Urteil vom 10.04.2024
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) stellt mit Urteil vom 10.04.2024 (Az.: L 11 KA 36/20) klar, dass ein Fachzahnarzt für Parodontologie und Oralchirurgie insbesondere bei Zielüberweisungen die BEMA-Nr. 04 für Untersuchung mithilfe des parodontalen Screening-Index (PSI) nicht abseits des Überweisungsauftrags erheben darf.
Hintergrund:
Der Kläger ist Fachzahnarzt für Parodontologie und für Oralchirurgie und zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Er setzt das PSI-Verfahren regelhaft ein, auch für Patienten, die mit Zielauftrag an die Praxis überwiesen werden. Er war schon mehrfach (1/2007 bis 4/2008, 1/2010 bis 4/2011, 1/2013 bis 4/2013 sowie 1/2014 bis 4/2014) auf die Gebührennummer 04 geprüft worden und von der Prüfungsstelle auf Abweichungen aufmerksam gemachen worden.
Mit Beschluss vom 10. Juli 2018 kürzte die Prüfungsstelle sodann das Honorar des Klägers bzgl. der Gebührennummer 04, soweit der allgemeine Durchschnitt dieser Leistung um mehr als 400 % überschritten wurde.
Der Kläger trug zur Begründung vor: Hinsichtlich der beanstandeten Leistungen nach Gebührennummer 04 lägen ausreichend Praxisbesonderheiten vor, um etwaige Überschreitungen vollständig aufzuklären. Zudem habe die Gebührennummer 04 eine Ausnahmestellung. Der Parodontale-Screening-Index (PSI) sei dazu da, um aus dem Kollektiv kranke Patienten herauszufiltern.
Aus den Entscheidungsgründen:
Anders als im Bundesmantelvertrag für die Ärzte gebe es im BMV-Z zwar keine entsprechende ausdrückliche Regelung. Aus § 8 Abs. 3 Satz 2 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe folge jedoch, dass der Zahnarzt u.a. eine Überweisungsbehandlung über den begrenzten Auftrag und die notwendigen Maßnahmen hinaus nicht ausdehnen dürfe.
„Ist ein Zielauftrag nicht hinreichend präzise, ist er demgegenüber verpflichtet, beim Überweiser Nachfrage zu halten (Senat, Urteil vom 9. Juli 2014 – L 11 KA 142/11 zu Vertragsärzten).“
Unabhängig von dieser Frage sei weder erkennbar noch durch den Kläger hinreichend substantiiert vorgetragen, in welchem Fällen, in denen ihm Patienten zur chirurgischen Behandlung überwiesen worden sind, einzelfallbezogen ein PSI erforderlich gewesen sei.
„Der Beklagte verweist insofern zutreffend darauf, dass es auch bei Berücksichtigung des Vortrages bezogen auf unkorrekte/unvollständige Zielaufträgen nicht nachvollziehbar sei, woraus sich regelmäßig die Notwendigkeit eines Screenings bei Patienten ergeben solle, die für chirurgische Maßnahmen wie z.B. Wurzelspitzenresektionen oder Osteotomien zugewiesen werden. Der Beklagte hat sich diesbezüglich auf die Auswertung von 26 gesichteten Behandlungsfällen aus dem Quartal 1/2015 gestützt. In 24 der gesichteten Fälle lagen Überweisungen vor; gleichfalls in 24 der Fälle wurde ein PSI-Code erhoben. In 20 Fällen erfolgte die Überweisung mit überwiegend chirurgischen Zielaufträgen.
Auch die Erwägung des Beklagten, dass der nahezu flächendeckende Einsatz des PSI nicht im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben der vertragszahnärztlichen Tätigkeit steht, ist im Hinblick auf die obigen Erwägungen beurteilungsfehlerfrei.“
Letztlich sei die Einlassung des Klägers besser, gründlicher und sorgfältiger als die Fachkollegen zu praktizieren, nicht geeignet, objektiv festgestellt und als Praxisbesonderheit anerkannt zu werden. Dabei handle es sich gerade nicht um Umstände, die in der Patientenstruktur liegen, sondern die – wenn sie zutreffen sollten –arztbezogen seien.