Geplantes Zertifizierungsverfahren für die Abrechnungs-Praxissoftware

Anlässlich der heutigen Anhörung des Gesundheits-Digitalagentur-Gesetzes (GDAG) im Gesundheitsausschuss des Bundestages rügt die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) das geplante Zertifizierungsverfahren für die Abrechnungs-Praxissoftware.

Die KZBV unterstütze das mit dem GDAG verfolgte Ziel der Digitalisierung im Gesundheitswesen, stellte ihr stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl-Georg Pochhammer klar. „Die vorgesehenen Maßnahmen müssen allerdings zu einem spürbaren Mehrwert für die Patientinnen und Patienten sowie die Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte führen“, betonte er.

Das mit dem GDAG geplante Abrechnungsverbot gefährde jedoch die Existenz der Praxen und damit die Gesundheitsversorgung: „Die Hersteller von Praxissoftware sollen künftig ein neues Zertifizierungsverfahren durchlaufen. Fällt das Produkt ihres Software-Herstellers durch, dürfen Zahnarztpraxen dieses nicht mehr nutzen; andernfalls laufen sie Gefahr, die von ihnen erbrachten Leistungen nicht mehr abrechnen zu dürfen.“

Die Praxen selbst hätten keinen Einfluss auf die Umsetzung der gesetzlichen Regelungen durch die Software-Hersteller und infolge der vorgegebenen Frist nicht genug Zeit, um gegebenenfalls den sehr aufwendigen Prozess eines Softwarewechsels anzustoßen.

Die Terminvergabe gehört nicht in die Hände der Krankenkassen

Darüber hinaus schaffe die im GDAG vorgesehene Weiterentwicklung der digitalen Terminvergabe, die eine Normierung der Anforderungen an digitale Terminbuchungsplattformen durch die KZBV vorsieht, einen erheblichen Mehraufwand für alle Beteiligten.

Pochhammer: „Die geplante Regelung lässt viele Punkte offen, etwa die Folgen für die freie Zahnarztwahl sowie Fragen des Datenschutzes und der Finanzierung. Sie bietet keinen erkennbaren Mehrwert für die Versorgung, sondern schafft nur zusätzliche Bürokratie für die Vertragszahnärzteschaft. Erst recht ist die Idee, Krankenkassen die Terminvermittlung zu überlassen, strikt abzulehnen. Der Aufbau von Parallel- und Doppelstrukturen ist weder wirtschaftlich, noch geeignet, begrenzte Behandlungskapazitäten besser auszuschöpfen. Die Terminvergabe ist grundlegende Aufgabe der Zahnarztpraxen.“

Die Stellungnahme der KZBV zum GDAG-Regierungsentwurf finden Sie auf der Website unter: KZBV – Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz.

Füllungstherapie im Blick

Innerhalb der Zahnheilkunde stellt die Füllungstherapie ein echtes Schwergewicht dar. Schließlich macht sie bei vielen Praxen einen wesentlichen Teil des Arbeitsalltags aus und zählt damit zum sogenannten Brot- und Buttergeschäft der Zahnmedizin. In Zahlen: Die Einzelleistungsstatistik im Bereich konservierend-chirurgische Behandlung 2022 weist für die GKV eine Zahl von 44,9 Millionen Füllungen in Deutschland aus.

Neue Erkenntnisse sowie neue Regularien machen es für die Praxen dabei aktuell besonders attraktiv, sich mit bewährten und innovativen Materialien und Konzepten zu beschäftigen. Das sprichwörtliche Füllhorn an Möglichkeiten präsentiert vom 25. bis zum 29. März 2025 die Internationale Dental-Schau (IDS).

Zahnfarben, substanzschonend, haltbar

Bei der Füllungstherapie könnte es sich wohl um die älteste zahnmedizinische Disziplin überhaupt handeln. Immerhin konnten Forscher selbst bei aus dem Neolithikum stammenden Funden entsprechende Behandlungen dokumentieren. So berichtete etwa eine Publikation aus dem Jahr 2012 von einem 6.500 Jahre alten Unterkiefer aus Slowenien, in dem ein Eckzahn Spuren einer Füllung aus Bienenwachs aufwies. Auch heute noch kommen Wachse in Praxis und Labor zum Einsatz, etwa als kieferorthopädisches Wachs oder für Wax-ups. Als Füllungsmaterialien steht heute jedoch eine ganze Reihe anderer Werkstoffe bereit, die aufgrund ihrer verschiedenen Eigenschaften bei unterschiedlichen Indikationen überzeugen.

Großer Beliebtheit erfreuen sich die bei Patienten häufig als Kunststofffüllungen bekannten Komposite. Neben ihrer zahnfarbenen Anmutung bringen sie eine lange Haltbarkeit von rund zehn Jahren mit und ermöglichen darüber hinaus eine substanzschonende Arbeitsweise – ein Aspekt, der vielen Patienten wichtiger ist, als man womöglich zunächst denkt. Was ihren Indikationsbereich betrifft, so lieferte erst kürzlich eine vielbeachtete S3-Leitlinie mit dem Titel „Direkte Kompositrestaurationen an bleibenden Zähnen im Front- und Seitenzahnbereich“ aktualisierte Empfehlungen.

Starke Empfehlungen sprechen die Autoren sowohl für die Verwendung direkter Kompositmaterialien zur Restauration von Defekten der Klassen III und IV als auch für die Anwendung direkter Kompositmaterialien für Zahnformkorrekturen im Frontzahnbereich aus. Ebenfalls interessant: Ein starker Konsens besteht für die Empfehlung zur Politur von Kompositrestaurationen, um eine Oberflächenvergütung und eine Reduktion der Plaqueanlagerung zu erreichen. Wer sich also auf der Suche nach Optimierungspotenzial in der Füllungstherapie durch die Messehallen bewegt, für den kann es sinnvoll sein, den Blick auf Polierscheiben, -spitzen und -bürstchen auszuweiten.

Komposite selbst stehen der Praxis sowohl in Varianten für den Einsatz in der Mehrschicht-Technik als auch für die Bulkfill-Technik zur Verfügung. Auf der IDS lässt sich nicht nur die gesamte Palette entsprechender Materialien in Augenschein nehmen, daneben können die ebenfalls benötigten Adhäsiv- und Matrizensysteme sowie Polymerisationslampen verglichen und bewertet werden.

Füllungen ohne Adhäsiv

Ohne den Einsatz von Adhäsiven lassen sich Glasionomerzemente (GIZ) applizieren, sie haften auf chemische Weise direkt an der natürlichen Zahnsubstanz. Daraus ergibt sich ein vereinfachtes Handling, bei dem außerdem auf Materialschichtung verzichtet werden kann. Ein weiterer Vorteil: Glasionomerzemente geben Fluorid an ihre Umgebung ab und entfalten somit eine kariostatische Wirkung.

Da diese Vorteile allerdings auch mit einer geringeren Haltbarkeit einhergehen, stellen sie insbesondere für provisorische Versorgungen, beispielsweise in der Kinderzahnheilkunde, eine attraktive Option dar. Hinzu kommt der Einsatz bei kleinen bis mittelgroßen kautragenden Füllungen der Klassen I und II sowie im Zahnhalsbereich (Klasse V).

Technische Weiterentwicklungen in den vergangenen Jahren haben neben den klassischen Glasionomerzementen bereits hochvisköse und kunststoffmodizierte Varianten hervorgebracht. Ein weiter vereinfachtes Handling (Stopfbarkeit) oder verbesserte mechanische Eigenschaften zählen hier zu den wesentlichen Fortschritten. Einen vollständigen Überblick über die verschiedenen bewährten Materialvarianten hält die IDS bereit.

Vorteile aus beiden Welten

Wer sich die jeweiligen Stärken von Glasionomerzementen und Kompositen vergegenwärtigt, der kann leicht auf den Gedanken kommen: Warum nicht die Vorteile aus beiden Welten vereinen? Diesem Ansatz folgen gleich zwei Materialklassen: Kompomere und selbstadhäsive Komposit-Hybrid-Kunststoffe. Letztere haben trotz vielversprechender Eigenschaften aufgrund ihres Neuheitenstatus noch keinen flächendeckenden Einsatz in der Praxis erfahren. Kompomere hingegen sind in der Kinderzahnheilkunde bei Klasse-II-Füllungen im Seitenzahnbereich zum Standardmaterial avanciert – die nötige Kooperation der jungen Patienten vorausgesetzt.

Bereits am Namen lässt sich erkennen: Hier handelt es sich um ein Hybridmaterial an der Schnittstelle von Komposit und Glasionomerzement. Ebenso wie Komposite müssen auch Kompomere lichtgehärtet werden. Zusätzlich weisen sie jedoch eine chemische Selbsthärtung auf. Neben Milchzahnkavitäten sind Kompomere hauptsächlich für die Versorgung von Zahnhalsdefekten oder Klasse-III-Frontzahnkavitäten indiziert.

Fazit für die Praxis

Um die aktuellen Herausforderungen in der Füllungstherapie adäquat zu beantworten, stehen der zahnärztlichen Praxis eine Reihe verschiedener Materialien sowie dazugehörige Hilfsmittel rund um Polymerisation, Politur und Co. zur Verfügung. Ein umfassender Abgleich bewährter und neuer Werkstoffe lässt sich besonders gut auf der IDS 2025 vornehmen. Denn hier besteht die Möglichkeit, die gesamte Bandbreite an Anbietern und Produkten kennenzulernen und einzelne Optionen auf die Relevanz für die eigene Praxis hin zu prüfen.

Marius Urmann, Bad Homburg

Bürokratieaufwand in Praxen ist unzumutbar

Ärzte und Patienten in Deutschland leiden zunehmend an der Bürokratielast in Arztpraxen, so eine aktuelle Umfrage. Und 73 Prozent der Befragten empfinden den Bürokratieaufwand dort als zu hoch.

Ärzte und Patienten in Deutschland leiden immer mehr an der Bürokratielast in Arztpraxen, ergab eine aktuelle YouGov Umfrage im Auftrag des Health-Tech-Unternehmens Nelly. Und 73 Prozent der Befragten erachten demnach den Bürokratieaufwand als zu hoch. Gleichzeitig kritisieren 65 Prozent, dass die Politik nicht genug für die Digitalisierung im Gesundheitswesen unternimmt. Das Berliner Startup-Unternehmen Nelly und YouGov wollen mit ihrer Umfrage Einblicke in die Zufriedenheit der Deutschen mit der Digitalisierung in Arztpraxen geben. Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 2.248 Personen zwischen dem 26. und 29.07.2024 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind nach Angaben von Nelly repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.

Auf die Frage: „Denken Sie, dass die Politik genug tut, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben?“ antworteten 45 Prozent mit „eher nicht“ und 19 Prozent mit „Nein, auf keinen Fall.“ Und auf die Frage: „Und wie empfinden Sie den Bürokratieaufwand in Arztpraxen?“ antworteten 43 Prozent mit „eher hoch“ und 30 Prozent mit „sehr hoch.“

Viele Ärzte würden zwar den Bedarf an digitalen Lösungen erkennen, die Umstellung gestalte sich in der Praxis aber schwieriger als erwartet, heißt es bei Nelly dazu weiter. Das habe ernste Konsequenzen: Termine würden seltener vergeben, Wartezeiten verlängerten sich und das Konfliktpotenzial zwischen Personal und Patienten steige.

Patienten bemerken fehlenden Einsatz der Politik

„Die Menschen verstehen die Herausforderungen der Ärzte. Trotzdem haben sie genug von langen Wartezeiten und Stress beim Arzt“, erklärt Niklas Radner, Mitbegründer und CEO von Nelly. Zusammen mit seinem Team um Dr. Tobias Heuer, Laurids Seibel, Lukas Eicher und Rasmus Schulz erkannte er, dass Praxen die Digitalisierung selbst in die Hand nehmen müssen. „Auf die Politik zu hoffen, bringt nicht die nötigen Fortschritte. Die digitale Transformation muss praktisch umsetzbar sein: ohne große Investitionen und ohne, dass der Praxisalltag umgestellt werden muss“, kommentiert Radner.

Aus der Umfrage geht außerdem hervor, dass auch Patienten zunehmend die Konsequenzen zu spüren bekommen. Ein Großteil der Befragten sieht demnach das Problem in der Politik, die nicht genug unternehme, um den digitalen Wandel voranzutreiben. Dabei wollten Praxen ihre Angestellten nicht mit neuer Technik überfordern, aber es sei gerade der Bürokratie- und Verwaltungsaufwand, der so viel Stress in ihren Arbeitsalltag bring – und sich letztlich auch auf die Patienten auswirke, heißt es.

Das Berliner Startup Nelly konzentriert sich auf die Digitalisierung administrativer Prozesse in Arztpraxen. Es zielt nach eigenen Angaben darauf ab, den Verwaltungsaufwand für Ärzte, medizinisches Personal und Patienten zu minimieren.

Amalgam-Ausstieg endgültig beschlossen

Mit der Annahme durch den Rat Ende Mai wurde der Amalgam-Ausstieg in der EU ab Januar 2025 endgültig beschlossen. Das Europäische Parlament hatte bereits am 10. April mit einer Mehrheit von 98 Prozent zugestimmt. Nach der Unterzeichnung durch die Präsidenten des Europäischen Parlaments und des Rates wird der Rechtsakt nun im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und tritt in Kraft.

Mit durchschnittlich 0,6 Gramm pro Füllung und einem Gesamtverbrauch von 40 Tonnen Quecksilber pro Jahr ist Dentalamalgam die größte verbleibende Verwendung von Quecksilber in der EU und trägt zudem erheblich zur Umweltverschmutzung bei. Die Verwendung von Amalgam ist nicht nur ein lokales Problem, sondern eine internationale Bedrohung, da die Quecksilberverschmutzung über die Luft- und Wasserwege grenzüberschreitend ist.

Gewässer in der EU mit Quecksilber kontaminiert

Die Umweltbedingungen sind bereits alarmierend: 40 Prozent der Oberflächengewässer in der EU sind mit Quecksilber kontaminiert, was eine Gefahr für Vögel und Meeressäugetiere darstellt, die sich von kontaminierten Fischen oder Schalentieren ernähren, und auch den menschlichen Verzehr von Fisch gefährdet.

Florian Schulze, Leiter der IG Umwelt Zahnmedizin und Direktor des European Networks for Environmental Medicine zeigt sich erleichtert: „Dentalamalgam besteht zu 50 Prozent aus hochgiftigem Quecksilber und gefährdet sowohl Patienten als auch Zahnärzte und zahnärztliche Fachkräfte. Vor allem junge Frauen sollten keine Quecksilberdämpfe einatmen und damit ihr Baby oder eine zukünftige Schwangerschaft gefährden. Alternativen sind bewährt, kostengünstig, sicher, ebenso haltbar und vor allem zahnfreundlicher.“

Die Verordnung sieht folgende Maßnahmen vor:

  • Ab dem 1. Januar 2025 darf Amalgam in der Union nicht mehr für zahnärztliche Behandlungen verwendet werden, es sei denn, der Zahnarzt erachtet eine solche Behandlung wegen der spezifischen medizinischen Erfordernisse bei dem jeweiligen Patienten als zwingend notwendig.
  • In Mitgliedstaaten, in denen Dentalamalgam das einzige Material ist, das nach nationalem Recht zu mindestens 90 Prozent öffentlich erstattet wird, und in denen eine solche Erstattung für quecksilberfreie Alternativen ab dem 1. Januar 2025 noch nicht möglich ist darf Dentalamalgam bis zum 30. Juni 2026 für zahnärztliche Behandlungen verwendet werden, um die sozioökonomischen Auswirkungen der schrittweisen Abschaffung von Zahnamalgam, insbesondere für Patienten mit geringem Einkommen, zu begrenzen. Die Mitgliedstaaten sollten begründete Erklärungen für die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung vorlegen.
  • Ab dem 1. Januar 2025 ist der Export von Dentalamalgam verboten und ab dem 1. Juli 2026 sind auch der Import und Herstellung von Amalgam verboten. Ausgenommen hiervon sind die Einfuhr und die Herstellung von Zahnamalgam für bestimmte medizinische Zwecke.
  • Bis zum 31. Mai eines jeden Kalenderjahres müssen Importeure und Hersteller von Dentalamalgam ihrer zuständigen Behörde für das vorangegangene Kalenderjahr die Menge des von ihnen eingeführten oder hergestellten Dentalamalgams melden.
  • Bis zum 31. Dezember 2029 muss die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat darüber Bericht erstatten, ob es notwendig ist, die Ausnahme vom Verbot der Verwendung von Dentalamalgam beizubehalten.

Hauptproblem der Freiberufler bleibt die Personalnot

Die Arbeitslosigkeit steigt wieder, für Freiberufler bleibt jedoch der Fachkräftemangel mit Abstand das größte Problem. Das zeigt eine neue Umfrage des Bundesverbandes der Freien Berufe (BFB).

„Der Fachkräftemangel ist für die Freien Berufe das größte Problem“, bekräftigte BFB-Präsident Friedemann Schmidt mit Verweis auf eine Umfrage unter den BFB-Mitgliedsorganisationen zwischen 19. März und 9. April 2024.

„Für mehr als die Hälfte der teilnehmenden Organisationen war dies der problematischste Aspekt von sechs“, führte Schmidt aus. Als zweitgrößtes Risiko für die Freien Berufe stuften die Befragten bürokratische Belastungen ein: Rund ein Drittel sahen hier eine gravierende Herausforderung. Auf Position drei rangierte der Vertrauensverlust durch geringer gewordene Verlässlichkeit politischer Entscheidungen, für jeden Zehnten eine zentrale Belastung. Als vergleichsweise weniger problematisch nehmen die Freiberufler dagegen steuerliche Belastungen (Rang vier), zu hohe Energiekosten (Rang fünf) und eine unzureichende Infrastruktur (Rang sechs) wahr.

Fachkräftemangel und bürokratische Belastungen sind zu Dauerproblemen geworden

„Der Fachkräftemangel und bürokratische Belastungen haben sich als Dauerprobleme verfestigt, zudem steigt die Verunsicherung, fehlt Planungssicherheit“, erklärte Schmidt. Beim Fachkräftemangel gelte es, alle verfügbaren Potenziale zu heben: „Hier sollten wir auch die junge Generation in den Blick nehmen. Wir brauchen nicht nur eine frühzeitigere, breitere Berufsorientierung, die auch vorurteilsfrei den Weg in die Selbstständigkeit aufzeigt. Wir müssen auch dafür sorgen, dass mehr junge Menschen überhaupt einen Schulabschluss machen, und die Zahl der Ausbildungsabbrüche nach unten drücken.“

Gerade bei uns Freien Berufen würden Fachkräftemangel und Bürokratiebelastungen ineinandergreifen. „Wir brauchen einen beherzten Bürokratieabbau, auch um in puncto Personalnot die Ressource Zeit zu schonen, damit wir Freie Berufe uns um unsere Patientinnen, Mandanten, Klientinnen und Kunden kümmern können, statt administrativen Aufwand zu betreiben“, forderte Schmidt. Damit die Freien Berufe ihre Potenziale entfalten können, müssten überdies die Rahmenbedingungen verlässlich sein.

Patientenzentrierung entscheidet über Erfolg in der PAR-Therapie

Patienten in Entscheidungsprozesse einbeziehen und Schmerzen kontrollieren

Parodontitis-Therapie ist ein erfolgreiches Konzept, aber nur wenn Patienten langfristig zu ihren Recall-Terminen (UPT) erscheinen. Das ist sehr häufig nicht der Fall, die Adhärenz-Rate beträgt im ungünstigen Fall nur etwa ein Drittel [1]. Verschiedene Strategien können dazu beitragen, diese Quote signifikant zu verbessern, darunter gute Kommunikation und schmerzvermeidende Behandlungsmethoden. So beurteilten in einer kontrollierten schwedischen Studie Patienten, die sich von ihrem Behandlungsteam „abgeholt“ fühlten, ihre Behandlung unabhängig vom Protokoll positiver.

Eine Therapie-Sitzung reicht aus

Bei insgesamt 494 Patienten wurde in einer Therapiegruppe zu Beginn durch intensive Instruktion und Beratung eine gute Mundhy­gi­ene etabliert (Plaque-Index <30 Pro­zent), danach die Ultraschall-Instrumentierung in einer Sitzung durchgeführt [2]. In der anderen Gruppe erfolgten vor der Behandlung nur eine Routine-Mundhygiene-Unterweisung und die Instrumentierung in mehreren Sitzungen. Die Ergebnisse waren nach sechs Monaten in Bezug auf die Mitarbeit in der täglichen Mundhygiene, die objektiv erreichten klinischen Werte und die Patientenzufriedenheit mit Behandlung und subjektivem Erfolg für beide Gruppen vergleichbar [2, 3]. Rauchen und hohe Blutungsindizes zu Behandlungsbeginn hatten wesentlichen Einfluss auf Entzündungswerte und Patientenbewertung [2].

Als signifikanter Faktor für eine positive Beurteilung erwies sich die Frage, ob die Patienten sich in den Entscheidungsprozess für die Behandlung einbezogen fühlten. Der Wert einer solchen „sprechenden“ Medizin und systematischer Maßnahmen zur Steigerung der Adhärenz (Mitarbeit, Recall-Bindung) wird laut Diskussion in der vorgestellten Untersuchung und nach Ergebnissen weiterer Studien, auch aus anderen medizinischen Fachgebieten, bestätigt [2, 4–6].

In einem Übersichtsartikel werden hierzu und zum Thema Patien­tenzentrierung unter anderem folgende Punkte gelistet (gekürzt) [7]:

  • Aufklärung über Ätiologie und Risikofaktoren
  • Partizipative Entscheidungsfindung bei Therapie und Schmerzkontrolle
  • Motivation zu einem geeignetem Mundhygieneverhalten, bei Bedarf unter Einbeziehung von Angehörigen
  • Maßnahmen zur Unterstützung des körperlichen Wohlbefindens (zum Beispiel Behandlung von Mundgeruch, ästhetische Maßnahmen)

 

Schmerzen vermeiden oder minimieren

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Patientenbindung und damit des Behandlungserfolgs ist die Schmerzvermeidung. Dazu passt, dass Patienten ihre Lebensqualität im Verlauf einer Parodontitis-Therapie zwar insgesamt positiv beurteilen [8]. Die deutlichste Verbesserung erfolgt nach einer supragingivalen Belagentfernung im Rahmen der vorbereitenden Behandlung. Ein kleinerer Effekt ist noch im Anschluss an die subgingivale nicht-chirurgische Therapie messbar [8]. Dieser nimmt nach einer gegebenenfalls notwendigen chirurgischen Behandlung weiter ab [9].

Um Schmerzen zu vermeiden, stehen neben Lokalanästhesie mit injizierbaren Anästhetika verschiedene gelartige Produkte zum Einbringen in die parodontale Ta­sche zur Verfügung [7]. Weiter besteht vor allem in der Nach­sor­ge (UPT) die Option, Luft-Wasser-Pulver-Systeme mit oder ohne spezielle Aufsätze für tiefe­re Taschen zu verwenden. Studi­en liegen hier überwiegend für ein Produktsystem vor, das einen kontinu­ier­li­chen Pulverfluss gewährleistet [10–12].

Statistisches Bundesamt: 73 Prozent der neuen Zahnis sind Frauen

Statistisches Bundesamt
73 Prozent der neuen Zahnis sind Frauen
Die Zahl der Erstsemester steigt das zweite Jahr in Folge und liegt noch einmal um 1,6 Prozent über dem Studienjahr 2022. Im Fachbereich Zahnmedizin steigt der Anteil der Studentinnen weiter.

Im Sommersemester 2023 und im Wintersemester 2023/2024, haben sich insgesamt 481.500 Studienanfänger für ein Studium an einer deutschen Hochschule eingeschrieben. Das sind 7.800 beziehungsweise 1,6 Prozent mehr als im Studienjahr 2022. Damit ist die Erstsemesterzahl zum zweiten Mal in Folge gestiegen, liegt aber noch unter der Zahl für 2019 (508.700).

In der Humanmedizin und den Gesundheitswissenschaften sind 28.496 junge Menschen im ersten Fachsemester neu eingeschrieben, davon 1.573 in der Zahnmedizin, 12.589 in der Humanmedizin und 14.334 in den Gesundheitswissenschaften. Von den neuen Zahnmedizinstudierenden sind 1.153 weiblich (73,2 Prozent). Insgesamt sind 12.793 Zahnmedizinstudierende an den Hochschulen eingeschrieben, 8.877 (69,3 Prozent) davon sind Frauen.

Nachdem der Anstieg der Erstsemester 2022 gegenüber 2021 alleine durch mehr ausländische Studierende getragen wurde, die für das Studium nach Deutschland kamen, haben sich zum Studienjahr 2023 auch wieder mehr deutsche Studierende eingeschrieben, meldet das Statische Bundesamt.

Neue Studien liefern Hinweise zu Long-Covid-Ursachen

Mehrere Millionen Menschen leiden Schätzungen zufolge unter Langzeitfolgen einer Corona-Infektion. Nun gibt es neue Hinweise auf mögliche Ursachen.

Die WHO schätzt, dass zwischen 10 bis 20 Prozent der einmal mit Corona Infizierten unter Long Covid leiden könnten. Bei der Diagnose und Behandlung gab es bislang jedoch kaum Fortschritte. Neue Studien liefern jetzt immerhin erste Hinweise auf die Ursachen der Beschwerden. Damit wächst die Hoffnung, auch andere chronische Krankheiten besser verstehen zu können.

Long Covid

Unter Long Covid versteht man eine ganze Bandbreite von Gesundheitsproblemen, die Patienten noch Wochen und Monate nach einer Corona-Infektion einschränken. Die häufigsten sind chronische Erschöpfung, auch Fatigue genannt, Atembeschwerden, Muskelschmerzen und Dumpfheit im Kopf (brain fog).

Eine im Januar in der Zeitschrift „Science“ veröffentlichte Studie konnte entscheidende Unterschiede in den Proteinen im Blut von mehr als 110 Long-Covid-Patienten nachweisen. Der Schweizer Immunologe Onur Boyman, Mit-Autor der Studie, hält diesen Fund für ein „entscheidendes Puzzle-Teil“ zur Klärung der Frage, warum das Coronavirus im Körper mancher Menschen solange sein Unwesen treibe.

Long Covid „messbar“

Ein Teil des Immunsystems, das sogenannte Komplementsystem, das normalerweise eine Infektion bekämpft, indem es die infizierten Zellen tötet, bleibt bei Menschen mit Long Covid aktiv und greift weiter an – jetzt allerdings gesunde Zellen. So schädigt es laut Forschern das Gewebe.

Boyman betont, dass das Komplementsystem von Long-Covid-Patienten sich wieder normalisiere, sobald diese sich von Corona erholten. Das spreche für eine engen Zusammenhang. „Das zeigt, dass Long Covid eine Krankheit ist, die man tatsächlich messen kann“, sagt er. Er hofft, dass diese neue Erkenntnis zur Entwicklung eines Tests führen kann.

Wissenschaftler, die nicht an der Studie beteiligt waren, geben zu bedenken, dass die „Fehlregulierung“ des Komplementsystems nicht all die vielfältigen Ausprägungen der Corona-Langzeitfolgen erklären könne. Trotzdem sei es „großartig, dass Studien, die jetzt herauskommen, erste Hinweise auf Erklärungen für Long Covid enthalten“, sagt Claire Steves, Professorin für Altern und Gesundheit am Londoner King’s College.

Anomalien im Muskelgewebe

Long-Covid-Patientin Lucia aus den USA, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte, weist auf eine andere neuere Veröffentlichung im Fachblatt „Nature“ hin, die bei Long-Covid-Patienten Anomalien im Muskelgewebe und Fehlfunktionen der Mitochondrien – den Kraftwerken der Zellen – feststellte. Dies könnte die Erschöpfung sogar nach kleinsten Anstrengungen erklären.

Für Lucia, Mitglied einer von Patienten geführten Forschungsgruppe, ist seit ihrer Corona-Erkrankung das Treppensteigen zu ihrer Wohnung ein täglicher Kampf. Als sie sich im März 2020 Covid zuzog, hätte sie sich nicht vorstellen können, dass es „jeden Aspekt“ ihres Lebens beeinträchtigen würde – „auch in sozialer und finanzieller Hinsicht“.

Lucia betont, dass Leute wie sie nicht nur mit zahlreichen Gesundheitsproblemen zu tun hätten. Sie litten auch darunter, dass ihr soziales Umfeld und Ärzte ihnen nicht glaubten oder sie nicht ernst nähmen.

Moralische Unterstützung entscheidend

Wie wichtig moralische Unterstützung für Patienten ist, zeigt eine im Februar veröffentlichte Studie in der Zeitschrift „British Medical Journal“ auf. Danach verbesserte sich die Lebensqualität von Long-Covid-Patienten durch Gruppen-Reha-Maßnahmen.

Für Ziyad Al-Aly, Epidemiologe an der Washington University in St. Louis, ist Long Covid so schwer zu begreifen, weil es eine „Multi-System-Krankheit“ ist. „Wir sind so geschult, dass wir bei Krankheiten an Organsysteme denken“, zum Beispiel bei Herz- oder Lungenkrankheiten, sagt er.

Initiative Long Covid gestartet

Das Rätsel um Long Covid zu lösen, hätte einen weitreichenden Nutzen. Neue Behandlungsansätze könnten auch beim Kampf gegen andere Krankheiten wie chronische Fatigue oder lang anhaltende Grippesymptome (long flu) helfen.

  • Neue Studienergebnisse: Long Covid: Wer am häufigsten betroffen ist
  • Reha und Co.: Long Covid: Was Betroffene tun können
  • „Long Flu“ statt Long Covid?: Studie: Schwere Langzeitfolgen der Grippe

So lange bleibt es Forschern und Medizinern nur, zu regelmäßigen Corona-Impfungen zu raten, um das Long-Covid-Risiko zu verringern. Das Bundesgesundheitsministerium hat die Initiative Long Covid gestartet, um zumindest über neue Forschungserkenntnisse und Anlaufstellen zu informieren.