von Zahnärztekammern und anerkannten Kommentaren vielfältig widersprochen.

Beispielhaft die GOZ-Fibel der Zahnärztekammer Bayern: „Auch die „retrograde“ Wurzelfüllung wird nach der Position 244 GOZ berechnet. Zusätzlich wird – sofern der Leistungsinhalt erbracht ist – auch die vorher notwendige retrograde Wurzelkanalaufbereitung nach 241 GOZ berechnet.“

Der gerichtsrelevante Kommentar Liebold/Raff/Wissing dazu: „Wurzelkanalaufbereitung und Wurzelkanalfüllung stellen, gleichgültig, ob vor oder während der Resektion durchgeführt, eine selbstständige Leistung dar und sind somit nach den GOZ-Nrn. 241 und 244 berechenbar.“

***** Für die Wurzelfüllung wurde ein sehr teures Material verwandt (siehe Materialnachweis in der Liquidation). Der Preis übersteigt das 2.3fache GOZ-Honorar der Pos. 241; das Material ist nach BGH (Urteil vom 27. 5. 2004, III ZR 264/03) damit berechungsfähig.

Die vorgenommene Berechnung ist damit gebührenrechtlich korrekt
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***** Die retrograde Füllung eines Wurzelkanals im Rahmen einer WSR

Im Rahmen der geplanten/durchgeführten chirurgischen Wurzelspitzenresektion wurde nach Abtragen der Wurzelspitze eine kleine Kavität in den Wurzelkanal präpariert und diese in einem speziellen Verfahren mittels eines besonderen Materials verschlossen.

Vorliegend hat der Kostenerstatter diese Berechnungsfähigkeit verneint mit dem Hinweis,

***** die Leistung sei im Honorar der Wurzelspitzenresektion enthalten.

***** das Material könne nicht separat berechnet werden.

Dies ist nach dem Wortlaut der GOZ eine separate Leistungen und keinesfalls Bestandteil der Wurzelspitzenresektion.

Das ist auch die einhellige Ansicht von Zahnärztekammern und Kommentaren; auch im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung ist eine retrograde Füllung zusätzlich zu Wurzelspitzenresektion berechenbar.

Dazu der gerichtsrelevante Kommentar von Liebold/Raff/Wissing: „Wenn keine retrograde Kanalaufbereitung erfolgt, kann alternativ auch eine „retrograde Füllung“ gelegt und berechnet werden. Diese Leistung entspricht dem Legen einer einflächigen Füllung (GOZ-Nr. 205).“

***** Für die Wurzelfüllung wurde ein sehr teures Material verwandt (siehe Materialnachweis in der Liquidation). Der Preis übersteigt das 2.3fache GOZ-Honorar der Pos. 241. das Material ist nach BGH (Urteil vom 27. 5. 2004, III ZR 264/03) zu Recht berechungsfähig.

Die vorgenommene Berechnung ist damit gebührenrechtlich korrekt.