Keinerlei rechtliche Grundlage in der GOZ

Bei der Erstattung von Rechnungen, in denen zahnärztliche Leistungen mit einem höheren als dem 2,3-fachen Gebührensatz abgerechnet werden, gibt es immer wieder Probleme mit Beihilfestellen. Meist wird moniert, dass die Begründung für den erhöhten Steigerungsfaktor nicht in der Person des Patienten liege (patientenbezogen) oder die Behandlung nicht vom Typischen und Durchschnittlichen erheblich abweiche (Charakter einer Ausnahme).

Die Argumentationen in diesem Streit bieten die Behörden selbst: Unter anderem verweist die Bezirksregierung Köln in ihren „Informationen für Beihilfeberechtigte zu Zahnersatz-, prothetischen, kieferorthopädischen und Implantat-behandlungen“ (Stand 26.04.2012) darauf hin, dass keine beihilferechtlich ausreichenden Begründungen für eventuelle Schwellenwertüberschreitungen z.B. sind:

  • Leistungserbringung außerhalb der Sprechzeiten oder an Sonn- und Feiertagen
  • multidimensionale diagnostische und therapeutische Schwierigkeiten
  • differential-diagnostische Schwierigkeiten bei der Auswertung
  • schwierige Präparation
  • Anwendung neuerer technischer oder aufwändiger Verfahren oder besonders teuerer medizinischer Großgeräte
  • Arbeiten im Backenzahnbereich
  • geringe Mundöffnung
  • gekrümmte oder enge Wurzelkanäle
  • motorische Unruhe, große Angst
  • Wurzelkaries
  • Erschwerung durch Vorpräparation
  • schwierige Farbgestaltung durch vorhandene Kronen und Brücken
  • überdurchschnittlich schwierige Separation
  • verlängerte Einsatzzeit
  • computergestützte Verfahren
  • außerordentlich erschwerte Kieferumformung auf Grund ausgeprägtem Zungenpressen
  • sehr erschwerte Kieferumformung von orofacialen Dyskinesien
  • deutlich erschwerte Einstellung in den Regelbiss auf Grund asymetrischer Distalbisslage
  • extremer Zahnengstand
  • Pfeilerdivergenzen
  • starke Wurzeleinziehungen und damit einhergehende ungünstige Präparationsgrenze
  • überhöhter Schluckmodus und übermäßiger Speichelfluss
  • muskuläre Verspannungen
  • schwere Okklusionsstörung mit exzessivem Bruxismus
  • Totalverlust der Stützzone
  • Eingliederung einer Verblendkrone

Aus dieser Veröffentlichung geht auch hervor, dass die Beihilfe – auch wenn die Rechnung korrekt erstellt ist – ggf. nur einen Teil der Rechnung erstattet und dem Beihilfeempfänger den nicht erstatteten Kostenanteil zur Begleichung überlässt.

Die Beihilfestellen stützen Ihre Auffassung auf ein Urteil des Bundes-verwaltungsgerichts (BVG) vom 17.02.1994 – 2 C 10.92 – (NJW 1994, S. 3023), nachdem die Überschreitung „den Charakter einer Ausnahme“ haben müsse. Gebühren bis zum Schwellenwert seien danach nicht nur für einfache oder höchstens durchschnittlich schwierige und aufwendige Behandlungsfälle, sondern für die große Mehrzahl aller Behandlungsfälle zur Verfügung gestellt und decken in diesem Rahmen auch die Mehrzahl der schwierigeren und aufwendigeren Behandlungsfälle ab.

Die Konsequenzen aus diesem Urteil wurden per Runderlass mitgeteilt und sind Grundlage für die Erstattung der Beihilfe. Obwohl aus dem Jahre 1994, ist dieses Urteil immer noch gültig, da eine anders lautende Entscheidung nur vom Bundesverwaltungsgericht selbst ausgehen kann.

Es bleibt auch in Zukunft dabei, dass der Beihilfeberechtigte vor die Wahl gestellt ist, mit seinem Dienstherrn eine rechtliche Auseinandersetzung zu führen oder den an sich auf die Beihilfestelle entfallenden Anteil des Rechnungsbetrages selbst zu tragen.

Die GOZ indes enthält nach ihrem Wortlaut keinen Anhaltspunkt dafür, dass nur im „Ausnahmefall“ die Überschreitung des 2,3 fachen Satzes gerechtfertigt ist und darüber hinaus lediglich „patientenbezogene Bemessungskriterien“ und eine „atypische Behandlung“ das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigen.
Vielmehr steht nach Maßgabe des § 5 GOZ und GOÄ der Gebührenrahmen vom 1,0 – 3,5fachen Steigerungssatz vollumfänglich zur Verfügung. Der 2,3fache Gebührensatz hat innerhalb der Gebührenordnung lediglich die Bedeutung, dass bei seiner Überschreitung zusätzlich eine schriftliche Begründung anzugeben ist.

Die Unrechtmäßigkeit der Forderung nach einer explizit patientenbezogenen Begründung wird bereits durch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 17.09.1992 (Az. 4 S 2084/91) bekräftigt, in dem es heißt:

„Die GOZ enthält nach ihrem Wortlaut keinen Anhaltspunkt dafür, dass nur personenbezogene Umstände als Bemessungs-kriterien in Betracht kommen.“

Unter Bezugnahme auf Leistungen der GOZ hat sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vom 25.10.2004 (Az. 1437/02) wie folgt geäußert:

„Für überdurchschnittliche Fälle steht nur der Rahmen zwischen 2,4 und 3,5 zur Verfügung, weil ein Absinken unter die Honorierung, die auch die gesetzliche Krankenversicherung zur Verfügung stellt (nämlich den 2,3-fachen Satz), wohl kaum noch als angemessen zu bezeichnen ist… Es besteht auch nicht etwa dieselbe Interessenlage wie im System der gesetzlichen Krankenversicherung… Die gesetzliche Krankenversicherung stellt auch nur Standard-Leistungen als notwendig und geschuldet zur Verfügung.“

Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen mit Urteil vom 12.08.2009 (Az. 5 LA 368/08) sieht den Zweck der Pflicht zur schriftlichen Begründung darin, dem Patienten eine grobe Handhabe zur Einschätzung der Berechtigung des geltend gemachten Gebührenanspruchs zu geben. Daher seien keine überzogenen Anforderungen an eine ausreichende Begründung zu stellen. Einer ausführlichen ärztlichen Stellungnahme, deren Anfertigung möglicherweise mehr Zeit in Anspruch nehme als die abzurechnende Behandlung, bedürfe es nicht. In der Regel wird es vielmehr genügen, stichwortartig das Vorliegen von Umständen, die das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigen können, nachvollziehbar zu machen.

Das OVG Niedersachsen schließt sich darüber hinaus der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 20.03.2008 – 2 C 19.06) zu ursprünglich fehlerhaften und später korrigierten Arztrechnungen an und bestätigt, dass fehlerhafte Begründungen später (auch noch im Prozess) ergänzt, nachgeholt oder korrigiert werden können.

An der Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts Hannover in seiner Entscheidung vom 22.01.2008 (Az.: 13 A 1148/07) lässt sich sehr schön nachvollziehen, wie Verwaltungsgerichte mit der Vorgabe „Charakter einer Ausnahme“ umgehen. Das Gericht hatte sich mit einer Rechnung über eine Wurzelbehandlung auseinandergesetzt, in welcher in mehreren Positionen der 3,5 fache Steigerungssatz angesetzt wurde. Von Seiten der Beihilfestelle wurde die Erstattung des den 2,3fachen Satz übersteigenden Teils mangels einer ausreichenden Begründung abgelehnt.

In der Liquidation war die GOZ 244 (Faktor 3,5) mit der Begründung „erhöhter Zeitaufwand und Schwierigkeitsgrad durch schlechte Zugänglichkeit des Zahnes“ die GOZ 239 (Faktor 3,5) mit „erheblicher Zeitaufwand wegen schwer auffindbarer Kanäle“ begründet worden.

Das Gericht vertrat zunächst die Auffassung, es liege in der Natur der Sache, dass der Zahn 48 schwer zugänglich ist. Dies sei keine Besonderheit, die in der Person des Klägers liege, sondern sei bei allen Patienten so.

Nachdem der Behandler jedoch erläuterte, dass das Gebiet entzündlich verändert, die Kanäle stark verengt gewesen seien und eine Pulpaobliteration vorlag, stellte das Gericht aufgrund dieser Ausführungen fest, dass diese Umstände ein Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigen.
Erfolg hat die Klage weiterhin, soweit die GOZ 240 (Elekrometrische Längenbestimmung eines Wurzelkanals) und GOZ 242 (zusätzliche Anwendung elektropfysikalisch-chemischer Methoden bei der Aufbereitung eines Wurzelkanals) im Raume standen. Die GOZ 240 (Faktor 3,5) war zunächst mit „erhöhter Zeitaufwand häufiges Messen“, die GOZ 242 (Faktor 3,5) mit „erhöhter Zeitaufwand durch häufiges Spülen“ begründet worden.
Das Gericht räumt ein, dass zunächst aus der Rechnungsbegründung nicht ersichtlich sei, dass etwa aufgrund bestimmter anatomischer Verhältnisse gerade beim Kläger abweichend vom üblichen häufiger gemessen bzw. gespült werden musste als bei anderen Patienten. Nachdem jedoch der Behandler anführt, der „hochgradig infizierte Kanal“ habe extrem genässt, so dass ein mehrfaches Messen und Spülen erforderlich gewesen sei, dies nachvollziehbar sei.
Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der GOZ 203 (Faktor 3,5). Diese wurde mit „erhöhter Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand durch außergewöhnlich hohen Speichelfluss“ begründet.
Das Gericht stellte zunächst fest, dass aus der Rechnung nicht ersichtlich sei, weshalb dies zwangsläufig zu einem erhöhten Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand des Zahnarztes führen musste, weil ja immer die Möglichkeit bestehe, ggf. mit Hilfe eines stärkeren Absaugers diesem Speichelfluss zu begegnen.
Nachdem der Behandler ausführt, es habe einen erhöhten Zeitaufwand wegen eines hoch liegendem Mundbodens und starkem Zungendruck und starkem Würgereiz vorgelegen, so dass die Trockenlegung durch Speichelentzieher allein unmöglich gewesen sei, ist dies für das Gericht ebenfalls nachvollziehbar.

Tipps für die richtige Vorgehensweise bei Begründungen:
Standardisierte Begründungen sind nicht im Sinne von § 10 der GOZ. Auch ein schematisches Bemessen ist nicht verordnungskonform, vielmehr muss jede Einzelleistung nach pflichtgemäßem Ermessen bemessen werden. Gründe, die ein Überschreiten des 2,3fachen des Gebührensatzes rechtfertigen, fallen bei Bestreiten in die Beweislast des Behandlers.

Eine Begründung kann kurz und stichwortartig, muss aber aussagekräftig, dass heißt, in sich schlüssig, fachlich und sachlich nachvollziehbar und laien-verständlich sein. Aus dem Begründungstext muss ersichtlich sein, auf welche der nach § 5 Abs. 2 GOZ erforderlichen Bemessungskriterien (Schwierigkeit/ Zeitaufwand/Umstände bei der Ausführung) sich die angegebene Begründung stützt.

Zusätzlich sollte durch Verwendung von Attributen wie zum Beispiel „extrem“, „erheblich“, „überdurchschnittlich“, „außergewöhnlich“ die Besonderheit hervorgehoben werden. Mitunter kann die Ausformulierung einer Begründung in kompletten Sätzen Wunder wirken.

Negativbeispiel: „Erhöhte Schwierigkeit beim Legen einer retrograden Füllung.“
Positivbeispiel: „Erheblich erhöhte Schwierigkeit beim Legen einer retrograden Füllung bei Pat. XY durch erschwerten Zugang zum Arbeitsgebiet bei sehr kleiner Kavität und extrem eingeschränkten Sichtverhältnissen durch anhaltende Knochenblutung.“

Dies heißt nun nicht, dass dieses „Positivbeispiel“ von jeder Erstattungsstelle und jedem Gericht anerkannt wird. Allerdings ist hier auf jeden Fall der Vorwurf eines formalen Fehlers ausgeschlossen.
Bereiten Sie den Patienten darauf vor, dass es Probleme geben kann, und klären Sie dies schon im Vorfeld mit ihm ab. Laut Gesetz sind Sie nur Ihrem Patienten verpflichtet. Er muss die Begründung verstehen und nachvollziehen können. Haben Sie den Patienten überzeugt, so ist er ihr Mitstreiter und nicht Ihr Gegner!

Von Angelika Enderle, erstellt am 30.09.2010, zuletzt aktualisiert am 20.06.2012

Juradent-ID: 1329

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VG Düsseldorf zur den Anforderungen an die Begründung einer 3,5-fachen Gebühr

VG Düsseldorf zur den Anforderungen an die Begründung einer 3,5-fachen Gebühr

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat mit Urteil vom 13.12.2016 (Az.: 26 K 4790/15) festgestellt, dass eine Schwellenwertüberschreitung in der Rechnung so zu begründen ist, dass der Patient dies verstehen kann.
Zudem müsse bei einer zeitaufwandsbezogenen Begründung zumindest stichwortartig der zeitliche Rahmen und der durchschnittliche Zeitaufwand der erbrachten Leistung und andererseits der konkrete Zeitaufwand der erbrachten Leistung im Einzelfall dargelegt werden. Dies gelinge etwa nach dem beispielhaften Muster: „Zeitlicher Rahmen für die erbrachte Leistung 30 min bis 120 min, durchschnittlicher Zeitaufwand 50 min, konkreter Zeitaufwand 90 min“, wobei mit einer derartigen zeitlichen Darlegung die stichwortartige Benennung der den konkreten Zeitaufwand verursachenden individuellen Besonderheiten zu verbinden ist.

Der Fall:
Strittig war eine zahnärztliche Rechnung, in der die GOZ-Nrn. 9000 und 9010 mit einem Faktor von jeweils 3,5 abgerechnet werden. Die Beihilfestelle verweigerte die Erstattung der Leistungen soweit sie über dem Schwellenwert des 2,3-fachen Steigerungssatzes liquidiert wurden. Den dagegen gerichteten Widerspruch mittels weiteren Erläuterungen der Zahnarztpraxis wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen zurück.

Die Entscheidung:
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf wies die Klage der Patientin mit der Begründung ab, dass weder die Rechnung selbst noch das nachträglichen Erläuterungsschreiben der Zahnarztpraxis verständliche und nachvollziehbare schriftliche Begründungen enthalten würden.

  1. GOZ-Nr. 9000 (Faktor 3,5) – Begründung: „Mehrere Analysen/Vermessungen, da mehrere Implantatpositionen“
  • Ergänzende Stellungnahme des Zahnarztes: „Überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand wegen aufwendiger Planung aufgrund der Implantatzahl und Positionierung pro Kiefer und ungünstiger Anatomie“.

Das Gericht zur GOZ-Nr. 9000:

Zumindest in der Stellungnahme der Zahnarztpraxis wird ausdrücklich auf die Bemessungskriterien Schwierigkeit und Zeitaufwand ausdrücklich Bezug genommen. Jedoch fehlt es in dieser Begründung trotz der ausdrücklichen Inbezugnahme des Bemessungskriteriums „Zeitaufwand“ an jeglichem zumindest ansatzweisen Anhaltspunkt dafür, wie die im konkreten Fall erbrachte Leistung in zeitlicher Hinsicht im Vergleich mit anderen von der Zahnarztpraxis durchgeführten implantatbezogenen Analysen bzw. Vermessungen einzuordnen ist, geschweige denn, dass diese Leistung – wie für eine Berechnung mit dem 3,5fachen Steigerungssatz erforderlich – am oberen Ende des zeitlichen Rahmens für Behandlungen gleicher Art anzusiedeln ist.

Auch hinsichtlich des Bemessungskriteriums „Schwierigkeit“ plausibilisiert die Begründung nicht, wie die berechnete Leistung im Vergleich mit anderen von der Zahnarztpraxis durchgeführten implantatbezogenen Analysen bzw. Vermessungen einzuordnen ist. Da sich die GOZ-Gebührenziffer 9000 laut Leistungslegende nicht etwa auf eine einzelne Implantatposition, sondern auf den gesamten Kiefer bezieht („je Kiefer“), spricht wenig bis nichts dafür, dass eine auf – wie im vorliegenden Fall – zwei Implantatpositionen bezogene Analyse und Vermessung bereits eine überdurchschnittliche Schwierigkeit verursacht, denn es sind pro Kiefer – etwa im Falle der vollständigen Zahnlosigkeit eines solchen – deutlich mehr als zwei Implantatpositionen denkbar.

Auch sind die verwendeten Begrifflichkeiten „aufwendige Planung“ und „ungünstige Anatomie“ als solche im Hinblick auf die Bemessungskriterien Schwierigkeit und Zeitaufwand viel zu unsubstanziiert, um zumindest einen Anhalt dafür zu liefern, dass sich die im Falle der Klägerin konkret durchgeführte Behandlung vom Bereich des Durchschnittlichen abhebt, geschweige denn, dass – wie für die konkret vorgenommene Berechnung des 3,5fachen Steigerungssatzes erforderlich – ein Fall vorgelegen hat, der an die zahnärztliche Praxis außergewöhnliche Anforderungen gestellt hat.

  • GOZ-Nr. 9010 (Faktor 3,5) Begründung: „Mehrere Implantate pro Kiefer, Parallelitätsprobleme, Achsenkonfiguration – Erhöhter Aufwand wegen Implantat in Nervennähe“
  • Ergänzende Stellungnahme des Zahnarztes: „Überdurchschnittliche Schwierigkeiten wegen besonderer Maßnahmen zur Vermeidung von Schädigungen der Nervaustrittstelle, hoher Verletzungsgefahr durch Operation in Nervnähe und starker/übermäßiger Blutung“.

Das Gericht zur GOZ-Nr. 9010:

Zwar wird in der Stellungnahme der Zahnarztpraxis auf das Bemessungskriterium „Schwierigkeit“ Bezug genommen, jedoch macht auch diese Begründung nicht plausibel, dass ein Fall vorgelegen hat, der an die zahnärztliche Praxis außergewöhnliche Anforderungen gestellt hat. Es kann dahinstehen, ob dies bereits deshalb gilt, weil die nachgereichte Begründung nicht schlüssig an die Begründung anknüpft.

Denn selbst wenn man die Diskrepanz zwischen den beiden Begründungen als solche für rechtlich unerheblich hält und eine Verknüpfung der Darlegung einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit mit der gleichzeitigen Darlegung eines überdurchschnittlichen Zeitaufwandes nicht fordert, fehlt es hier auch isoliert bezogen auf das Bemessungskriterium der Schwierigkeit an der erforderlichen hinreichend substanziierten vergleichenden Betrachtung des konkret zu beurteilenden Falles.

Der „überdurchschnittliche“ Schwierigkeitsbereich umfasst nämlich die Steigerungssatzskala von 2,4 bis 3,5; auch eine nur leicht überdurchschnittliche Schwierigkeit ist eine überdurchschnittliche Schwierigkeit, vermag dennoch nicht die hier vorgenommene Berechnung des 3,5fachen Steigerungssatzes zu rechtfertigen. Deshalb sind auch die sonstigen verbalen Umschreibungen der Zahnarztpraxis („besondere“ Maßnahmen, „hohe“ Verletzungsgefahr, „starke/übermäßige“ Blutung) viel zu allgemein gehalten, um zum Ausdruck bringen zu können, dass es sich beim konkreten Behandlungsfall der Klägerin um einen solchen gehandelt haben soll, der an die zahnärztliche Praxis außergewöhnliche – am oberen Ende der Schwierigkeitsskala angesiedelte – Anforderungen gestellt hat.

Abschließend stellt das Gericht fest, dass es für die Beantwortung der Frage, ob eine Begründung im Sinne von § 10 Abs. 3 S. 1 GOZ nachvollziehbar ist, es keines medizinischen Sachverstandes bedarf: „Lässt sich nämlich nicht bereits allein anhand der in einer Rechnung gegebenen Begründung, sondern erst unter Hinzuziehung medizinischen Sachverstandes klären, ob eine Schwellenwertüberschreitung gebührenrechtlich gerechtfertigt ist, folgt daraus, dass die Begründung für einen medizinischen Laien gerade nicht verständlich und nachvollziehbar ist, diese mithin gebührenrechtlich unzureichend ist.“

Von Angelika Enderle, erstellt am 30.03.2017, zuletzt aktualisiert am 30.03.2017

Juradent-ID: 3716

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VG Saarland: Eine Überschreitung des Schwellenwertes setzt Besonderheiten mit Ausnahmecharakter voraus

Urteil vom 26.05.2017

Die Schwellenwertüberschreitung ist weiterhin bei der Beihilfe ein schwieriges Thema, da die Begründungen in der Regel nicht anerkannt werden.

Das Verwaltungsgericht (VG) Saarland hatte sich am 26.05.2017 (Az.: 6 K 468/16) mit der Klage eines Beihilfeberechtigten zu beschäftigen und festgestellt, dass eine Überschreitung des Schwellenwertes nur dann zulässig ist, wenn Besonderheiten – abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle – gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten aufgetreten sind.

Hintergrund:

Streitig war die GOZ-Nr. 2100 „Kompositfüllung in Adhäsivtechnik, dreiflächig“ für die Zahnregion 28, die mit dem Steigerungssatz von 3,5 in Ansatz gebracht wurde. Zur Begründung dieses Steigerungssatzes war in der Rechnung folgendes angegeben:

„überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand wegen Anwendung Mehrfarbentechnik bzw. schwierige spezielle Farbanpassung und besonders schwierige Füllungsgestaltung im Kontaktbereich zum Nachbarzahn“

Die Beihilfefeststellungsstelle erkannte diese zahnärztliche Leistung nur in Höhe eines 2,3-fachen Steigerungssatzes an und begründete dies damit, dass eine Überschreitung des Schwellenwertes nur in besonders schwierigen Fällen, die von der Masse der Behandlungsfälle abweichen würde, zulässig sei. Die angegebene Begründung lasse einen solchen Ausnahmefall nicht erkennen. Die Schwierigkeit sei mit dem 2,3-fachen Satz bereits abgedeckt, so dass keine weitere Beihilfe zustehe. Zudem habe in der Regel jeder Zahn mindestens einen Kontaktbereich zum Nachbarzahn, sodass eine überdurchschnittliche Leistung nicht anzuerkennen sei.

Das Urteil:

Das Gericht hielt den ablehnenden Bescheid für rechtmäßig und stützt seine Auffassung auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 17.02.1994 (Az.: 2 C 10.92):

„Eine Überschreitung des Schwellenwertes hat nach dem sachlichen Zusammenhang der Vorschrift den Charakter einer Ausnahme und setzt voraus, dass Besonderheiten gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten, abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle, aufgetreten sind. Dem Ausnahmecharakter des Überschreitens des Schwellenwertes widerspräche es, wenn schon eine vom Zahnarzt allgemein oder häufig, jedenfalls nicht nur bei einzelnen Patienten wegen in ihrer Person liegenden Schwierigkeiten, angewandte Verfahrensweisen bei der Ausführung einer im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistung als eine das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigende Besonderheit angesehen würde.

Voraussetzung ist demnach zum einen, dass die Leistung aufgrund der tatsächlichen Umstände vom Typischen und Durchschnittlichen erheblich abweicht. Die Begründung darf dabei nicht allgemein gehalten sein, sondern muss genügend Anhaltspunkte für einen Vergleich enthalten, bei dem deutlich wird, dass die Behandlungsschritte einen ungewöhnlich hohen Schwierigkeitsgrad aufwiesen, der deutlich über demjenigen lag, der durch die Regelspanne abgegolten wird. Voraussetzung ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammer aber des Weiteren, dass die besonderen Schwierigkeiten nicht in der angewandten Behandlungsmethode begründet sind, sondern auf den individuellen Verhältnissen des konkret behandelten Patienten beruhen.

Die gegebene Begründung lässt, soweit mit ihr ein „überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand wegen Anwendung Mehrfarbentechnik“ geltend gemacht wird, keine auf die Person der Ehefrau des Klägers bezogene Besonderheiten erkennen. Es lässt sich der Begründung weder entnehmen, dass sich die Anwendung der Mehrfarbentechnik in deren Fall aufgrund individueller Besonderheiten und abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle besonders schwierig gestaltet hätte, noch dass mit der Anwendung der Mehrfarbentechnik gerade im Fall der Ehefrau des Klägers ein besonderer, die durchschnittliche Anwendungsdauer erheblich überschreitender Zeitaufwand verbunden gewesen wäre.

Aber auch soweit als Begründung die „schwierige spezielle Farbanpassung und besonders schwieriger Füllungsgestaltung im Kontaktbereich zum Nachbarzahn“ angeführt ist, ergibt sich hieraus kein die Schwellenwert-überschreitung rechtfertigender Umstand. Aus ihr ergibt sich nämlich ebenfalls nicht, dass und inwieweit dem besagten Umstand im Vergleich zu der Mehrzahl der Behandlungsfälle überdurchschnittliche Bedeutung beizumessen gewesen wäre.

Insoweit hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass in der Regel jeder Zahn mindestens einen Kontaktbereich zum Nachbarzahn hat.“

Von Angelika Enderle, erstellt am 03.11.2017, zuletzt aktualisiert am 03.11.2017

Juradent-ID: 3811

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Außerordentliche Kündigung 2

LAG Baden-Württemberg: Außerordentliche Kündigung einer Praxismitarbeiterin wegen Weitergabe von Patientendaten

Urteil vom 11.11.2016

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 11.11.2016 (Az.: 12 Sa 22/16) klargestellt: Verletzt eine medizinische Fachangestellte ihre arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht dadurch, dass sie Patientendaten an eine nicht berechtigte Person weitergibt, rechtfertigt dies eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung.

Aus dem Sachverhalt:

Die medizinische Fachangestellte war in der Praxis der Beklagten u.a. für die Terminverwaltung zuständig. Dort hatte eine Bekannte von ihr und ihrer Tochter einen Untersuchungstermin vereinbart und später wieder abgesagt. Die Klägerin rief darauf das elektronisch gespeicherte Terminblatt der Patientin auf. Aus dem Terminblatt war Name und Geburtsdatum der Patientin, zu untersuchender Körperbereich und damit korrespondierend das für die Untersuchung zu reservierende MRT-Gerät ersichtlich. Die Klägerin fotografierte das Terminblatt mit Hilfe ihres Smartphones und leitete das Foto, mit dem Kommentar „Mal sehen, was die schon wieder hat…“ versehen, per WhatsApp an ihre Tochter weiter. Der Vater der Patientin beschwerte sich in der Praxis darüber, dass die Tochter der Klägerin im Sportverein die WhatsApp-Nachricht ihrer Mutter weitergezeigt habe.

Dem Arbeitgeber gegenüber begründete die Arzthelferin ihr Fehlverhalten damit, dass sie nicht gewusst habe, derartige Daten nicht an direkte Verwandte weiterleiten zu dürfen, sie bereue jedoch Ihre Handlung. Die Argumente ließ der Arbeitgeber nicht gelten und verwies auf die Geheimhaltungspflicht im Arbeitsvertrag und kündigte ihr fristlos. Die Klägerin erhob hieraufhin Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht und brachte unter anderem vor, dass eine Abmahnung ausgereicht hätte.

Aus der Urteilsbegründung:

„Die Weitergabe des Patientennamens einschließlich der beabsichtigten Untersuchung (Körperbereich/MRT) wiegt so schwer, dass die Klägerin erkennen konnte, die Beklagten würden das gemeinsame Arbeitsverhältnis bei einer derartigen Vertragsverletzung beenden.

Eine Abmahnung der Klägerin hätte das Vertrauen der Beklagten in ihre Diskretion nicht wiederherstellen können. Der vertrauliche Umgang mit Patientendaten ist für eine Arztpraxis zum einen so grundlegend, dass sich jede Mitarbeiterin bewusst ist, sie stellt ihr Arbeitsverhältnis in Frage, wenn sie Daten unbefugt nach außen gibt.

Zum anderen ist der vertrauliche Umgang mit Patientendaten auch so selbstverständlich, dass ein Verstoß hiergegen das für das Arbeitsverhältnis erforderliche Vertrauen der Praxisbetreiber in die Diskretion seiner Angestellten besonders nachhaltig und deshalb unwiederbringlich beeinträchtigt.

Das gilt erst recht im Falle der Klägerin, die den im Arbeitsvertrag ausdrücklich aufgenommenen Passus zum Schutz der Patientendaten nur als ein Detail unter Vielen betrachtet und sich deshalb dann, wenn es darauf ankommt, nicht mehr daran erinnern kann und die den Namen der ihr bekannten Patientin ohne Not gedankenlos aus einer Laune heraus weitergibt, was eine erhebliche Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen der Patientin deutlich macht. Eine Abmahnung der Klägerin wäre daher nicht geeignet gewesen, das verloren gegangene Vertrauen in die Diskretion der Klägerin wiederherzustellen.

Auch die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses war für die Beklagten keine geeignete Handlungsalternative. Den Beklagten war es nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin bis zum Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende am 31. Dezember 2015 fortzusetzen. Ihr Interesse an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwog das Interesse der Klägerin an der Einhaltung der Kündigungsfrist.“

Von Angelika Enderle, erstellt am 17.10.2017, zuletzt aktualisiert am 18.10.2017

Juradent-ID: 3796

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Außerordentliche Kündigung

LAG Baden-Württemberg: Außerordentliche Kündigung einer Praxismitarbeiterin wegen Weitergabe von Patientendaten

Urteil vom 11.11.2016

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 11.11.2016 (Az.: 12 Sa 22/16) klargestellt: Verletzt eine medizinische Fachangestellte ihre arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht dadurch, dass sie Patientendaten an eine nicht berechtigte Person weitergibt, rechtfertigt dies eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung.

Aus dem Sachverhalt:

Die medizinische Fachangestellte war in der Praxis der Beklagten u.a. für die Terminverwaltung zuständig. Dort hatte eine Bekannte von ihr und ihrer Tochter einen Untersuchungstermin vereinbart und später wieder abgesagt. Die Klägerin rief darauf das elektronisch gespeicherte Terminblatt der Patientin auf. Aus dem Terminblatt war Name und Geburtsdatum der Patientin, zu untersuchender Körperbereich und damit korrespondierend das für die Untersuchung zu reservierende MRT-Gerät ersichtlich. Die Klägerin fotografierte das Terminblatt mit Hilfe ihres Smartphones und leitete das Foto, mit dem Kommentar „Mal sehen, was die schon wieder hat…“ versehen, per WhatsApp an ihre Tochter weiter. Der Vater der Patientin beschwerte sich in der Praxis darüber, dass die Tochter der Klägerin im Sportverein die WhatsApp-Nachricht ihrer Mutter weitergezeigt habe.

Dem Arbeitgeber gegenüber begründete die Arzthelferin ihr Fehlverhalten damit, dass sie nicht gewusst habe, derartige Daten nicht an direkte Verwandte weiterleiten zu dürfen, sie bereue jedoch Ihre Handlung. Die Argumente ließ der Arbeitgeber nicht gelten und verwies auf die Geheimhaltungspflicht im Arbeitsvertrag und kündigte ihr fristlos. Die Klägerin erhob hieraufhin Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht und brachte unter anderem vor, dass eine Abmahnung ausgereicht hätte.

Aus der Urteilsbegründung:

„Die Weitergabe des Patientennamens einschließlich der beabsichtigten Untersuchung (Körperbereich/MRT) wiegt so schwer, dass die Klägerin erkennen konnte, die Beklagten würden das gemeinsame Arbeitsverhältnis bei einer derartigen Vertragsverletzung beenden.

Eine Abmahnung der Klägerin hätte das Vertrauen der Beklagten in ihre Diskretion nicht wiederherstellen können. Der vertrauliche Umgang mit Patientendaten ist für eine Arztpraxis zum einen so grundlegend, dass sich jede Mitarbeiterin bewusst ist, sie stellt ihr Arbeitsverhältnis in Frage, wenn sie Daten unbefugt nach außen gibt.

Zum anderen ist der vertrauliche Umgang mit Patientendaten auch so selbstverständlich, dass ein Verstoß hiergegen das für das Arbeitsverhältnis erforderliche Vertrauen der Praxisbetreiber in die Diskretion seiner Angestellten besonders nachhaltig und deshalb unwiederbringlich beeinträchtigt.

Das gilt erst recht im Falle der Klägerin, die den im Arbeitsvertrag ausdrücklich aufgenommenen Passus zum Schutz der Patientendaten nur als ein Detail unter Vielen betrachtet und sich deshalb dann, wenn es darauf ankommt, nicht mehr daran erinnern kann und die den Namen der ihr bekannten Patientin ohne Not gedankenlos aus einer Laune heraus weitergibt, was eine erhebliche Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen der Patientin deutlich macht. Eine Abmahnung der Klägerin wäre daher nicht geeignet gewesen, das verloren gegangene Vertrauen in die Diskretion der Klägerin wiederherzustellen.

Auch die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses war für die Beklagten keine geeignete Handlungsalternative. Den Beklagten war es nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin bis zum Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende am 31. Dezember 2015 fortzusetzen. Ihr Interesse an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwog das Interesse der Klägerin an der Einhaltung der Kündigungsfrist.“

Von Angelika Enderle, erstellt am 17.10.2017, zuletzt aktualisiert am 18.10.2017

Juradent-ID: 3796

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Entfernung von PV ist eine deligierbare Tätigkeit

https://www.juradent.de/artikel/3782/LG-Koeln-Die-Entfernung-von-provisorischen-Kronen-ist-eine-an-zahnmedizinische-Fachangestellte-delegierbare-Taetigkeit

GOZ 2012: 2270

Provisorium im direkten Verfahren mit Abformung, je Zahn oder Implantat, einschließlich Entfernung

LG Köln: Die Entfernung von provisorischen Kronen ist eine an zahn- medizinische Fachangestellte delegierbare Tätigkeit

Nach dem Zahnheilkundegesetz (§ 1 Abs. 5 und 6 ZHG) können bestimmte, originäre zahnärztliche Tätigkeiten an Personal mit bestimmter Qualifikation bei Vorliegen der Voraussetzungen übertragen werden, wobei das Handeln derHelferin – auch die fehlerhafte Handlung – dem Zahnarzt gem. § 278 BGB als eigene Handlung zugerechnet wird.

In diesem Zusammenhang hat das Landgericht (LG) Köln mit Urteil vom 27.01.2015 (Az.: 3 O 308/12) entschieden,dass kein behandlungsfehlerhaftes Versäumnis darin zu erkennen ist, wenn ein Provisorium durch eine ausgelernte zahnmedizinische Fachangestellte entfernt worden ist. Das Entfernen von Provisorien unter ärztlicher Supervision stelle ein statthaftes Delegieren von Aufgaben dar.

In dem zugrundeliegenden Fall wurde einer Patientin mit insuffizientem Zahnersatz unter anderem im Bereich der Zähne 12 bis 22 die zunächst provisorisch eingegliederten Kronen zu Anpassungszwecken von einer Zahnarzthelferin wieder entfernt. Dabei wurde der benachbarte Zahn 13 derart beschädigt, dass er abbrach. Die Patientin entschied sich daraufhin für eine Versorgung mittels eines Implantats regio 13.

Nach abgeschlossener Zahnersatzbehandlung klagte die Patientin auf Schadensersatz- und Schmerzensgeld wegen fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung. Insbesondere der Bruch des Zahnes 13 sei vermeidbar gewesen und auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen. Die Entfernung von Kronen durch die zahnmedizinische Fachangestellte war nach Meinung der Patientin nicht statthaft gewesen.

Die Entscheidung:

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist laut des LG Köln insbesondere der Bruch des Zahnes 13 als schicksalhaft anzusehen und weder dem Behandler noch der zahnmedizinischen Fachangestellten anzulasten. So war der Zahn vor der Überkronung anderenorts wurzelbehandelt worden und zudem noch durch Karies geschwächt.

Der Sachverständige schlussfolgert hieraus, dass mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit dieser Zahn, wenn nicht an diesem Behandlungstag, so doch jedenfalls zeitnah bei anderer Gelegenheit frakturiert wäre.

Der Sachverständige konnte darüber hinaus auch kein behandlungsfehlerhaftes Versäumnis darin erkennen, dass das Provisorium durch eine Zahnarzthelferin entfernt worden ist. Das Entfernen von Provisorien durch eine zahnmedizinische Fachangestellte unter ärztlicher Supervision stelle ein statthaftes Delegieren von Aufgaben dar.

Dabei beschränke sich die Supervision darauf, dass ein Zahnarzt in der Praxis anwesend ist – was hier unstreitig der Fall war. In seiner mündlichen Anhörung ergänzt der Sachverständige die diesbezüglichen Ausführungen dahingehend, dass das Entfernen von Provisorien durch zahnmedizinische Fachangestellte bereits in deren Ausbildungsbeschreibung enthalten ist, sodass bereits die Auszubildenden dies daher schon unter Aufsicht vornehmen sollen. Für eine ausgelernte Fachkraft stellt es eine ohne weiteres selbstständig durchzuführende Tätigkeit dar.

Von Angelika Enderle, erstellt am 14.09.2017, zuletzt aktualisiert am 14.09.2017

Juradent-ID: 3782

Heruntergeladen am 15.09.2017 von Christian W. Nordheim

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LG Köln: Fehlerhafte Behandlung, wenn keine endgültige Zementierung einer Brückenkonstruktion erfolgt

Das Landgericht (LG) Köln hat mit Urteil vom 27.10.2015 (Az.: 3 O 381/13) entschieden, dass ein Zahnarzt fehlerhaft handelt, wenn er eine Brückenkonstruktion ohne sachlichen Grund nicht endgültig zementiert, sondern bis zum Ende der Behandlung einzig provisorisch befestigt und dadurch Mängel der Brücke entstehen, die eine Neuanfertigung der Brückenkonstruktion erforderlich machen.

Der Fall:

Der Patientin (Klägerin) waren anderweitig im Dezember 2010 Frontzähne extrahiert und an deren Stelle am

21.01.2011 zwei Implantate regio 12 und 21 gesetzt worden. Der Beklagte sollte nunmehr die Prothetik, aufbauend auf den Implantaten, in Form einer Brücke aus Keramik erstellen.

Am 16.05.2012 wurde die endgültige Brücke eingesetzt und provisorisch zementiert. Laut den

Behandlungsunterlagen nahm die Patientin zwischen August 2012 und Juli 2013 verschiedene Termine wahr, in denen Korrekturen der Brücke (Eckenabbruch am linken Frontzahn und eine hellere Farbe durch den Zahntechniker) vorgenommen wurden.

Mit email vom 27.08.2013 teilte die Klägerin dem Behandler mit, dass sie den ursprünglich geforderten weiteren

Behandlungstermin nicht mehr wahrnehmen wolle. Ferner forderte sie den Beklagten auf, den von diesem mit Rechnung vom 16.10.2012 angeforderten Eigenanteil (Honorar und Laborkosten) in Höhe von 3.598,36 EUR zu erstatten. Neben der Erstattung des geleisteten Eigenanteils begehrte die Klägerin aufgrund der optischen Mängel sowie dem Umstand, dass die Behandlung wiederholt werden muss, die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 3.000,00 EUR.

Die Klägerin behauptet, bereits die erste vom Beklagten eingegliederte Prothetik sei unzureichend gewesen und auch die Nacharbeiten hätten zu keiner Verbesserung, sondern vielmehr zu einem völlig unerwarteten Ergebnis geführt. Bis heute weise die Prothese mangelhafte Übergänge und unzureichende Abschlüsse zwischen der Prothetik und dem Zahnfleisch im hinteren, zum Gaumen hin gerichteten Bereich auf. Ferner würden das Zahnfleisch und die

Mundinnenwand der Klägerin ständig und in zunehmendem Maße irritiert. Sie behauptet, die Arbeit des Beklagten sei für sie insgesamt wertlos.

Das Urteil:

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Beklagte zur Überzeugung der Kammer die Klägerin fehlerhaft behandelt, weil er die am 16.05.2012 inserierte Brückenkonstruktion ohne sachlichen Grund niemals endgültig zementierte, sondern bis zum Ende der Behandlung im Jahr 2013 einzig provisorisch befestigte, wodurch Mängel der Brücke entstanden, die nunmehr eine Neuanfertigung der Brückenkonstruktion erforderlich machen.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen hätte die Brückenkonstruktion grundsätzlich bereits ca. eine Woche nach der provisorischen Befestigung – sobald der Patient wisse, ob ihm die Brücke gefalle und er damit zurechtkomme – definitiv befestigt werden können. Spätestens am 30.08.2012, wo in der Behandlungskartei des Beklagten dokumentiert sei, „Patientin kommt gut zurecht“, hätte definitiv zementiert werden müssen.

Soweit der Beklagte die nur provisorische Befestigung über einen langen Zeitraum im Termin mit häufigen

Änderungswünschen der Klägerin, ihrem eigenen Wunsch sowie dem Umstand erläutert hat, er sei aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin zuvor einen anderen Zahnarzt gerichtlich in Anspruch genommen habe, „vorsichtig“ gewesen, greift dies im Ergebnis nicht durch.

Soweit der Zahnarzt im Verhandlungstermin hinzugefügte, die Klägerin habe einzig eine provisorische Befestigung gewollt, befreie dieser Umstand den Beklagten nicht vom Vorwurf fehlerhaften Verhaltens. Denn der – zumal ggf. ohne ausführliche Erörterung der Problematik – geäußerte Wille eines Patienten nach einem bestimmten fehlerhaften Vorgehen befreit einen Mediziner nicht von der Pflicht zur Beachtung der Regeln der ärztlichen Kunst und der Haftung für ihre Verletzung. Ein „Handeln auf Verlangen“ könne den Arzt deshalb grundsätzlich nicht aus seiner Haftung für eine fehlerhafte Behandlung entlassen.

Als Folge der fehlerhaften Behandlung der Klägerin durch den Beklagten sei nunmehr eine Neuanfertigung der

Brückenkonstruktion notwendig, da nach den Erläuterungen des Sachverständigen die Keramikabsplitterungen, die defizitären Kronenrandabschlüsse an zwei Restaurationen sowie der Spaltraum im Bereich des Brückengliedes nur durch eine Neuanfertigung behoben werden könnten.

Schmerzensgeld wegen einer zahnärztlichen Fehlbehandlung

Bei der Bemessung des geschuldeten Schmerzensgeldes waren die der Klägerin entstehenden Unannehmlichkeiten und körperlichen Beeinträchtigungen zu berücksichtigen, die durch die Neuanfertigung und Neu-Insertion einer weiteren Suprakonstruktion entstehen werden. Für die entstehenden Unannehmlichkeiten und Beeinträchtigungen im Rahmen der – bereits jetzt abzusehenden – Nachbehandlung erachtet die Kammer ein Schmerzensgeld von 500,00 EUR für angemessen, aber auch ausreichend.

Kein Anspruch auf Erstattung der streitgegenständlichen Behandlung

Hingegen habe die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der ihr für die streitgegenständliche Behandlung entstandenen Kosten in Höhe von 3.598,36 EUR. Zwar stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die vom Beklagten bei der Klägerin im Mai 2012 inserierte implantatgetragene Suprakonstruktion aktuell nicht funktionsund verwendungsfähig ist und ausgetauscht werden müsse. Dies begründe jedoch für sich genommen noch nicht die rechtliche Bewertung der Prothetik als unbrauchbar in dem Sinne, dass die Klägerin das dem Beklagten geschuldete zahnärztliche Honorar nicht bezahlen müsste, bzw. dessen Erstattung verlangen könne:

Insoweit ergebe sich schon aus dem dienstvertraglichen Charakter des ärztlichen Behandlungsvertrages, dass eine Fehlerfreiheit der Behandlung grundsätzlich nicht Voraussetzung für die Fälligkeit des Arzthonorars sei. Vielmehr entfalle der Honoraranspruch eines Zahnarztes nur dann, wenn die erbrachte prothetische Versorgung für den Patienten völlig unbrauchbar sei und er diese Versorgung auch weder tatsächlich noch wirtschaftlich nutze, indem er etwa die Prothetik noch trage oder eine Nachbehandlung auf der vorhandenen Prothetik aufgebaut werde.

Sollte sich die Klägerin allerdings künftig dazu entschließen, sich einer zahnärztlichen Nachbehandlung und einem gegebenenfalls in diesem Zusammenhang erforderlichen Austausch der Suprakonstruktion zu unterziehen, werden die ihr damit verbundenen Kosten vom Beklagten zu ersetzen sein, weshalb dem hierauf gerichteten Feststellungsantrag stattzugeben war.

 

 

Entfernung alter Wurzelfüllung analog abrechenbar

AG Siegburg: Für die Entfernung einer alten Wurzelfüllung kann die GOZ-Nr. 2170 analog verlangt werden Urteil vom 28.10.2016

Das Amtsgericht (AG) Siegburg kam mit Urteil vom 28.10.2016 (Az.: 102 C 118/15) zu dem Ergebnis, dass die Entfernung einer bereits vorhandenen Wurzelfüllung (Revisionsbehandlung) nach der GOZ-Nr. 2170 analog abgerechnet werden konnte.

Sachlage:

Bei einer Patientin, die die Rechnung nicht vollständig bezahlen wollte, wurde eine umfangreiche Revisionswurzelkanalbehandlung am Zahn 37 durchgeführt. Dabei enthielt die Abrechnung u.a. folgende Kostenposition:

GOZ-Nr. 2170 – Beseitigung von pysiologischen/iatrogen verursachten Penetrationshindernissen, entsprechend Par. 6 Abs. 1 GOZ der Geb.-Nr. 2170: Einlagefüllung, mehr als zweiflächig

Die Patientin vertrat die Ansicht, sie habe vom Behandler darüber aufgeklärt werden müssen, dass bei der Positionen Nr. 2170 analog GOZ die Erstattungsfähigkeit nicht gesichert sei. Mit einem hierauf gestützten Schadensersatzanspruch erklärt sie hilfsweise die Aufrechnung.

Aus der Urteilsbegründung:

Der Sachverständige hat festgestellt, dass Entfernung der alten Wurzelfüllung im Rahmen der Revisionsbehandlung medizinisch notwendig und von der GOZ-Nr. 2410 nicht erfasst sei.

Zum einen finde sich weder in dem Leistungstext noch in den Abrechnungsbestimmungen ein entsprechender Hinweis. Zudem würden die Positionen Nr. 2360 und 2300 GOZ zeigen, dass die Entfernung von Materialien und Geweben vor der eigentlichen Aufbereitung, die sich im Wurzelkanal befinden, eine eigenständige Leistung darstellten.

Zudem sei unter Berücksichtigung der Kosten für die verbrauchten Instrumente, des Zeitaufwandes und der Tatsache, dass die Leistung unter einem Dentalmikroskop erbracht wurde, die notwendige Vergleichbarkeit mit den Leistungen der Position 2170 GOZ gegeben.

Das Gericht schließt sich den plausiblen und schlüssig dargestellten medizinischen Feststellungen des Sachverständigen an und kommt auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Leistung um eine selbstständige Leistung handelt, die nach der GOZ-Nr. 2170 analog abgerechnet werden konnte. Die von der Beklagten gegen die Forderung geltend gemachten Einwendungen greifen nicht durch.

Kein Schadensersatzanspruch aufgrund unterlassener Aufklärung

Schließlich steht der Beklagten kein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Aufklärungspflicht zu, denn es fehlt an einem kausalen Schaden. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass sie bei einer Aufklärung – d.h. bei einem rechtmäßigen Alternativverhalten – von einer Entfernung der Wurzelfüllung abgesehen hätte. Dies ist auch nicht naheliegend, da die Maßnahme nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen für einen Behandlungserfolg zwingend notwendig war.

Von Angelika Enderle, erstellt am 06.02.2017, zuletzt aktualisiert am 06.02.2017

Juradent-ID: 3688

 

 

SG Mainz: Die Gewährleistung des Zahnarztes

Die Gewährleistung des Zahnarztes

greift auch dann, wenn ein Dentallabor eigenständig Veränderungen an einer Prothese vornimmt.
Der Zahntechniker ist weder befugt noch berechtigt, Zahnheilkunde selbst auszuüben. Der Zahntechniker darf aus diesem Grund z.B. keine Abformungen, keine Einproben von Teilprothesen oder provisorischen Eingliederungen vornehmen,

auch wenn diese in der Zahnarztpraxis und im Beisein des Zahnarztes erfolgen (vgl. Zahnmedizin und Zahntechnik, BZÄK|KZBV).Wie ist es aber, wenn ein Patient das Dentallabor eigenständig und ohne Absprache mit dem Zahnarzt aufsucht und der Zahntechniker seinen Wünschen entsprechende Änderungen an Prothesen ausführt?Nach einer Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Mainz vom 02.12.2015 (Az.: S 16 KA 361/12) führt dieser Umstand nicht zu einer Schuldbfreiung des Zahnarztes. Er muss sich ein Verschulden des zahntechnischen Labors, welches den Zahnersatz hergestellt hat und hieran ggfs. Nachbesserungen vornimmt, entsprechend § 278 BGB zurechnen lassen.Laut Begründung des SG Mainz schuldet ein Vertragszahnarzt eine dem zahnärztlichen Standard entsprechende Versorgung mit Zahnersatz, wozu neben der zahnärztlichen Behandlung auch die zahntechnischen Leistungen gehören.Da der Zahnarzt vorliegend zumindest Kenntnis davon gehabt hat, dass sich die Patientin für Nachbesserungen ins Dentallabor begibt, sei ihm jedenfalls ein Organisationsverschulden dahingehend anzulasten, dass er der Versicherten die Möglichkeit eröffnete, unmittelbar im Dentallabor Änderungen zu verlangen, ohne seine Vertragspartner des Dentallabors ausreichend zu instruieren.Sowohl für die Versicherte, die mit dem Dentallabor keine eigenständige Vertragsbeziehung einging, als auch für das Dentallabor, das die Versicherte nach den vorgenommenen Änderungen nunmehr ausschließlich an den Zahnarzt verwies und den Zahnarzt unmittelbar über die vorgenommenen Änderungen informierte, stand offensichtlich außer Zweifel, dass das Zahnlabor für den Zahnarzt tätig wurde.Obwohl das Dentallabor in Tätigkeit für den Kläger keine Änderungen hätte vornehmen dürfen, die zu einer Mangelhaftigkeit des Zahnersatzes führten, liegen die vorgenommenen Änderungen aber innerhalb der Sphäre des Vertragszahnarztes. In Zurechnung des Verschuldens des Dentallabors entsprechend § 278 BGB ist dem Kläger zumindest Fahrlässigkeit hinsichtlich der Pflichtverletzung in Form einer nicht dem zahnärztlichen Standard entsprechenden Versorgung anzulasten.
Von Angelika Enderle, erstellt am 19.01.2017, zuletzt aktualisiert am 19.01.2017
Juradent-ID: 3680

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Inkasso-Kosten können von säumigen Patienten zurückverlangt werden

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten nehmen immer mehr Menschen Leistungen in Anspruch, die sie später nicht bezahlen. Um Zahlungsausfälle zu vermeiden bzw. zumindest zu verringern, ist ein effektives Mahn- und Inkassoverfahren notwendig.

Das Landgericht (LG) Berlin hat mit Urteil vom 07.04.2015 (Az.: 57 S 107/14) entschieden, dass nach Verzugseintritt entstandene Inkassokosten einen ersatzfähigen Verzugsschaden darstellen.

Im konkreten Fall hatte eine Ärzte-GmbH vor Einschaltung des Inkasso-Unternehmens eigene Rechtsverfolgungsmaßnahmen ergriffen, indem sie die ausstehende Zahlung selbst dreimal angemahnt hatte. Der Patient ließ sich jedoch erst durch eine von einem externen Dienstleister ausgesprochene Mahnung zur Zahlung bewegen.

Nach Ansicht des Landgerichts waren die entstandenen Inkassokosten zur Rechtsverfolgung erforderlich und zweckmäßig und stellten insoweit einen dem Grunde nach ersatzfähigen Verzugsschaden dar, der von dem säumigen Patienten zu tragen ist.

Das Gericht stellt dazu in seinen Entscheidungsgründen ausdrücklich fest, es sei weder treuwidrig noch schikanös, zur Durchsetzung einer Forderung über 18,81 Euro die Hilfe eines Inkassounternehmens in Anspruch zu nehmen und den Ersatz der hierbei entstandenen Kosten zu verlangen. Denn so habe die Patientin die Möglichkeit erhalten, die ausstehende Forderung zu begleichen, ohne die weiteren mit einem gerichtlichen Verfahren verbundenen Kosten tragen zu müssen.

Von Angelika Enderle, erstellt am 17.10.2015, zuletzt aktualisiert am 17.10.2015

Juradent-ID: 3464
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