Rechtstipp März 2012 Zahnarztwerbung über Fensterfront

Zahnarztwerbung über Fensterfront

Die Außendarstellungsmöglichkeiten von Ärzten, Apothekern und Zahnärzten sind immer weiter liberalisiert worden, wobei das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) über viele Jahre hinweg Impulsgeber war und ist. Regeln in Berufsordnungen wurden dabei bisweilen als zu einengend angesehen, da sie den Heilberufler insbesondere in seiner Berufsausübungsfreiheit tangieren. Das Verwaltungsgericht Berlin (VG) hat sich in seiner Entscheidung vom 12.01.2011 (90 K 5.10 T) mit der Frage befasst, ob ein etwa zehn Meter langer und etwa ein Meter hoher Plakat-Schriftzug über einer Fensterfront eines Praxisgebäudes „Zahnarztpraxis am B…“ berufsrechtlich zulässig ist.

Der Fall:

Auf die Beschwerde von zwei Zahnärzten aus der näheren Umgebung der Praxis erließ die Zahnärztekammer Berlin im März 2010 einen Rügebescheid gegen den werbungsaffinen Zahnarzt und machte ihm zur Auflage 1.000,00 Euro zu zahlen. Zur Begründung wurde dabei u. a. ausgeführt, dass das Werbeplakat über der Praxisfront darauf abziele, die Aufmerksamkeit auch an der Praxis weit entfernt vorbei gehender Passanten bzw. vorbei fahrender Verkehrsteilnehmer in anpreisender und typisch kommerzieller Weise zu erheischen (Blickfangwerbung). Diese Werbemaßnahme nähere sich den Werbemethoden der gewerblichen Wirtschaft – insbesondere des Dienstleistungs- und Einzelhandelsgewerbes – an und leiste so dem Eindruck der Kommerzialisierung des Arztberufes und damit Zweifel an der beruflichen Integrität des Arztes Vorschub. Außerdem vermittle die Bezeichnung „Zahnarztpraxis am B…“ den Eindruck, als handele es sich vorliegend um die einzige oder auch aufgrund der Größe des Banners auch um eine besonders hervorgehobene Zahnarztpraxis an diesem Standort.

Die Entscheidung:

Das VG Berlin sprach den Zahnarzt von dem ihn vorgeworfenen Berufsvergehen frei. Durch die beanstandete Werbung habe dieser seine Berufspflichten nicht verletzt.

Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG schütze die Freiheit der Berufsausübung. Zu dieser gehöre nicht nur die berufliche Praxis selbst, sondern auch jede Tätigkeit, die mit der Berufsausübung zusammenhänge und dieser diene. Sie schließe die Außendarstellung von selbstständig Berufstätigen ein soweit sie auf die Förderung des beruflichen Erfolges gerichtet sei.

Unübliche Größe reklamehaft?

Der Werbefreiheit der Ärzte und Zahnärzte würde nur durch Gemeinwohlbelange Grenzen gesetzt. Das Werbeverbot diene dem Schutz der Bevölkerung, wobei das Vertrauen des Patienten darauf erhalten werden solle, dass der Arzt nicht aus Gewinnstreben besondere Untersuchungen vornimmt oder Behandlungen vorsieht. Für interessengerechte und sachangemessene Informationen, die keinen Irrtum erregen würden, müsse im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr Raum bleiben. Vor dem Hintergrund der gegenüber früheren Vorstellungen durch das BVerfG deutlich erweiterten Grenzen der Zulässigkeit werbenden Verhaltens niedergelassener Ärzte, liege im vorliegenden Fall keine berufswidrige Werbung vor. Die Außendarstellung von Ärzten sei nicht (mehr) von allen Elementen der Anpreisung und Reklame freizuhalten. Sachliche Informationen über die berufliche Betätigung seien unabhängig von der Wahl der Werbemethode zulässig. Es habe sich zwar um eine unübliche Größe der Ankündigung einer Zahnarztpraxis gehandelt, wobei aber nicht festzustellen sei, dass in diesem Einzelfall durch die gewählte Form der Werbung Gemeinwohlbelange tatsächlich gefährdet worden seien. Aus der Wahl eines Werbeträgers unmittelbar auf eine Gefährdung der ärztlichen Gesundheitsversorgung oder mittelbar auf einen Schwund des Vertrauens der Öffentlichkeit in die berufliche Integrität der Ärzte zu schließen, sei schwerlich möglich, solange sich die Werbemittel im Rahmen des Üblichen bewegen würden. Die ortsfeste Werbung enthalte sachliche Aussagen über die Lage der Zahnarztpraxis. Die Größe der Werbung allein erwecke keinen Irrtum über die zu erwartende Qualität der zahnärztlichen Leistung.

Verstoß gegen Kollegialitätsgebot?

Es läge auch kein Verstoß gegen das Kollegialitätsgebot vor, da die gewählte Werbung sich nicht auf das Arzt-Patienten-Verhältnis auswirke. Das Kollegialitätsgebot diene dem allgemeinen Interesse an einer funktionierenden Gesundheitsfürsorge und solle im Interesse des Heilwesens ein kollegiales Klima schaffen. Die Pflicht zu rücksichts- und achtungsvollem Verhalten untereinander schütze dabei nicht die Kollegialität als solche, sondern nur die Kollegialität innerhalb der beruflichen Sphäre. Ein unkollegiales Verhalten sei folglich insoweit standesrechtlich von Bedeutung, da es das Ansehen der betroffenen Kollegen in den Augen der Patienten mindern könne.

RA Michael Lennartz

 

 

Rechtstipp Februar 2012 CMD-Kieferorthopädie-Behandlung auf Kasse?

CMD-Kieferorthopädie-Behandlung auf Kasse?

Das Sozialgericht (SG) Duisburg hat sich in seinem Urteil vom 21.04.2011 (S 7 KR 152/10) mit der Frage befasst, ob eine Krankenkasse im Rahmen der Kostenerstattung die Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung einer Craniomandibulären Dysfunktion (CMD) zu übernehmen hat.

Der Fall:

In dem konkreten Fall wurde bei einer Patientin nach einer ersten Befundung ein privater Heil- und Kostenplan für eine kieferorthopädische CMD-Behandlung erstellt. Die Patientin reichte den HKP über 4.758,17 Euro bei ihrer Krankenkasse ein und stellte einen Kostenübernahmeantrag. Aus dem Behandlungsplan gehe hervor, dass eine spezielle CMD-Kieferorthopädie auf der Basis der biofunktioniellen Orthodentie geplant sei. Die CMD-Kieferorthopädie wende eine in der üblichen Kieferorthopädie nicht vorhandene ursächliche, medizinisch strukturierte Diagnostik an, wobei die Methode eine „Neudefinition der Kieferorthopädie als komplexe Schmerztherapie und Therapie der Dysfunktion der Kopf-Schulterorgane“ sei. Der GKV-Leistungskatalog sei auf die nach privatärztlichen Grundlagen abgerechnete CMD-Kieferorthopädie zu erweitern.

Nachdem der Antrag der Patientin auf eine Kostenübernahme abgelehnt wurde, erhob die Patientin Klage und trug vor, dass sie an massiven Hör- und Sehstörungen, Nacken- und Rückenverspannungen, Bewegungseinschränkungen, Konzentrationsschwächen und Kopfschmerzen leide. Die CMD beruhe auf einer Zahnfehlstellung, die durch eine nicht notwendige Zahnextraktion hervorgerufen worden sei. Es sei nicht gerechtfertigt, dass das Gesetz die Kostenübernahme für solche Fälle ausschließe. Nur die CMD-Kieferorthopädie setze an den Ursachen der Erkrankung an und sei für die Krankenkassen wirtschaftlicher. Ohne sie würde eine dauernde Minderung der Erwerbstätigkeit eintreten.

Die Entscheidung:

Das SG Duisburg konnte der Argumentation der Patientin nicht folgen, wobei es keinen Anspruch der Patientin auf Erstattung der bereits angefallenen und Übernahme der zukünftigen Kosten für die CMD-Kieferorthopädie erkennen konnte.

Keine unaufschiebbare Leistung

Für den bereits abgeschlossenen Teil der CMD-kieferorthopädischen Behandlung komme als Anspruchsgrundlage nur § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht, wonach eine Krankenkasse die Kosten zu erstatten habe, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder zu Unrecht abgelehnt hat und hierdurch einem Versicherten Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung entstanden seien. Eine unaufschiebbare Leistung habe bei Beginn der Behandlung nicht vorgelegen. Die Kostenerstattung scheitere bereits daran, dass sich die Patientin die Leistung besorgt habe, ohne die Krankenkasse einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten. Krankenkassen müsse zur Vermeidung von Missbräuchen vorab die Prüfung ermöglicht werden, ob die beanspruchte Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bereitgestellt werden könne.

Keine Empfehlung G-BA

Die Kostenerstattung und auch eine weitere Kostenübernahme würden aber ohnehin ausscheiden, weil es sich um eine neuartige Therapie handele, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nicht empfohlen worden sei. Nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V dürften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der G-BA eine Empfehlung abgegeben habe. Auch eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer lebensbedrohlichen oder tödlich verlaufenden Erkrankung liege nicht vor, wobei auch der Vortrag die CMD-Behandlung sei wirtschaftlicher und nur durch sie könne eine dauerhafte Besserung erreicht und eine verminderte Erwerbsfähigkeit verhindert werden, nicht berücksichtigungsfähig sei.

RA Michael Lennartz

 

 

Rechtstipp Januar 2012 Einsichtsrecht der Erben in Behandlungsunterlagen

Einsichtsrecht der Erben in Behandlungsunterlagen

Wiederholt haben sich Gerichte mit der Frage befassen müssen, ob Erben eines Patienten ein Recht auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen des Verstorbenen zusteht. So hat bspw. der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 31.05.1983 entschieden, dass ein solches Einsichtsrecht besteht, wenn ein ausdrückliches oder vermutetes Einverständnis des Verstorbenen mit der Offenlegung gegeben ist. In seiner Entscheidung vom 26.05.2011 (Vf. 45-VI-10) hat sich der Bayerischer Verfassungsgerichtshof (VerfGH Bayern) mit der Frage befasst, ob ein Arzt die Herausgabe von Kopien von Behandlungsunterlagen gegenüber den Erben eines verstorbenen Patienten verweigern kann, wenn sich der Patient nach seinem Vortrag vor seinem Tod von seiner Familie distanziert hat.

Die Vorinstanzen:

Mit dieser Frage hatte sich zuvor auch das Landgericht (LG) München I und das Oberlandesgericht (OLG) München in seinem Urteil vom 09.10.2008 (1 U 2500/08) befasst. Nach Auffassung des OLG München, das das Urteil des LG München bestätigte, reichte es für das Einsichtsrecht der Erben des verstorbenen Patienten aus, dass sie sich auf mögliche Arzthaftungsansprüche stützten und solche Ansprüche nicht von vorneherein ausgeschlossen waren. Der Arzt könne sich nicht auf seine Schweigepflicht berufen. Er könne und müsse auch nahen Angehörigen die Kenntnisnahme von Krankenunterlagen verweigern, soweit er sich bei gewissenhafter Prüfung seiner gegenüber dem Verstorbenen fortwirkenden Verschwiegenheitspflicht an der Preisgabe gehindert sehe. Eine mutmaßliche Einwilligung des Patienten zur Einsichtnahme, die der Verfolgung möglicher Behandlungsfehler diene, sei jedoch in der Regel anzunehmen. Der Arzt müsse eine Verweigerung der Einsicht nachvollziehbar begründen, wobei das Vorbringen des Arztes zur Verweigerung der Herausgabe nicht ausreiche. Soweit er sich darauf berufe, der Verstorbene habe sich von seiner Familie distanziert und diese habe aus seinem Vermögen nichts erhalten sollen, sei diese behauptete Distanzierung nicht nach außen getreten.

Die Entscheidung:

Vor dem VerfGH Bayern konnte sich der Arzt mit seiner Verfassungsbeschwerde nicht durchsetzen. Nach Auffassung der Münchener Richter verstießen die angegriffenen Entscheidungen nicht gegen das Willkürverbot nach Art. 118 Abs. 1 Bayerische Verfassung. Die Gerichte seien von der Rechtsprechung des BGH ausgegangen, wonach den Erben eines Patienten ein Einsichtsrecht in die Behandlungsunterlagen zustehe, wenn ein ausdrückliches oder vermutetes Einverständnis des Verstorbenen mit der Offenlegung gegeben sei. Der vertragliche Anspruch des Patienten sei danach auch vermögensrechtlicher Natur und könne insoweit auf die Erben übergehen. Dies sei insbesondere der Fall, wenn die Erben prüfen wollen, ob Schadensersatzansprüche wegen ärztlicher Behandlungsfehler bestünden. Die ärztliche Schweigepflicht stehe einer Offenlegung der Behandlungsunterlagen nur dann entgegen, wenn eine ausdrückliche Einwilligung des Patienten fehle und der Arzt bei gewissenhafter Prüfung aller Umstände – zu denen auch das Anliegen der die Einsicht begehrenden Personen gehöre – zu dem Ergebnis komme, dass der Verstorbene die vollständige oder teilweise Offenlegung der Krankenunterlagen gegenüber seinen Hinterbliebenen missbilligt hätte.

RA Michael Lennartz

 

 

Rechtstipp Dezember 2011 Befunderhebungsfehler und Diagnoseirrtum

Befunderhebungsfehler und Diagnoseirrtum

Anhand eines tragischen Falles aus der Humanmedizin hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Unterschiede zwischen einem Befunderhebungsfehler und einem Diagnoseirrtum sowie die unterschiedlichen rechtlichen Folgen dargelegt (Az.: VI ZR 284/ 09). Diese Materie ist nicht ganz einfach, hat aber – wie im entschiedenen Fall – weitreichende Folgen für den (Zahn-)Arzt.

Im konkreten Fall sollte eine Frau am Meniskus operiert werden. Zur Vorbereitung fertigte ein Anästhesist ein Röntgenbild des Brustkorbs an. Die Meniskus-Operation war erfolgreich, und es gab keine Komplikationen. Allerdings wurde ein Jahr später festgestellt, dass die Patientin im rechten Lungenflügel ein Adenokarzinom hat. Daraufhin wurde das wegen der Meniskusoperation angefertigte Röntgenbild noch einmal angeschaut. Nun stellte sich heraus, dass dort schon ein zwei Zentimeter großer Rundherd zu sehen war. Auf eine entsprechende Klage hin verurteilte das Berufungsgericht die Beklagten, weil der Anästhesist eine weitere Abklärung hätte veranlassen müssen. Diese hätte ergeben, dass ein Tumor vorliege. Dieser wäre dann rechtzeitig operiert worden. Der BGH folgte dieser Ansicht nicht und hob das Urteil auf. Die von dem Berufungsgericht vorgetragene Argumentation gelte bei einem Befunderhebungsfehler, nicht jedoch bei einem Diagnoseirrtum, wie er hier vorliege. Wird eine notwendige Befundung unterlassen, führt dies zu beweisrechtlichen Konsequenzen, genauer: Wenn der Befund mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ergeben hätte, dass die Unterlassung einer Behandlung ein grober Behandlungsfehler ist, kehrt sich die Beweislast um. Dann muss der Arzt beweisen, dass der gerügte Schaden auch eingetreten wäre, wenn die Behandlung vorgenommen worden wäre. Das ist meistens unmöglich, sodass unterlassene Befundungen ein Einfallstor für erfolgreiche Arzthaftungsklagen sind. Dies ist bei Diagnoseirrtümern anders: Wenn der Befund korrekt erhoben und nur falsch bewertet wurde, kommt es nicht zu einer solchen Umkehrung der Beweislast. Deshalb sollten Zahnärzte immer jede gebotene Befundung (zum Beispiel Röntgen, CMD-Befund) vornehmen und diese sorgfältig dokumentieren. Sollte es zu einem Arzthaftungsprozess kommen, sollte – sofern möglich – darauf abgestellt werden, dass nicht ein Befundungsfehler sondern ein Diagnoseirrtum vorliegt.

RA Dr. Wieland Schinnenburg, Zahnarzt und Rechtsanwalt, Hamburg

 

 

Rechtstipp November 2011 Sind niedergelassene Vertragsärzte „Amtsträger“ oder „Beauftragte“ der KKen

Sind niedergelassene Vertrags(zahn)ärzte „Amtsträger“ oder „Beauftragte“ der Kassen?

Die niedergelassenen Vertrags(zahn)ärzte und das sogenannte Pharmamarketing beschäftigen die Strafrechtler in Deutschland. Aktuell befasst sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage, ob Vertrags(zahn)ärzte bestechlich sind, wenn sie im weit verbreiteten Bereich des sogenannten Pharmamarketings Leistungen beziehen. 

Die Beantwortung dieser Frage hat erhebliche Bedeutung für Strafverfolgungsorgane und Vertrags(zahn)ärzte im gesamten Bundesgebiet. Denn sollte der Bundesgerichtshof Vertrags(zahn)ärzte als taugliche Personen im Bereich der Korruptionsdelikte ansehen, käme der gesamte Bereich des Pharmamarketings auf den strafrechtlichen Prüfstand. Es wäre wahrscheinlich mit der Einleitung einer Vielzahl von Ermittlungsverfahren zu rechnen. Das Gesetz sieht für Korruptionsdelikte in ihrer einfachsten Form Strafrahmen von der Geldstrafe bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe vor. Im Kern geht es um die Frage, ob Vertrags(zahn)ärzte im System der Gesetzlichen Krankenkassen als „Amtsträger“ oder als „Beauftragte“ der Krankenkassen im strafrechtlichen Sinn anzusehen und durch diese Einordnung taugliche Täter von Korruptionsdelikten sein können. Bislang wurden niedergelassene Vertrags(zahn)ärzte von der Rechtsprechung keinem dieser Begrifflichkeiten untergeordnet. Der 3. Strafsenat des BGH hat das Problem nun – ob ihrer Tragweite – mit der Entscheidung vom 5. Mai 2011 dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung vorgelegt. Daher wird der Große Senat für Strafsachen bald entscheidende Weichen für den Umgang mit Pharmamarketingmaßnahmen auf Seiten der Vertrags(zahn)ärzte stellen. Welcher Fall aber gab dem Bundesgerichtshof Anlass, über diese weitreichende Fragestellung nachzudenken? Nach der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs hatte die Staatsanwaltschaft gegen die Verantwortlichen eines Medizinprodukteherstellers ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechung beziehungsweise der Bestechung im geschäftlichen Verkehr geführt. Niedergelassene Vertragsärzte sollten bestochen worden sein. Nach der Einstellung dieses Ermittlungsverfahrens hatte sie in einem selbstständigen Verfallsverfahren beantragt, gegen das Unternehmen Wertersatz in Höhe von 350.225 Euro für verfallen zu erklären. Das Landgericht hatte diesen Antrag abgelehnt. Gegen diese Entscheidung ist die Staatsanwaltschaft in Revision gegangen, weshalb der 3. Strafsenat des BGH zur Entscheidung berufen war. Dabei war auch zu prüfen, ob niedergelassene Vertragsärzte überhaupt als bestechliche Person angesehen werden können. Denn das Gesetz sieht im Rahmen der Korruptionsdelikte nur bestimmte Personen (zum Beispiel Angestellte oder Beauftragte eines geschäftlichen Betriebes, Amtsträger) als taugliche Täter an. Auf den ersten Blick scheint der Vertrags(zahn)arzt als Täter auszuscheiden, da er freiberuflich und selbstständig tätig ist. Allerdings lässt seine Eingebundenheit in das kassenärztliche Versorgungssystem auch eine Argumentation dahingehend zu, dass er als verordnender Arzt Beauftragter der Krankenkasse oder gar „Amtsträger“ sein könnte; so behaupten es jedenfalls einige Autoren strafrechtlicher Kommentare und Aufsätze. Es verwundert kaum, dass diese Einschätzung heftigen Widerstand erfährt und die strafrechtliche Einstufung von niedergelassenen Vertrags(zahn)ärzten heftig umstritten ist. Nur vereinzelt gehen Staatsanwaltschaften momentan aufgrund eines korruptionsrechtlichen Anfangsverdachts bei dieser Berufsgruppe gegen das System des Pharmamarketings vor. Virulent wird das Problem in erster Linie dann, wenn Hersteller medizinischer Produkte oder sonstige Drittanbieter sowie Krankenhausträger Zuwendungen an Vertragsärzte erbringen, wie Bonuszahlungen oder gar finanzielle Vergütungen, um das Ziel zu erreichen, bei dem Bezug von Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln sowie bei der Einweisung von Patienten wettbewerbswidrig gegenüber anderen Wettbewerbern am Markt bevorzugt zu werden. Allerdings hängt die Strafbarkeit dabei nicht alleine von der bloßen Bewertung von Vertragsärzten, sei es als Amtsträger oder Beauftragter einer Krankenkasse ab. Dies wird in der Praxis häufig verkannt und demzufolge werden häufig zu Unrecht strafrechtliche Vorwürfe erhoben. In jedem Einzelfall ist zu prüfen, von wem der Vertragsarzt Leistungen bezogen hat und wem gegenüber er diese Leistungen wie abrechnet. Auch gibt es Fallkonstellationen, in denen eine Strafbarkeit zusätzlich von der Frage abhängt, ob und inwieweit verordnete Leistungen medizinisch indiziert waren oder nicht (so zum Beispiel bei dem Tatbestand der Untreue nach Paragraf 266 Strafgesetzbuch – StGB). Bislang ist die besondere Stellung der niedergelassenen Vertragsärzte vom Bundesgerichtshof nicht bewertet worden. Mit Spannung wird nun die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen erwartet.

RA Dr. Jens Bosbach, München

 

 

Rechtstipp Oktober 2011 Fatales Nebengeschäft eines angestellten Arztes

Arbeitsgericht Hagen: Fatales „Nebengeschäft“ eines angestellten Arztes

Auch auf den ersten Blick betragsmäßig geringfügige „Nebengeschäfte“ eines angestellten Arztes können arbeitsrechtlich zu ganz gravierenden Folgen führen, wie ein Urteil des Arbeitsgerichtes (ArbG) Hagen vom 18.01.2011 (5 Ca 1324/10) zeigt.

Der Fall:

Im konkreten Fall arbeitete ein Arzt nach dem erfolgten Verkauf seiner Praxis bei den Praxiskäufern als angestellter Arzt weiter. Im Rahmen des vereinbarten Arbeitsvertrages wurde u. a. die Verpflichtung des angestellten Arztes festgeschrieben, den ärztlichen und organisatorischen Weisungen der Praxisinhaber nachzukommen, wobei auch vereinbart wurde, dass jede Nebentätigkeit des angestellten Arztes – mit Ausnahme von Vortrags- und Seminartätigkeiten sowie Autorentätigkeit für Fachartikel – einer vorherigen schriftlichen Genehmigung der Praxisinhaber bedurfte. Im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses untersuchte der angestellte Arzt am 19.04.2010 einen Privatpatienten und erstellte ein ärztliches Kurzgutachten über dessen Hörfähigkeit zur Vorlage beim Straßenverkehrsamt. Hierbei stellte er ein ärztliches Attest mit dem Stempel der nicht mehr bestehenden früheren Praxis aus und ließ sich einen Betrag von 17,43 Euro für das erstellte Gutachten von der Arzthelferin der Praxis auskehren, die das Geld von dem Privatpatienten vereinnahmt hatte. Am 20.03.2010 erstellte der angestellte Arzt darüber hinaus ein Kurzgutachten für den Tauchsport, wobei er bei einer Arzthelferin auch das hierfür vereinnahmte Honorar in Höhe von 25,00 Euro einforderte, was ihm aber mit dem Hinweis, dass das Geld verbucht werden müsse, verwehrt wurde. Nachdem den Praxisinhabern diese Vorgänge bekannt wurden, wurde dem angestellten Arzt am 09.06.2010 fristlos gekündigt.

Die Entscheidung:

Das ArbG Hagen bestätige die fristlose Kündigung. Von einem Arbeitnehmer zu Lasten des Arbeitgebers begangene Eigentums- oder Vermögensdelikte seien regelmäßig geeignet, eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen, und zwar auch dann, wenn die rechtswidrige Verletzungshandlung nur Sachen von geringem Wert betreffe. Es könne dahinstehen, ob der angestellte Arzt eine vollendete und eine versuchte Unterschlagung an den Honorarbeträgen für die beiden Kurzgutachten im strafrechtlichen Sinne begangen habe, da dies aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht entscheidend sei. Dem angestellten Arzt sei vielmehr eine erhebliche Verletzung der Treuepflicht vorzuwerfen, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertige. Bei den beiden Honorarbeträgen handele es sich um Patientengelder, die aus der Tätigkeit als angestellter Arzt resultierten. Der fristlosen Kündigung stünde auch nicht das Fehlen einer Abmahnung entgegen. Es spreche einiges dafür, dass bei vorsätzlichen Vermögenspflichtverletzungen das Erfordernis einer Abmahnung entfalle, weil kein verständiger Arbeitnehmer damit rechnen könne, dass der Arbeitgeber ein derartiges Fehlverhalten ohne unmittelbaren Ausspruch einer Kündigung hinnehme. Darüber hinaus habe die Vorgehensweise des angestellten Arztes das erforderliche Vertrauen in seine Redlichkeit irreparabel zerstört.

RA Michael Lennartz

 

 

Rechtstipp September 2011 Hoher Schadensersatz wegen Zahnsubstanzverlust bei Veneers

OLG Hamm: Hoher Schadensersatz wegen Zahnsubstanzverlust bei Veneers

In seinem Urteil vom 30.05.2011 (I-3 U 205/10) hat sich Oberlandesgericht (OLG) Hamm u. a. mit der Frage befasst, ob ein Zahnarzt bei einer Versorgung von Frontzähnen mit Veneers zu viel Zahnsubstanz zerstört hat. Das Urteil ist von Interesse, da es interessante Ausführungen zu den Standards bei einer Veneer-Behandlung macht, wobei es eingehend auf die Aufklärungspflichten des Zahnarztes eingeht.

Der Fall:

In dem konkreten Fall ließ sich eine Patientin Veneers an den Oberkieferfrontzähnen einsetzen. Nach der durchgeführten Versorgung reklamierte die Patientin, dass vor Aufbringen der Veneers die Frontzähne behandlungsfehlerhaft zu weit abgeschliffen worden seien. Bei den dann aufgebrachten Keramikschalen habe es sich schon definitionsgemäß nicht mehr um Veneers, sondern um Teilkronen gehandelt. Es sei fehlerhaft gewesen, dass über die Tiefe des Zahnschmelzes hinaus bis in das Dentin präpariert worden sei, was für das Aufbringen von Veneers viel zu viel gewesen sei. Zulässig sei nur ein Abtrag von 0,3 bis 0,5 mm der Zahnhartsubstanz. Zudem machte die Patientin geltend, dass sie von Seiten des Zahnarztes nicht ordnungsgemäß über die Risiken der Behandlung mit Veneers aufgeklärt worden sei, und zwar insbesondere nicht über die Schädigung der Pulpa sowie eine dauerhafte teils hochgradige thermische Empfindlichkeit und Abszedierung. Zudem sei sie über den Verlauf der Behandlung, insbesondere die Abschleifmaßnahmen sowie über Behandlungsalternativen, nicht aufgeklärt worden. Gegenüber ihrem Zahnarzt machte die Patientin einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von mindestens 8.000,00 Euro geltend und forderte zudem noch Kosten in Höhe von 177,12 Euro für eine zahnärztliche Nachbehandlung und Einholung eines Privatgutachtens ein.

Die Entscheidung:

Auf die Berufung der Patientin hin, änderte das OLG Hamm das Urteil der Vorinstanz ab und verurteilte den Zahnarzt an die Patientin Schmerzensgeld in Höhe von 8.177,12 Euro zzgl. Zinsen zu zahlen. Darüber hinaus wird in dem Urteil festgestellt, dass der Zahnarzt verpflichtet ist, einen weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen, der der Patientin aus der Behandlung bzgl. der Präparation ihrer vier Schneidezähne zukünftig noch entsteht.. Interessant ist, wie das OLG Hamm zu dieser Entscheidung kommt.

Kein Behandlungsfehler festgestellt

Dem Zahnarzt wird selbst kein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen bescheinigt. Der Beweis habe nicht erbracht werden könne, dass der Zahnarzt in fehlerhafte Weise zu viel Zahnsubstanz an den Frontzähnen vor Anbringen der Veneers abgeschliffen habe. Ausweislich des Votums des Sachverständigen ließe sich aus der Tatsache, dass die Veneers die Größe von Teilkronen erreicht hätten, nicht auf einen Fehler schließen. Definitionsgemäß handele es sich bei keramischen Verblendungen im Frontzahnbereich um Veneers und bei derartigen Versorgungen im Backenzahnbereich um Teilkronen. Ein Veneer im Frontzahnbereich könne also bei entsprechender Ausdehnung einer Teilkrone im Seitenzahnbereich entsprechen. Auch nach erneuter Nachfrage bei dem Sachverständigen könne nicht festgestellt werden, dass der Zahnarzt vorliegend zu viel abgeschliffen habe bzw. zu dicke Veneers aufgebracht habe. Unter Berücksichtigung der klinischen und radiologischen Befunde könnten auch keine Feststellungen mehr dazu getroffen werden, in welchem Ausmaß tatsächlich Zahnschmelz abgeschliffen wurde. Zwar sei an Teilen der Zähne bis ans Dentin geschliffen worden, wobei diese Vorgehensweise aber an der Anatomie des Zahnes gelegen habe und nicht auf einen Behandlungsfehler rückschließe.

Aufklärungspflicht verletzt?

Das OLG Hamm bejaht aber gleichwohl eine Haftung des Zahnarztes für sämtliche Folgen der zahnärztlichen Behandlung im Zusammenhang mit dem Einsetzen der Veneers, da die Patientin nicht hinreichend über die Risiken, die mit einer solchen Behandlung verbunden sind, aufgeklärt worden sei. Die Patientin sei insbesondere nicht über das Risiko einer Pulpitis, in deren Folge auch eine Abszedierung auftreten könne, aufgeklärt worden. Über ein solches Risiko hätte der Zahnarzt allerdings nach den Kriterien, die der BGH für die Risikoaufklärung entwickelt habe, aufklären müssen. Insoweit sei nämlich auch über seltene Risiken aufzuklären, wo sie, wenn sie sich verwirklichen, die Lebensführung schwer belasten und trotz ihrer Seltenheit für den Eingriff spezifisch, für den Laien überraschend sind. Nach diesen Maßstäben entfalle eine Aufklärungsverpflichtung des Zahnarztes also nicht deshalb, da eine Aufklärung in der zahnärztlichen Praxis nicht üblich sei, weil es sich um ein seltenes Risiko handele. Der Sachverständige habe erklärt, dass mit jedem Beschleifen von Zähnen das typische und spezifische Risiko einer Pulpitis verbunden sei. Bei diesem Risiko handele es sich nicht um eine absolute Rarität, sodass es für die Entscheidung der Patientin zur Durchführung der Behandlung nicht ohne jede Bedeutung gewesen wäre. Dies gelte insbesondere deshalb, weil das Einsetzen der Veneers im Wesentlichen auch aus kosmetischen Gründen erfolge. Pulpitis ist Risiko Nach den Feststellungen des OLG Hamm entwickelte sich bei der Patientin nach der Versorgung mit Veneers eine Pulpitis, womit sich das aufklärungsbedürftige Risiko in diesem Fall verwirklicht hatte. Aufgrund der damit einhergehenden Beschwerden und Beeinträchtigungen stünde der Patientin ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von 8.000,00 Euro zu. Darüber hinaus sei auch der Feststellungsantrag der Patientin hinsichtlich weiterer zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorhersehbarer immaterieller Schäden begründet, da solche Schäden bspw. der Verlust der Frontzähne durchaus noch möglich seien. In der Sache wurde die Revision zum BGH nicht zugelassen.

Bewertung:

Die Entscheidung des OLG Hamm zeigt einmal mehr, wie wichtig die Risikoaufklärung in der zahnärztlichen Praxis ist. Selbst wenn kein Behandlungsfehler vorliegt, kann eine nicht erfolgte Aufklärung über typische oder auch seltene Risiken zu einer Haftung des Zahnarztes führen, sofern sich das Risiko über das aufgeklärt werden musste, verwirklicht hat. Nach dieser Entscheidung ist jedenfalls dringend anzuraten, dass bei einer Versorgung mit Veneers auch über das Risiko einer Pulpitis aufgeklärt wird.

RA Michael Lennartz

 

 

Rechtstipp August 2011 Heilpraktiker fachkundiger als Zahnärzte?

Heilpraktiker fachkundiger als Zahnärzte?

Zahnärzte sind nicht berechtigt, Faltenunterspritzungen oder Botoxbehandlungen über den Bereich der Lippen hinaus vorzunehmen, sofern sie nicht über eine zusätzliche ärztliche Approbation oder eine Heilpraktikererlaubnis verfügen. Zu diesem Ergebnis kommt das Verwaltungsgericht Münster in seinem Urteil vom 19. April 2011 (Az.: 7 K 338/09). Im Auftrag einer Zahnärztin hatten wir eine Klage gegen die zuständige Zahnärztekammer eingereicht, mittels derer die Feststellung der Zulässigkeit von Unterspritzungen von Falten und Botoxbehandlungen im Gesichts- und Halsbereich durch Zahnärzte erfolgen sollte.

Das Gericht wies die Klage ab und führt zur Begründung aus, dass es sich bei den beabsichtigten Leistungen nicht um eine Ausübung der Zahnheilkunde handele, da Paragraf 1 Absatz 3 Zahnheilkundegesetz die Zahnärzte lediglich berechtige, alle Behandlungen vorzunehmen, die sich auf den Bereich der Zähne, des Mundes und des Kiefers beziehen. Obwohl Zahnärzte unstreitig auch berechtigt sind, extraorale Leitungsanästhesien vorzunehmen, erklärte das Gericht weiter, dass selbst dies nicht für eine Zulässigkeit von Faltenunterspritzungen oder Botoxbehandlungen durch Zahnärzte im Gesichts- und Halsbereich spreche, da in diesen Fällen die Anästhesien auf eine Behandlung innerhalb des Bereichs Zähne, Mund und Kiefer gerichtet seien.

Ebensowenig liege in der Erlaubnis der Vornahme der streitigen Maßnahmen durch Heilpraktiker eine Ungleichbehandlung im Sinne des Artikels 3 Grundgesetz, da der Bundesgesetzgeber berechtigt gewesen sei, bei der Definition der den Zahnärzten erlaubten Ausübung der Zahnheilkunde im Rahmen des Zahnheilkundegesetzes enge Grenzen zu ziehen.
Unberücksichtigt gelassen hat das Gericht in seiner Entscheidung unserer Auffassung nach, dass dieses Gesetz und insbesondere die hier streitentscheidende Definition zu einem Zeitpunkt formuliert wurden, als Faltenunterspritzungen und sonstige vornehmlich kosmetisch veranlasste Behandlungen noch reine Phantasie waren und daher vom Gesetzgeber in dessen Überlegungen nicht einbezogen werden konnten.

Zudem sollte der Regelungszweck – nämlich der Schutz des Patienten vor Behandlungen durch unzureichend ausgebildete Personen – nicht außer Acht gelassen werden. Da Zahnärzte im Vergleich zu Heilpraktikern oder fachlich fernliegenden ärztlichen Professionen (zum Beispiel Strahlentherapeuten) fachlich sicher in der Lage sind, die streitgegenständlichen Maßnahmen durchzuführen, besteht kein sachlicher Grund, ihnen im Gegensatz zu den vorgenannten Gruppen die entsprechende Erlaubnis zu versagen und – wie im vorliegenden Fall – sogar anzuraten, die Heilpraktikererlaubnis zu erlangen, um so rechtlich sicheres Terrain zu betreten. Der Hinweis des Gerichts, der Zahnarzt könne ja eine Heilpraktikererlaubnis erlangen, erscheint vor diesem Hintergrund wenig zielführend.

Trotzdem fügt sich das vorliegende Urteil leider in eine Reihe von Entscheidungen unterschiedlicher Gerichtszweige ein, welche ebenfalls von einer Unzulässigkeit der Durchführung von Faltenunterspritzungen und Botoxbehandlungen durch Zahnärzte ausgehen. Nicht zuletzt weil hierbei auch strafrechtliche Sanktionen – insbesondere im Hinblick auf Betrugs- und Körperverletzungsdelikte – drohen, sollten Zahnärzte von solchen Behandlungen Abstand nehmen, solange das Zahnheilkundegesetz den heutigen Begebenheiten noch nicht angepasst oder durch die Rechtsprechung eine zeitgemäße Auslegung vorgenommen wurde.

Rechtsanwälte Martin Voß und Sabine Warnebier, Münster 

 

 

Rechtstipp Juli 2011 PZR nur unter Aufsicht des Zahnarztes

PZR nur unter Aufsicht des Zahnarztes

„Zahnkosmetikerin“ darf keine PZR mit Airflow durchführen

Die Regelungen des Zahnheilkundegesetzes (ZHG) sind eindeutig. Nach Paragraf 18 Nummer 1 ZHG wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer die Zahnheilkunde ausübt, ohne eine Approbation oder Berufserlaubnis als Zahnarzt zu besitzen. Das Amtsgericht (AG) Nürtingen hat sich in seinem Urteil vom 17. März 2011 (Az.: 16 Cs 115 Js 93733/08) mit den Aktivitäten einer „Zahnkosmetikerin“ zu befassen, die Professionelle Zahnreinigungen (PZR) im Airflow-Verfahren durchführte. Es verurteilte sie wegen unerlaubter Ausübung der Zahnheilkunde zu einer Geldstrafe.

Das Amtsgericht (AG) Nürtingen hat sich in seinem Urteil vom 17. März 2011 (Az.: 16 Cs 115 Js 93733/08) mit den Aktivitäten einer „Zahnkosmetikerin“ zu befassen, die Professionelle Zahnreinigungen (PZR) im Airflow-Verfahren durchführte. Es verurteilte die Zahnkosmetikstudiobetreiberin wegen unerlaubter Ausübung der Zahnheilkunde zu einer Geldstrafe.

Der Ausgang dieses Strafverfahrens ist insbesondere für die Abgrenzung zwischen rein kosmetischen Behandlungen und Behandlungen, die einer zahnärztlichen Approbation bedürfen, von besonderem Interesse. Auch in anderen Bereichen, wie der Zahnaufhellung (Bleaching), gibt es zwischenzeitlich gewerbliche Anbieter, die „zahnkosmetische Behandlungen“ durchführen. Auch hier kann es durchaus zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen, da bestimmte Formen des Bleachings klar unter Zahnarztvorbehalt stehen. So darf ein sogenanntes internes Bleaching (Einführung des Bleichmittels durch eine Zugangskavität) und externes Bleaching ab einer bestimmten Bleichmittelkonzentration nur durch approbierte Zahnärztinnen und Zahnärzte erbracht werden.

In dem der Entscheidung des AG Nürtingen zugrundeliegenden Fall führte eine ausgebildete Zahnmedizinische Fachassistentin in ihrem Zahnkosmetikstudio Behandlungsmaßnahmen der ästhetischen Zahnheilkunde mit einem Airflow-Pulverstrahlgerät durch. Konkret wurde der Betreiberin des Zahnkosmetikstudios vorgeworfen, diese Behandlungsmaßnahmen in drei Fällen durchgeführt zu haben, ohne die Zahnheilkunde auszuüben beziehungsweise auf Anordnung eines berechtigten Zahnarztes im Wege der Delegation zu handeln.

Das AG Nürtingen kommt zu dem Ergebnis, dass die von der Zahnkosmetikstudiobetreiberin durchgeführte Entfernung von Zahnverfärbungen und Zahnbelag unter Verwendung eines Airflow-Geräts den Straftatbestand der Paragrafen 18 Nr. 1, 1 Absatz 1, Absatz 3 ZHG erfüllt, da es sich um die Ausübung von Zahnheilkunde handelt.

Einer Straftat nach Paragraf 18 Nr. 1, 1 Abs. 1, Abs. 3 ZHG mache sich nur schuldig, wer im Geltungsbereich des ZHG die Zahnheilkunde dauernd ausübe, ohne eine Approbation oder Berufserlaubnis zu besitzen. Die Zahnreinigung im Airflow-Verfahren sei Ausübung der Zahnheilkunde und unterfalle damit dem normierten Zahnarztvorbehalt. Bei der Verwendung von Luft-Pulver-Wasserstrahlgeräten würden kleinste Pulverpartikel verschiedener Stoffe (Salze, Metalle) mit Wasser von einem starken Luftstrom transportiert und konstruktionsbedingt an der Austrittsdüse beschleunigt. Beim Auftreffen dieser Teilchen auf die Oberfläche des Zahns führe diese Bewegungsenergie zu einem Substanzabtrag von Belägen auf dem Zahn und von Zahnhartsubstanz.

Sinn und Zweck des Zahnarztvorbehalts sei es, die berufsmäßige Behandlung und Erkennung von Krankheiten im Mund- und Kieferbereich sowie die dazugehörige Prophylaxe zum Schutz der Patienten vor Schäden durch fehlerhafte Beratung und Behandlung durch entsprechend qualifiziert ausgebildete Ärzte durchführen zu lassen. Die Normierung dieses strikten Zahnarztvorbehalts diene darüber hinaus auch dem Schutz der Volksgesundheit und dem Schutz der Gesellschaft vor finanziellen und volkswirtschaftlichen Folgeschäden, welche durch unsachgemäße Behandlungen durch nicht entsprechend ausgebildete Personen entstehen können.

Der Gesetzgeber habe nicht beabsichtigt, durch die Einführung des Paragrafen 1 Absatz 5 ZHG (Anm.: Möglichkeit der Delegation an qualifiziertes Personal), das zuvor bestehende Schutzniveau für den Patienten durch die Zuweisung aller individualprophylaktischer Tätigkeiten an den Zahnarzt abzusenken. Dies ergebe sich aus der amtlichen Begründung zur Einführung des Paragrafen 1 Absatz 5 ZHG, wonach davon ausgegangen werde, dass es unter fachlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht erforderlich sei, alle Leistungen an Patienten nur von approbierten Zahnärzten durchführen zu lassen, es jedoch erforderlich sei, dass die Tätigkeit nicht approbierten Personales jederzeit vom Zahnarzt kontrolliert und überwacht werden.

Von der diagnostischen Tätigkeit, welche allein dem Zahnarzt vorbehalten bleibe, könne die rein mechanische Tätigkeit der Zahnreinigung nicht getrennt werden. Entscheidend in diesem Zusammenhang sei nicht, ob die rein mechanische Tätigkeit der Zahnreinigung ausschließlich kosmetische Zwecke verfolge. Maßgeblich sei die Erkenntnis, dass auch Eingriffe, die zu ästhetischen Zwecken vorgenommen würden, gesundheitliche Schädigungen verursachen können und daher dem Schutzzweck des ZHG unterfallen.

Die professionelle Zahnreinigung im Rahmen des Airflow-Verfahrens führe nach den anschaulichen und nachvollziehbaren Ausführungen des zugezogenen Sachverständigen auf kariesfreiem Zahnschmelz zu keinen Beschädigungen der Schmelzoberfläche. Einschränkungen würden sich insoweit jedoch in Bezug auf Zahnschmelz mit einer initialen Demineralisation ergeben, welcher durch die Bearbeitung mit Wasser-Pulverstrahlgeräten so beschädigt werden könne, dass eine Remineralisation nicht mehr möglich sei. Bei Patienten mit hohem Plaqueaufkommen und Remineralisation dürften Beläge auf den Zähnen nicht primär mit einem Wasser-Pulverstrahlgerät entfernt werden. Um dies zu erkennen, seien medizinische Kenntnisse erforderlich. Darüber hinaus handele es sich bei einer irreversiblen Demineralisation des Zahnschmelzes um einen erheblichen Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten mit der Folge, dass die Tätigkeit grundsätzlich dem Zahnarztvorbehalt unterfalle.

Am Anfang eines zu delegierenden Prophylaxefalls würde immer Diagnose und Anordnung entsprechender Maßnahmen aufgrund einer allein dem Zahnarzt vorbehaltenen Ermessensentscheidung stehen. Im Rahmen der Therapieplanung könne der Zahnarzt sodann prophylaktische Leistungen an entsprechend qualifiziertes Personal delegieren, wobei die jederzeitige Kontrolle gewährleistet sein müsse. Dass die Angeklagte vor Durchführung der Airflow-Behandlung gegebenenfalls verlangt habe, dass vor der Behandlung eine zahnärztliche Kontrolle stattgefunden hat, genüge nicht.

Die Zahnkosmetikstudiobetreiberin konnte sich auch nicht mit ihrem Argument durchsetzen, dass unter anderem das Zähneputzen mittels einer Zahnbürste bei dieser Auslegung nach dem ZHG strafbar sein würde. Nach Auffassung des AG Nürtingen sind die bei einer Behandlung der Zähne im Airflow-Verfahren potenziell möglichen Folgeschäden an den Zähnen der Patienten nicht mit „Zähneputzen“ vergleichbar, da bei diesem Verfahren ein vielfach höherer Druck auf die Zähne ausgeübt wird

Das AG Nürtingen verurteilte die Zahnkosmetikstudiobetreiberin wegen dreier Vergehen der unerlaubten Ausübung der Zahnheilkunde zu einer Gesamtgeldstrafe von 15 Tagessätzen à 20 Euro. Als strafmittelmildernd wurde unter anderem berücksichtigt, dass die Angeklagte eine einschlägige Berufsausbildung und langjährige Berufsausführung hatte und den Patienten/Kunden letztlich kein gesundheitlicher Schaden entstanden war.

Mit seiner Entscheidung stellt das AG Nürtingen unmissverständlich fest, dass der Zahnarztvorbehalt kein Selbstzweck ist, sondern dem Schutz der Patienten dient. Es kann nicht angehen, dass in sogenannten „Zahnkosmetikstudios“ Zahnheilkunde betrieben wird. Diese Entscheidung wird dazu beitragen, dass es sich „Zahnkosmetikstudiobetreiber“ sehr genau überlegen werden, welche Leistungen sie anbieten. Zur Vermeidung von strafrechtlichen Konsequenzen werden sie sich auf rein kosmetische Leistungen beschränken müssen. Hierbei darf es auch bei den eingangs erwähnten „Bleaching-Maßnahmen“ keine Grauzonen geben.

RA Michael Lennartz, Bonn

 

 

Rechtstipp Juni 2011 Anwendbarkeit des Datenschutzrechts im Rahmen des zahnärztlichen Wirkens

Anwendbarkeit des Datenschutzrechts im Rahmen des zahnärztlichen Wirkens

Ende März dieses Jahres haben die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) in einem gemeinsamen Leitfaden zu „Datenschutz- und Datensicherheit für die Zahnarztpraxis-EDV“ veröffentlicht. Nicht nur ich, auch zahlreiche weitere mit der juristischen Beratung der Zahnärzteschaft befasste Kolleginnen und Kollegen haben daraufhin Anrufe von besorgten Zahnärzten erhalten. Grund genug, das Problem des Datenschutzes in der Zahnarztpraxis in einer kleinen Beitragsserie einmal näher zu beleuchten.

Neben den im gemeinsamen Leitfaden aus hiesiger Sicht zu kurz gekommenen datenschutzrechtlichen Grundlagen sind dabei vor allem ergänzende und zum Teil klarstellende Aussagen zu den Themenkomplexen der elektronischen Behandlungsdokumentation, des Outsourcings sowie der Verpflichtung zur Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten geboten. Neben den theoretischen Grundlagen werden dabei auch Handlungsoptionen des Zahnarztes konkret aufgezeigt und bewertet. Im ersten Teil der Serie ging es um die Frage Datenschutz und rechtliche Grundlagen wie das Bundesdatenschutzgesetz. Für die vertragszahnärztliche Versorgung hat der Gesetzgeber Datenschutzregelungen auch im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) für die Gesetzliche Krankenversicherung festgehalten. Der folgende Beitrag befasst sich mit dem Datenschutz in der privatzahnärztlichen Versorgung.

Im Rahmen der privatzahnärztlichen Behandlung verbleibt es bei der Anwendung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Die hier normierten Pflichten werden jedoch durch die speziellen Anforderungen des zahnärztlichen Berufsrechts und ihrer (strafgesetzlichen und -prozessualen) Absicherung verschärft, gegebenenfalls sogar aufgehoben.
Der Zahnarzt übt gemäß Paragrafen 1, 2 der Musterberufsordnung für Zahnärzte (MBOZ) einen freien und unabhängigen Beruf aus. Dabei unterliegt er strafbewehrten berufsrechtlichen Geheimhaltungspflichten. Paragraf 7 MBOZ verpflichtet den Zahnarzt, über alles, was ihm in seiner Eigenschaft als Zahnarzt anvertraut und bekannt geworden ist, gegenüber Dritten Verschwiegenheit zu wahren.

Diese berufsrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtung wird strafrechtlich durch die Norm des Paragrafen 203 Strafgesetzbuch (StGB) flankiert, der die unbefugte Offenbarung fremder Geheimnisse durch besonders benannte Geheimnisträger unter Strafandrohung stellt. In Paragraf 203 Absatz 1 Nummer 1 BDSG wird der Zahnarzt als Adressat und möglicher Täter der vorbenannten Strafnorm bezeichnet. Dem in Paragraf 203 Absatz 1 Satz 1 Genannten stehen gemäß Paragraf 203 Absatz 3 StGB ihre berufsmäßig tätigen Gehilfen und die Personen gleich, die bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind.

Korrespondierend mit der Verpflichtung des Zahnarztes, ihm anvertraute Geheimnisse keinem Dritten zu offenbaren, finden sich die in der Strafprozessordnung (StPO) normierten Zeugnisverweigerungsrechte der Paragrafen 53 Absatz 1 Nummer 3 StPO (für den Zahnarzt) und des Paragrafen 53a Absatz 1 StPO (für seine Gehilfen und die Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an seiner berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen). Die strafrechtlichen Bestimmungen schützen – wie das Berufsrecht – vornehmlich das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Es geht hier also nicht primär um den Datenschutz, das heißt den Schutz vor der Verwendung personenbezogener Daten im Lichte des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung, sondern vorwiegend um den Schutz des zwischen Arzt und Patient bestehenden und von Verfassung wegen garantierten Vertrauensverhältnisses.

Festzuhalten bleibt damit, dass weder das Strafrecht noch das zahnärztliche Berufsrecht originäres Datenschutzrecht darstellen. Die hier normierten Verpflichtungen an den Zahnarzt strahlen allenfalls auf das Datenschutzrecht aus.

Wegen dieser Ausstrahlwirkung der zahnärztlichen Berufspflichten auf das Datenschutzrecht und mit Blick auf die Vorschrift des Paragrafen 1 Absatz 3 BDSG wird vertreten, dass die Bestimmungen des BDSG gegenüber der in Paragraf 7 MBOZ enthaltenen Verschwiegenheitsverpflichtungen subsidiär seien. Alle Daten, die unter das Arztgeheimnis fallen, wären dementsprechend dem Anwendungsbereich des BDSG vollständig entzogen. Übrig blieben lediglich Daten ohne jeglichen Bezug zur eigentlichen zahnärztlichen Tätigkeit, wie dies bei Daten des Büropersonals und beispielsweise bei Lieferantendaten der Fall sein mag.

Die herrschende Meinung vertritt hingegen die Ansicht, dass die Anwendung des BDSG durch die Regelung des zahnärztlichen Berufsrechts grundsätzlich nicht verdrängt, sondern lediglich ergänzt wird. Die Subsidiarität tritt bezogen auf den Zahnarzt nur dann ein, wenn die spezielleren Regelungen des zahnärztlichen Berufsrechts inhaltlich einen Reglungsgegenstand des BDSG umfassen. Werden bestimmte Sachverhalte durch die spezifischen Regelungen hingegen nicht erfasst, so bleibt das BDSG anwendbar.
Da die Zahnärzteschaft in heutiger Zeit fast vollständig automatisiert Daten verarbeitet, sind auch Zahnärzte damit grundsätzlich potenzielle Adressaten der datenschutzrechtlichen Normen des BDSG. Die Anwendung des Datenschutzrechtes ist daher nur dort begrenzt, wo das Berufsgeheimnis vorgeht. Im Einzelnen ergibt sich damit nachfolgend beschriebenes Bild.

Auskunfts- und Benachrichtigungspflichten gegenüber dem Patienten?

Gemäß Paragraf 34 Absatz 1 BDSG hat die verantwortliche Stelle dem Betroffenen auf Verlangen Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten, den Empfängern, an die Daten weitergegeben werden, und den Zweck der Datenspeicherung zu erteilen. Nach Paragraf 33 Absatz 1 BDSG ist der Betroffene für den Fall, dass erstmals personenbezogene Daten für eigene Zwecke ohne seine Kenntnis gespeichert werden, von der Speicherung zu benachrichtigen (Paragraf 33 Abs. 1 BDSG). Die Benachrichtigungspflicht besteht nicht, wenn der Betroffene auf andere Weise Kenntnis von der Speicherung seiner personenbezogenen Daten erlangt oder die Daten nur deshalb gespeichert sind, weil sie aufgrund gesetzlicher, satzungsmäßiger oder vertraglicher Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen.

Auskunftspflichten gegenüber Datenschutzkontrollinstanzen?

Nach Paragraf 38 BDSG wird die Ausführung des BDSG durch die Aufsichtsbehörden der Länder kontrolliert. Die der Kontrolle unterliegenden privaten Stellen sowie die mit deren Leitung beauftragten Personen haben der Aufsichtsbehörde gemäß Paragraf 38 Absatz 3 BDSG auf Verlangen die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte unverzüglich zu erteilen. Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft solcher Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in Paragraf 383 Absatz 1 Nummern 1 bis 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.

Vor allem die Datenschutzbeauftragten der Länder sind der Ansicht, die Auskunftspflicht des Paragrafen 38 BDSG treffe auch den Zahnarzt. Dies ergebe sich aus einer Zusammenschau des Paragrafen 38 Absatz 4 Satz 3 BDSG in Verbindung mit Paragraf 24 Absatz 6 BDSG und Paragraf 2 Nummer 2 BDSG. Den Datenschutzkontrollinstanzen stünden daher umfassende Auskunfts- und Besichtigungsansprüche zu.

RA Dr. Robert Kazemi, Bonn