Rechtstipp Mai 2013 BSG: Gebührenerhebung für erfolglos durchgeführtes Widerspruchsverfahren durch K(Z)V zulässig

BSG: Gebührenerhebung für erfolglos durchgeführtes Widerspruchsverfahren durch K(Z)V zulässig

Sind die K(Z)Ven berechtigt für im Rahmen von Widerspruchsverfahren Gebühren zu erheben? Das BSG sagt JA, und weißt die Klage einer Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe endgültig ab (BSG, Urt. v. 06.02.2013, B 6 KA 13/12).

Die Klägerin hatte gegen einen Honorarbescheid Widerspruch eingelegt, den die beklagte Kassenärztliche Vereinigung zurückwies. Der Verfügungssatz zu II lautete: “Für dieses Widerspruchsverfahren wird eine Gebühr in Höhe von 100,00 Euro festgesetzt.” Zur Begründung bezog sich die KV auf ihre Gebührenordnung, die für erfolglose Widerspruchsverfahren Gebühren in dieser Höhe vorsieht.

Gegen diese Gebührenfestsetzung hat die Klägerin bei dem SG München erfolglos Klage erhoben, auch das Das LSG hatte die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Zurückweisung wurde nunmehr auch in der Revisionsinstanz durch das BSG bestätigt. Nach Ansicht des BSG sind die K(Z)Ven berechtigt, für Widerspruchsverfahren Gebühren zu erheben, soweit diese nicht erfolgreich sind. Zwar werden nach § 64 SGB X für das Verfahren bei den Behörden nach diesem Gesetzbuch keine Gebühren und Auslagen erhoben, gleichwohl sei die Auferlegung von Kosten in begrenztem Umfang für den Fall eines erfolglosen Widerspruchs durch § 64 SGB X nicht gänzlich ausgeschlossen.

Rechtsgrundlage für die hier streitige Kostenregelung für das Widerspruchsverfahren ist § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V. Danach muss die Satzung der KV insbesondere Bestimmungen über Aufbringung und Verwaltung der Mittel enthalten. In dieser Regelung sieht der Senat in ständiger Rechtsprechung die Ermächtigungsgrundlage für Vorschriften über die “Festsetzung von Verwaltungskosten” (vgl zuletzt SozR 4-2500 § 81 Nr. 4 RdNr 13; aaO § 81 Nr 3 RdNr 15; SozR 3-2500 § 81 Nr. 5 S 12 noch zu § 368m RVO, aber mit Hinweis auf § 81 Abs 1 SGB V). Da die Vorschrift keine näheren Vorgaben für die Ausgestaltung der Erhebung von Beiträgen durch die KVen macht, sind Art und Weise der Einnahmenerhebung dem Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers überlassen, der dabei die allgemeinen Grundsätze des Beitragsrechts sowie den Gleichheitssatz zu beachten hat (BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 4 RdNr 13).

Der Umstand, dass jeder Vertragsarzt mit seinem Verwaltungskostenbeitrag die allgemeine Tätigkeit der KV bereits finanziert, schließe nicht aus, dass für besondere Tätigkeiten, die vom Vertragsarzt veranlasst werden und erhöhten Aufwand und Kosten verursachen, Gebühren erhoben werden. Aus der allgemeinen Finanzierungsregelung des § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V könne vielmehr auch die Berechtigung zur Erhebung von Gebühren abgeleitet werden.

Dr. Robert Kazemi

 

 

Rechtstipp April 2013 BGH-Urteil: Schadensersatzanspruch bei Internet-Ausfall

BGH-Urteil: Schadensersatzanspruch bei Internet-Ausfall

Schadenersatz für Internetausfall?Wenn der DSL-Anschluss lahmt: mit Surfsticks ins Internet Telekommmunikation: Mehr Rechte für Verbraucher Politik diskutiert “Universaldienst” für den Weg ins Internet

Karlsruhe – Nach einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs haben Internet-Nutzer Anspruch auf Schadenersatz, wenn der Internet-Anschluss ausfällt. Der Internetzugang sei auch im privaten Bereich von zentraler Bedeutung für die Lebensführung, entschied der BGH am Donnerstag. Aus diesem Grund bestehe auch ohne Nachweis eines konkreten Schadens ein Ersatzanspruch, wenn die Nutzungsmöglichkeit entfällt. Das gleiche gelte für den Telefonanschluss. Konkrete Summen nannte der BGH nicht (Az.: III ZR 98/12).

Damit zählen Internet und Telefon für den BGH zu den wenigen Wirtschaftsgütern, bei denen sich ein Ausfall typischerweise “auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt”. Das ist Voraussetzung für einen derartigen Ersatzanspruch und war bislang vor allem für Kraftfahrzeuge und Wohnhäuser anerkannt.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sah sich durch das Urteil in der Ablehnung von Netzsperren bekräftigt. Internetnutzung sei ein Bürgerrecht, erklärte sie. Die Piratenpartei sah “weitreichende Konsequenzen” für die Politik, wie Bundesvorstandsmitglied Klaus Peukert in einem Blogeintrag schrieb.
Wenn der Zugang zum Internet als elementar wichtig betrachtet werde, müssten die Kosten dafür beim Arbeitslosengeld berücksichtigt werden. Vorschläge, notorischen Urheberrechtsverletzern den Internetzugang zu sperren, gehörten zu den Akten gelegt, schrieb Peukert.

Im konkreten Fall hatte der Kunde eines Internetproviders seinen Tarif gewechselt – anschließend funktionierte der DSL-Anschluss zwei Monate lang überhaupt nicht mehr: Kein Internet, kein Festnetz, kein Fax. Der Mann aus Fürstenfeldbruck (Bayern) wollte Schadenersatz. Doch in den Vorinstanzen gewährten ihm die Gerichte nur die konkreten Mehrkosten für Mobilfunkgebühren und die Rechnungen eines anderen Anbieters.

Der BGH hob die Entscheidungen auf und verwies den Fall zurück an das zuständige Landgericht: Ähnlich wie beim Auto sei auch bei Telefon und Internet die “ständige Verfügbarkeit für die Lebensgestaltung von zentraler Bedeutung”. Der überwiegende Teil der Einwohner Deutschlands nutze das Internet täglich, argumentierte der BGH. “Damit hat es sich zu einem die Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprägenden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht.”  Was die Höhe des Ersatzanspruchs angeht, beließ es der BGH bei allgemeinen Hinweisen. Viel dürfte es aber nicht werden: Der Anspruch richtet sich nach den durchschnittlichen Kosten für den Internetanschluss, abzüglich des Gewinns des Providers. Von den 50 Euro pro Tag, welche der Kläger gefordert hatte, dürfte dies eine gute Strecke entfernt sein.

Außerdem gibt es keinen Schadenersatz, wenn dem Anschlussinhaber ein gleichwertiger Ersatz zur Verfügung steht und die Mehrkosten hierfür ersetzt werden. Deshalb hat der Kläger im konkreten Fall keinen Ersatzanspruch für den Ausfall des Telefonanschlusses – denn er nutzte in dieser Zeit ein Mobiltelefon und bekam die Kosten ersetzt.

Auch beim Internetanschluss wäre ein derartiger Ersatz im Prinzip möglich, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Schlick bei der Urteilsverkündung. Ob hierzu allerdings schon ein internetfähiges Telefon ausreichen könnte – wie in der mündlichen Verhandlung diskutiert wurde -, musste der BGH nicht entscheiden.

 

 

Rechtstipp März 2013 BSG: Der sozialdatenschutzrechtliche Auskunftsanspruch gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse erstreckt sich auch auf den Übermittlungsweg

BSG: Der sozialdatenschutzrechtliche Auskunftsanspruch gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse erstreckt sich auch auf den Übermittlungsweg

Problemstellung:

Fragen des Datenschutzes sind nicht allein privatrechtlicher Natur; auch und vor allem, wenn es um die Datenverarbeitung durch öffentliche Stellen geht, genießt der Bürger weitreichenden Schutz.

Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits am 15. Dezember 1985 im Zusammenhang mit dem sog. Volkszählungsurteil (BVerfG, Urteil v. 15. Dezember 1983, Az. 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83) entschieden und das sog. Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus dem Grundgesetz hergeleitet. Die Entscheidung wird daher gemeinhin auch als “Geburtstunde” des deutschen Datenschutzrechts verstanden. Die Ausweitung dieses – zunächst vornehmlich gegenüber öffentlichen Stellen Geltung beanspurchenden – Rechts des Einzelnen auf die Pivatwirtschaft erschien da nur folgerichtig; fest steht jedoch, auch der Staat und seine staatlichen Einrichtungen sind nicht befugt, unkontrolliert Daten zu sammeln. Um dies zu kontrollieren stehen dem Bürger umfassende Auskunfts- und Informationsrechte zu, die – bezogen auf Sozialdaten – im Sozialgesetzbuch (SGB) X normiert sind. In einem heute veröffentlichten Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.11.2012 (Az: B 1 KR 13/12 R) werden die Rechte des Bürgers genauer konkretisiert und die gesetzlichen Krankenkassen  zur umfassenden Auskunftserteilung verpflichtet.

Der Fall:

Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin beantragte, ihr Auskunft darüber zu erteilen, ob und welche über sie gespeicherten Sozialdaten die Beklagte an welche Empfänger mit welchen Medien weitergegeben habe. Nach Angaben der Versicherten habe die Beklagte die betreffenden medizinischen Daten über das Internet versandt, medizinische Daten ohne Beziehung zum SGB IX an die Stadtverwaltung K. weitergegeben und Daten ohne Erlaubnis an die Bundesagentur für Arbeit übermittelt. Da die Beklagte nicht reagierte, hat die Klägerin Klage erhoben. Die Beklagte lehnte daraufhin eine Verbescheidung und Auskunftserteilung ab. SG und LSG wiesen die auf Erteilung der Auskunft gerichtete Klage ab, da der Auskunftsanspruch hinsichtlich der nicht automatisiert gespeicherten Daten daran scheitere, dass der erforderliche Verwaltungsaufwand der Beklagten in Abwägung mit dem Informationsinteresse der Klägerin unverhältnismäßig erscheine (§ 83 Abs 1 S 3 SGB X). Insoweit sei die Beklagte auch nicht zu einer Teilauskunft verpflichtet.

Dieser Rechtsansicht erteilt das BSG nunmehr eine eindeutige Absage und verweist den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung über die Auskunftsansprüche der Versicherten zurück an das LSG.

Die Entscheidung:

Rechtsgrundlage des Auskunftsbegehrens ist § 83 Abs 1 S 1 Nr 2 iVm Nr 1 SGB X. […]

Es spricht viel dafür, dass der Auskunftsanspruch nach § 83 Abs 1 S 1 Nr 2 iVm Nr 1 SGB X nicht nur die Auskunft darüber umfasst, ob und ggf welche der über die Klägerin bei der Beklagten gespeicherten Sozialdaten die Beklagte an welche Empfänger weitergab. Über den Wortlaut der Regelung hinaus dürfte auch die Auskunft über das Übermittlungsmedium einzubeziehen sein, wenn dies erforderlich ist, um insbesondere Rechte auf künftiges Unterlassen, Löschung und Schadensersatz verfolgen zu können, wenn nämlich der Übermittlungsweg den Zugriff unberechtigter Dritter eröffnet. […]

Es ist Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs nach § 83 Abs 1 S 1 Nr 1 und Nr 2 SGB X, den Betroffenen in die Lage zu versetzen, zu erfahren, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über ihn weiß. Dies dient dazu, die Rechte auf Löschung, Berichtigung, Sperrung und Schadensersatz (vgl §§ 82, 84 SGB X) effektiv geltend machen zu können. Der Auskunftsanspruch sichert hierdurch verfassungskonform das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG) ab (vgl grundlegend BVerfGE 65, 1, 43; Grundsatz der Transparenz; zur verfassungskonformen Konkretisierung der Parallelnorm des § 19 Bundesdatenschutzgesetz <BDSG> vgl BVerfGE 120, 351, 359 ff = Juris RdNr 53 ff).

Die Klägerin beruft sich gerade darauf, dass die Beklagte die Klägerin betreffende Sozialdaten ohne Schutz vor dem Zugriff unberechtigter Dritter übermittelt habe. Kenntnis über das Übermittlungsmedium kann insoweit zur Kenntnis über eine “unzulässige Verarbeitung” führen. Eine unzulässige Verarbeitung kann einen Schadensersatzanspruch nach § 82 SGB X (iVm § 7 bzw § 8 BDSG) auslösen und eine gegen die Anforderungen nach § 78a SGB X verstoßende Datenverarbeitung sein (zum Beispiel des Fehlens einer nach Nr 2 der Anlage zu § 78a SGB X einzurichtenden Zugangskontrolle vgl Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Online-Ausgabe, § 82 RdNr 21, Stand März 2002; derselbe ebenda, § 78a RdNr 35, Stand Mai 2011; so auch bzgl § 7 BDSG Wagner, MittLVA Württ 1991, 268, 270; Gabel in Taeger/Gabel, BDSG, 2010, § 7 RdNr 7; vgl auch Schultze-Melling, CR 2005, 73, 77; Klett/Lee, CR 2008, 644, 647). Dafür sprechen auch Art 23 und Art 17 Abs 1 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Richtlinie 95/46/EG, ABl EG Nr L 281/31 vom 23.11.1995; vgl auch Art 5 Richtlinie 95/46/EG).

Die Grundvoraussetzungen des geltend gemachten Auskunftanspruchs dürften erfüllt sein: Die Klägerin beantragte bei der Beklagten als “verantwortliche Stelle” (§ 67 Abs 9 S 2 SGB X, § 35 SGB I) die gewünschte Auskunft darüber, ob und ggf welche der über die Klägerin bei der Beklagten gespeicherten, noch nicht mitgeteilten Sozialdaten die Beklagte an welche Empfänger mit welchen Medien weitergab. Weder bedurfte es einer weiteren Konkretisierung des Antrags […] noch der Darlegung eines schützenswerten Auskunftsinteresses.

Die Einwendungen der Beklagten dürften kaum durchgreifen. Unerheblich ist insoweit der Einwand der Beklagten hinsichtlich der telefonischen Weitergabe von Sozialdaten, dass sie nicht jedes Telefonat aktenkundig mache. Der Auskunftsanspruch nach § 83 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB X erstreckt sich nämlich auch auf nicht gespeicherte Empfänger bzw die nicht dokumentierte Übermittlung von Sozialdaten. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) gebietet grundsätzlich, die Übermittlung personenbezogener Daten zu protokollieren, sodass der Betroffene von der Weitergabe seiner Daten Kenntnis erlangen und dagegen den Rechtsweg beschreiten kann.

Dem Auskunftsanspruch der Klägerin steht nicht entgegen, dass […] der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem vom Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht (§ 83 Abs 1 S 3 SGB X). Bei Prüfung dieser Voraussetzung ist zu beachten, dass mit Blick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung Einschränkungen des Informationsrechts nur zulässig sind, wenn sie gegenläufigen Interessen von größerem Gewicht dienen. […] Die Klägerin hat Angaben gemacht, die das Auffinden der Daten (hinsichtlich der Empfänger) ermöglichen. Der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand steht nicht außer Verhältnis zu dem von ihr geltend gemachten Informationsinteresse. Das Informationsinteresse der Klägerin ergibt sich nicht nur allgemein aus ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Sie untermauert es mit dem Hinweis, die Beklagte habe die Klägerin betreffende medizinische Daten über das Internet versandt. Zudem habe sie medizinische Daten an die Stadtverwaltung K. ohne erkennbare Rechtfertigung (im Rahmen des SGB IX) weitergegeben. Schließlich habe sie ohne gesetzliche Grundlage Sozialdaten an die Bundesagentur für Arbeit übermittelt.

Der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand ist zudem unter Berücksichtigung effizienter, kostensparender Verfahren zu bemessen. Um eine Auskunft zu ermöglichen, bestimmt die verantwortliche Stelle unter Berücksichtigung dieses Interesses das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung (vgl § 83 Abs 1 S 4 SGB X). In diesem Sinne ist es der Beklagten durchaus möglich, der Klägerin in einer Art und Weise Auskunft zu erteilen, die den organisatorischen Aufwand in Grenzen hält, beispielsweise in Form der Gewährung von Akteneinsicht. Die Beklagte hat es bei alledem in der Hand, die Aktenführung generell so zu gestalten, dass der Aufwand für die gesetzlichen Auskunftsrechte möglichst gering gehalten wird (vgl auch BVerfGK 7, 168, 184 = SozR 4-1300 § 25 Nr 1 RdNr 54).
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Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Auskunftserteilung müsse unterbleiben, soweit die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde, und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss (vgl § 83 Abs 4 Nr 1 SGB X). Wenn die Beklagte die begehrte Auskunft erteilt, gefährdet die gewünschte Information als solche nicht die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Beklagten (vgl zu diesem wortlautgetreuen Ansatz auch BVerwGE 89, 14, 18; BFHE 203, 227, 233; BFHE 202, 425, 428; s auch Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl 2011, § 19 RdNr 84; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 3. Aufl 2010, § 19 RdNr 23). Selbst wenn man entgegen den verfassungs- und europarechtlichen Wertungen – über den Wortlaut hinaus – Rechtsmissbrauch durch die Regelung des § 83 Abs 4 Nr 1 SGB X abwehren könnte, griffe eine solche Folge zu Lasten der Klägerin nach den dargelegten Grundsätzen effektiver Auskunftsgestaltung nicht ein.

Bewertung:

Die Entscheidung des BSG ist zu begrüßen, stärkt sie doch die Rechte des Versicherten gegenüber seiner Krankenkasse in erheblichem Umfange. Nach § 83 Abs 1 S 1 Nr 2 iVm Nr 1  SGB X ist dem Betroffenen auf Antrag über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten, auch  soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen, und über die  Empfänger oder Kategorien von Empfängern, an die Daten weitergegeben  werden Auskunft zu erteilen. Das BSG stellt klar, dass dieser Auskunftsanspruch auch auf das zum Zwecke der Datenübermittlung verwandte Übermittlungsmedium bezieht, da bereits der Einsatz ungeeigneter, weil nicht vor dem unberechtigten Zugriff Dritter geschützer, Übermittlungswege  eine “unzulässige  Verarbeitung” darstellen und Schadensersatzansprüche des Versicherten nach § 82 SGB X nach sich ziehen kann. In diesem Sinne fordert eine dem informationellen Selbstbestimmungsrecht genügende Datenverarbeitung gerade auch den Einsatz geeigneter technischer und organisatorischer Maßnahmen, die einen Schutz gegen die zufällige oder unrechtmäßige Zerstörung, den zufälligen Verlust, die unberechtigte Änderung, die unberechtigte Weitergabe und den unberechtigten Zugang – insbesondere wenn im Rahmen der Verarbeitung Daten in einem Netz übertragen werden – sicherstellen. Gerade der Versand von E-Mail ist jedoch nicht in jedem Falle sicher. Ihr Inhalt ist vielmehr (unverschlüsselt) genauso für jeden einsehbar wie der einer Postkarte auf dem Postweg. E-Mails lassen sich ohne allzu großen Aufwand abfangen, lesen und manipulieren. Gerade im Gesundheitswesen sollte das Thema E-Mail-Sicherheit in der Priorität daher weit oben angesiedelt werden. Diesem Umstand trägt die Entscheidung des BSG Rechnung, sie sollte daher auch anderen gesetzlichen Krankenversicherung als Warnung gelten.

Dr. Robert Kazemi

 

 

Rechtstipp Februar 2013 Haftung einer gesetzlichen Krankenkasse für falsche Leistungszusagen ihrer Mitarbeiter

Haftung einer gesetzlichen Krankenkasse für falsche Leistungszusagen ihrer Mitarbeiter

Mit Urteil vom 18.12.2012 hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschieden, dass eine gesetzliche Krankenversicherung in Bezug auf falsche Angaben eines Mitarbeiters zum Leistungsumfang im Wege der sogenannten Amtshaftung schadensersatzpflichtig ist.

Zwar liegt der Entscheidung ein Sachverhalt aus dem ärztlichen Bereich zugrunde (naturheilkundliche Behandlung einer Krebserkrankung), die rechtliche Argumentation des Gerichts ist jedoch gleichermaßen für den zahnärztlichen Bereich heranzuziehen.

Beratung von Versicherten muss richtig, klar, unmissverständlich, eindeutig und vollständig sein

Das OLG Karlsruhe stellt dabei fest, dass es sich gemäß § 4 Abs. 1 SGB V bei der beklagten Krankenkasse um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt, deren Tätigkeit als öffentliche Sozialversicherung hoheitlicher Leistungsverwaltung zuzuordnen ist. Bei Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben im Bereich der GKV obliege ihr bzw. ihren zuständigen Amtsträgern die Verpflichtung zu gesetzeskonformem Verwaltungshandeln.

Gemäß § 14 SGB I seien die Sozialleistungsträger dabei zu einer zutreffenden Beratung der Versicherten über die Rechte und Pflichten in der gesetzlichen Krankenversicherung verpflichtet. Mithin müssten Auskünfte und Belehrungen grundsätzlich richtig, klar, unmissverständlich, eindeutig und vollständig erteilt werden.

Der Mitarbeiter der beklagten Krankenkasse habe nach Ansicht des Gerichts die ihm obliegende Amtspflicht zur zutreffenden Beratung über den Umfang der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung im konkreten Fall verletzt. Den Einwand der Beklagten, dass das Vertrauen der Klägerin auf die Richtigkeit der ihr erteilten Auskünfte nicht schutzwürdig gewesen sei, lehnte das Gericht ab.

Vorliegen einer Verlässlichkeitsgrundlage

Dabei führt es aus, dass der Bürger grundsätzlich von der “Rechtmäßigkeit der Verwaltung” ausgehen dürfe. Richtig sei, dass es bei der Haftung wegen falscher Auskünfte auch darauf ankomme, ob das nach Erhalt der Auskunft entfaltete Vertrauen schutzwürdig sei, weshalb zunächst festgestellt werden müsse, ob die konkrete Auskunft überhaupt geeignet war, eine Vertrauens-/Verlässlichkeitsgrundlage für Investitionen zu bilden. Eine solche müsse dann verneint werden, wenn der Empfänger die Unrichtigkeit der Auskunft kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Im vorliegenden Fall könne der Klägerin jedoch kein diesbezüglicher Vorwurf gemacht werden.

Komplexität des Sozialversicherungsrechts

Das OLG Karlsruhe begründet seine Entscheidung u.a. damit, dass aufgrund der Komplexität des Sozialversicherungsrechts und der Verzahnung der gesetzlichen Krankenversicherung mit anderen Sozialversicherungsbereichen (Pflege, Rentenrecht, Sozialhilfe) nicht davon ausgegangen werden könne, dass in der Öffentlichkeit der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung auch in den Details in der Weise bekannt ist, dass sich die Unrichtigkeit der Auskünfte des Mitarbeiters der beklagten Krankenkasse der Klägerin hätten aufdrängen müssen.

Zudem habe sich die Klägerin auch telefonisch bei besagtem Mitarbeiter erkundigt, ob die Leistung von der Beklagten übernommen werde, der sie zudem in einem Fall auf eine Zusatzversicherung verwiesen hat, sodass angesichts dieses auf den individuellen Einzelfall abstellenden Vorgehens Zweifel der Klägerin an der Richtigkeit der Auskünfte des Zeugen nicht aufkommen mussten.

Mündliche Beratung muss nicht schriftlich bestätigt werden

Der Umstand, dass die Klägerin keine schriftliche Zusage hinsichtlich des Leistungsumfanges erhalten habe, sei dabei für die Schutzwürdigkeit ihres Vertrauens ebenfalls nicht relevant, da der Gesetzgeber bei Schaffung der Beratungspflicht nach § 14 SGB I ganz bewusst von einer Verpflichtung zur schriftlichen Bestätigung der mündlichen Beratung abgesehen habe. Die lediglich mündliche Beratung entspreche daher der Gesetzeslage, sodass das Fehlen einer schriftlichen Auskunft zum Leistungsumfang die Verlässlichkeitsgrundlage nicht in Frage stelle.

Nachdem die Kostenerstattung bis 2008 beanstandungslos funktionierte, musste die Klägerin auch aus dem Fehlen von Abrechnungsunterlagen keine die Verlässlichkeit der Auskünfte des Mitarbeiters in Frage stellenden Schlüsse ziehen. Bei Auftreten der ersten Zahlungsverzögerungen habe er die Klägerin sowie weitere seiner Kunden aus dem Bekannten- und Familienkreis der Klägerin jeweils vertröstet und plausibel erscheinende Erklärungen dafür angeboten (Systemumstellung, Fehlbuchung, Fortbildung, Einstellung neuer Sachbearbeiter), sodass die Klägerin auch in Anbetracht dieser Umstände nicht an der Richtigkeit seiner Auskunft zweifeln musste.

Bei dieser Sachlage könne somit nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin den Angaben des Mitarbeiters der beklagten Krankenkasse blind vertraute und sich besseren Erkenntnismöglichkeiten geradezu verschlossen hat.

Medizinische Notwendigkeit unerheblich

Darüber hinaus stellte das Gericht klar, dass die Erstattungspflicht auch nicht davon abhängig sei, ob es sich um medizinisch notwendige Kosten gehandelt habe. Unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm sei der Schaden zu ersetzen, zu dessen Verhinderung die verletzte Amtspflicht dient. Die Klägerin könne daher die Erstattung der Kosten verlangen, die ihr entstanden sind, weil sie nicht zutreffend über den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung informiert worden war und daher nicht erstattungsfähige Leistungen in Anspruch genommen hat. Gerade die Beratungspflicht nach § 14 SGB I solle Nachteilen des Versicherten vorbeugen, die ihm dadurch entstehen können, dass er sich in Unkenntnis der Leistungen des Sozialleistungsträgers befindet.

 

 

Rechtstipp Januar 2013 „Schwangere Schwangerschaftsvertretung“ – Bewerberin nicht zur Auskunft verpflichtet

„Schwangere Schwangerschaftsvertretung“ – Bewerberin nicht zur Auskunft verpflichtet

Das Landesarbeitsgericht Köln hat in einem jetzt veröffentlichten Urteil entschieden, dass auch eine Frau, die befristet zur Vertretung einer schwangeren Mitarbeiterin eingestellt wird, dem Arbeitgeber vor Abschluss des Arbeitsvertrages nicht offenbaren muss, dass sie ebenfalls schwanger ist.

Darauf verweist der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Frhr. Fenimore von Bredow, Vizepräsident des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln vom 7. Dezember 2012 zu seinen Urteil vom 11. Oktober 2012 – 6 Sa 641/12.

Die Frage nach einer Schwangerschaft wird grundsätzlich als unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Sinne des Paragraf 3 Absatz 1 Satz 2 AGG bewertet. Eine schwangere Frau braucht deshalb auch weder von sich aus noch auf entsprechende Fragen vor Abschluss des Arbeitsvertrags eine bestehende Schwangerschaft zu offenbaren.

Das gilt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 4. Oktober 2001 – C-109/00) selbst dann, wenn nur ein befristeter Arbeitsvertrag begründet werden soll und die Bewerberin während eines wesentlichen Teils der Vertragszeit nicht arbeiten kann.

Auch in dem Fall, dass der befristete Vertrag zur Vertretung einer ebenfalls schwangeren Mitarbeiterin dienen sollte, sah das Landesarbeitsgericht keine Ausnahme begründbar, so von Bredow. Eine wegen Verschweigens der Schwangerschaft erklärte Anfechtung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber war deshalb unwirksam. Offen gelassen wurde, ob in Fällen eines dauerhaften Beschäftigungsverbots eine Ausnahme zu machen wäre. Denn das lag im entschiedenen Fall nicht vor. Die Klägerin hatte bis zur Erklärung der Anfechtung gearbeitet.

Von Bredow empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er unter anderem auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V. – www.vdaa.de – verwies.

 

 

Rechtstipp Dezember 2012 Präendodontische Aufbauten und ihre Berechnung

Präendodontische Aufbauten und ihre Berechnung

Für einen stark karies- oder traumabedingt zerstörten Zahn ist mitunter eine präendodontische Versorgung zur Erhaltung des Zahnes vor einer Wurzelbehandlung unumgänglich. Da die Substanzdefekte in diesem Zusammenhang oftmals bis unter das Zahnfleischniveau reichen, stellt der präendodontische Aufbau häufig die einzige Möglichkeit dar, eine ausreichende Retention und Abdichtung zur Fixierung des Kofferdams zu erreichen, um die im Rahmen der Wurzelbehandlung erforderliche Vermeidung von Verunreinigungen des Wurzelkanalsystems zu gewährleisten.

Der Aufbau liefert zudem reproduzierbare Referenzpunkte für die Längenbestimmung und dient darüber hinaus der Stabilisierung der vorgeschädigten Zähne und minimiert die Gefahr von Zahnfrakturen.
Die Abschirmung von bakteriellen Verunreinigungen des endodontischen Arbeitsfeldes wird heute allgemein gefordert und wurde bereits von einigen Gerichten bestätigt.

Bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht Frankfurt (Urteil vom 11.07.2007, Az. 29 C 2147/03-21) hat der Sachverständige in seinem zweiten Ergänzungsgutachten vom 12.04.2007 (Bl. 377 ff. d.A.) nachvollziehbar aufgeführt, dass herkömmliche Aufbaufüllungen aus Zahnzement schnellem Verschleiß unterliegen, wohingegen die dentinadhäsiven Aufbaufüllungen nicht nur von der Abriebfestigkeit des Materials her, sondern auch aufgrund ihrer festeren Verbundenheit mit dem Zahn eine wesentlich höhere Dimensionsstabilität aufweisen. Diese Ausführungen ließen den Richtern die Schlussfolgerung überzeugend erscheinen, dass das Behandlungsziel mit dem Einsatz herkömmlicher Aufbaufüllungen gefährdet gewesen wäre, so dass der Einsatz dentinadhäsiver Aufbaufüllungen gemäß § 6 Abs. 2 durch eine analoge Bewertung abzurechnen sei.

Berechnung:
Da während der gesamten, oftmals viele Sitzungen dauernden endodontischen Behandlungsphase der Zugang zu den Wurzelkanälen immer gewährleistet bleiben muss, entspricht der präendodontische Aufbau keinesfalls der “Vorbereitung eines zerstörten Zahnes zur Aufnahme einer Krone” (vgl. GOZ-Nr. 2180), sondern dient der Abschirmung von bakteriellen Verunreinigungen des endodontischen Arbeitsfeldes und ermöglicht eine erfolgreiche endodontische Behandlung. Ggf. wird nach der Wurzelbehandlung zusätzlich ein postendodontische Aufbauversorgung unter Zuhilfenahme eines Glasfaserstiftes notwendig.

Adhäsiv befestigte präendodontische Aufbauten sind in der GOZ 2012 nicht beschrieben und werden nach Auffassung der Bundeszahnärztekammer (Stand 7. Juni 2012) analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ berechnet.

Die Zahnärztekammer Niedersachsen (Stand: September 2012) stellt explizit fest:

„Der präendodontische Stumpfaufbau dient u.a. keimarmer Instrumentierung, der Schaffung von

Referenzpunkten zur Längenbestimmung und der Ermöglichung des Anlegens von Kofferdam während der endodontischen Behandlung.

Die Leistung entspricht weder den Geb.-Nrn. 2050 ff. GOZ noch der Geb.-Nr. 2180 GOZ und ist analog berechnungsfähig. Bei adhäsiver Befestigung ist die Geb.-Nr. 2197 GOZ zusätzlich berechnungsfähig“

Bestätigt wird die Analogberechnung ferner von der LZK Baden-Württemberg (GOZ INFORM, Stand 11/2011), der LZK Brandenburg (ZBB Ausgabe 4/2012) und der Zahnärztekammer Hamburg (HZB 9-2012).

Als analoge Gebührenpositionen können z.B. die GOZ-Nrn. 2190, 2150, 2160, 2170 herangezogen werden. Der Steigerungsfaktor sollte nach § 5 Abs. 2 GOZ angemessen bestimmt werden.
Der Behandler ist allerdings frei in der Wahl der Analogposition und wählt die entsprechende Leistung nach seinem Ermessen aus – zu beachten sind hierbei die Kriterien -Art, Kosten- und Zeitaufwand.

Hinweis:
Es empfiehlt sich in der Liquidation eine genaue Angabe der durchgeführten präendodontischen Aufbaumaßnahme, damit Missverständnisse mit etwaigen nachfolgenden, zahnersatzbedingten Aufbaumaßnahmen vermieden werden.

 

 

Rechtstipp November 2012 : Vergütungsanspruch für abgesagte Arzttermine

Vergütungsanspruch für abgesagte Arzttermine

Das Amtsgericht Bremen verneinte in seinem aktuellen Urteil vom 09.02.2012 (Az. 9 C 0566/11) einen Vergütungsanspruch des Arztes, wenn ein Patient lediglich ein Termin zur ärztlichen Behandlung kurzfristig absagt. Die Vereinbarung eines Arzttermins sei nicht mit dem Abschluss eines Behandlungsvertrages gleichzusetzen. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts kann ein Patient den mit einer Arztpraxis vereinbarten Termin jederzeit stornieren, ohne dass er dem (nicht) behandelnden Arzt eine Vergütung schuldet.

Wörtlich stellt das Gericht in seiner Urteilsbegründung fest: Schließlich wird die Annahme einer Vergütungspflicht bei Stornierung oder Nichtwahrnehmung reservierter Dienstleistungen anderer Art (Friseur, Theater, Kino, etc) – soweit ersichtlich – zu Recht nicht vertreten. Warum für Arzttermine etwas anderes geltend sollte, ist nicht ersichtlich. Terminabsprachen haben für sich genommen einen bloß organisatorischen und nicht rechtsverbindlichen Inhalt. Schließlich wollen sich Ärzte, die vereinbarte Termine nicht zeitgenau einhalten oder sogar nachträglich verlegen lassen, nicht schadensersatzpflichtig im Sinne des § 280 I BGB machen.“

Im Gegensatz zu diesem Fall sind festgelegte Pauschalbeträge für Ausfallzeiten durchaus bei sogenannten „Bestellpraxen“ als zulässig angesehen worden:

So hatte das Amtsgericht Fulda, Urteil vom 16.05.2002 (Az. 34 C 120/02) einen Anspruch auf Vergütung festgestellt, wenn im Anmeldeformular ein Hinweis gegeben wird, dass ein Bestellsystem vorliegt und die reservierten Termine in Rechnung gestellt werden können, wenn nicht mindestens 24 Stunden vorher eine Absage erfolgt. Ein solcher Hinweis wird vertraglicher Bestandteil und verstößt nicht gegen die §§ 305 ff BGB.

Das Amtsgericht Nettetal hat mit Urteil vom 12.09.2006 (Az. 17 C 71/03) eine Patientin verpflichtet, ihrem Zahnarzt Schadenersatz in Höhe von knapp 1.300 Euro zu zahlen, weil sie einen speziell für sie reservierten Termin für eine zweistündige Zahnersatz-Behandlung nicht eingehalten hatte. In einem vorab unterschriebenen Behandlungsvertrag war deutlich erläutert worden, dass die Praxis „nach dem Bestellsystem geführt wird“. Kann der Arzt nachweisen, dass er in dieser Zeit keinen anderen Patienten behandeln konnte, also eine Ausfallzeit hatte, kann er von dem Patienten die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur kostenfreien Nachleistung verpflichtet zu sein.

Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart, Urteil vom 17.04.2007 (Az. 1 U 154/06) hat ein Zahnarzt darzulegen, dass ihm durch die verspätete Absage ein Verdienstausfall entstanden ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn er bei einer rechtzeitigen Absage die Möglichkeit gehabt hätte, einen bestimmten anderen Patienten in der frei gewordenen Zeit zu behandeln.

Das Landgericht Berlin stellt mit Urteil vom 15.04.2005 (Az. 55 S 310/04) fest, dass eine Vereinbarung zur Zahlung eines Ausfallhonorars bei nicht rechtzeitiger Absage eines Behandlungstermins nur zulässig sei, wenn dem Patienten eine „Entlastungsmöglichkeit für unverschuldetes Nichterscheinen“ eingeräumt wird. Fehlt ein solcher Hinweis, so stellt die Vereinbarung eine unangemessene und einseitige Benachteiligung des Patienten dar und ist damit im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zulässig.

Hinweis:

Es ist anzuraten, mit dem Patienten eine schriftliche Vereinbarung zu treffen, dass eine bestimmte Zahlungsverpflichtung für den Fall des Ausbleibens zum vereinbarten Behandlungstermin besteht und wie lange vorher der Termin ohne Folgen vorher abgesagt werden kann. Auch sollte dem Patienten eine Entlastungsmöglichkeit für unverschuldetes Nichterscheinen eingeräumt werden.

Zu beachten ist weiterhin, dass aus der Verwendung einer derartigen Klausel eine Verbindlichkeit des Behandlungstermins resultiert, welche bei nicht fristgerechtem Einhalten des Termins, auch zulasten des Zahnarztes gehen kann.

 

 

Rechtstipp Oktober 2012 Bei nicht sorgfältig ausgefülltem HKP droht Honorarverlust

Bei nicht sorgfältig ausgefülltem HKP droht Honorarverlust

Mit Urteil vom 22.02.2012 hat das OLG Koblenz klargestellt (Az. 5 U 707/10):

1. Einen Heil- und Kostenplan hat der Zahnarzt inhaltlich so zu gestalten, dass alle von der gesetzlichen Krankenkasse zu vergütenden Leistungen erfasst sind.

Hätte der Patient in diesem Fall deutlich geringere Eigenzahlungen geschuldet, steht ihm insoweit ein Leistungsverweigerungsrecht zu.

2. Zahlt der Patient auf insgesamt drei Rechnungen in der Größenordnung von 16.000 EUR ohne Zahlungsbestimmung pauschal 10.000 EUR, kann der Zahnarzt den Streitstoff seiner Honorarklage nicht dadurch auf die einer bestimmten Rechnung zugrunde liegenden Leistungen beschränken, dass er die geleistete Zahlung den beiden anderen Rechnungen zuordnet.

3. Leistungserschwernisse und einen daran anknüpfenden höheren Bemessungssatz muss der Zahnarzt in erster Instanz substantiiert darlegen. Wird das erst im Berufungsverfahren nachgeholt, ist es prozessual unbeachtlich.

Folgender Fall lag der Entscheidung zugrunde:
Die betroffene Zahnärztin hatte den Beklagten mit einer Oberkiefer- und einer Unterkiefer-Teleskopprothese versorgt. Vorbereitend war ein Heil- und Kostenplan erstellt worden, den die gesetzliche Krankenversicherung genehmigte. Ergänzend waren Vereinbarungen über Mehrleistungen außerhalb des Plans geschlossen worden. Diese Leistungen waren ebenso wie der Eigenanteil des Beklagten Gegenstand dreier Rechnungen. Der Patient zahlte ohne besondere Tilgungsbestimmung 10.000 EUR, so dass noch ein Saldo von 5.932,71 EUR offen stand.

Der Patient verteidigte sich vor Gericht mit der Behauptung, die Rechnungsstellung sei nicht prüfbar und überhöht. Außerdem rügte hat er Mängel in der Prothetik, deren Beseitigung mehr koste, als die Klägerin an Zahlungen noch fordere. Nachbesserungsversuche seien gescheitert und schließlich sei eine Abhilfe überhaupt verweigert worden.

Das Landgericht hatte sachverständig beraten die Klage abgewiesen. Seiner Auffassung nach bestünden die Ansprüche nicht in der behaupteten Höhe, weil zahlreiche die Oberkieferprothese betreffende Rechnungspositionen überhöht oder überhaupt unberechtigt seien. Soweit noch eine Restforderung bestehe, könne sich der Beklagte mit einem Zurückbehaltungsrecht wegen anfallender Mängelbeseitigungskosten verteidigen; auf eine Nachbesserung brauche er sich nicht einzulassen.

Diese Entscheidung greift die Klägerin in Erneuerung ihres Begehrens mit der Berufung an. Sie wirft dem Landgericht vor, das gesamte Vertragsverhältnis der Parteien in seine Beurteilung einbezogen zu haben, statt sich auf die nicht ausgeglichene Rechnung zu beschränken. Der Beklagte werde lediglich insoweit zu Zahlungen herangezogen, als seine Kasse nicht einstandspflichtig sei. Mängelgewährleistungsansprüche schieden schon deshalb aus, weil Dienst- und nicht Werkleistungen betroffen seien.

Die Klage vor dem OLG Koblenz gegen diese Entscheidung blieb indes ohne Erfolg.

a) Das OLG gab zunächst zu bedenken, dass die Zahnärztin auf dienstvertraglicher Basis tätig wurde. Sie war – anders als ein Zahntechniker nicht mit der bloßen Anfertigung eines Zahnersatzes nach einem vorgegebenen Abdruck beauftragt, sondern mit der Herstellung eines Gebisses betraut, das sie nach der individuellen Situation des Beklagten konzipieren und in Würdigung eben dieser Situation einpassen musste. Insofern schuldete sie eine Leistung, die nur bedingt objektivierbar war und deshalb dienstvertraglich einzuordnen sei.

Stelle man daher die vom Beklagten gerügten Fehler, die sich im Wesentlichen in einer schlechten Eingliederung der beiden Prothesen äußern, in einen dienstvertraglichen Rahmen, sei das grundsätzlich nicht geeignet, Gewährleistungsrechte zu begründen. Erachte man allerdings die attestierten Schwachpunkte für mehr als nur geringfügig, ist der Beklagte insofern nicht entgeltpflichtig, als die Leistungen sich im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Nachbesserung als nutzlos erwiesen haben.

b) Die Klage scheiterte unabhängig von irgendwelchen Fehlern in der zahnärztlichen Leistung auch am Erfüllungseinwand, denn für die zahnärztlichen Leistungen, die Gegenstand der drei Rechnungen sind, hätte nur ein Gesamtentgelt angesetzt werden dürfen. Da der Beklagte keine Tilgungsbestimmung vorgenommen habe, sei seine Zahlung allein auf die effektiv vorhandenen Ansprüche zu beziehen.

c) Wie der Sachverständige aufgezeigt hat, hätte die Krankenkasse zu deutlich umfangreicheren Zahlungen herangezogen werden können und müssen. Mithin sind dem Beklagten Kosten auferlegt worden, für die nicht er, sondern seine Krankenkasse einstandspflichtig ist. Das kann er der Klägerin im Sinne eines Leistungsverweigerungs- rechts (Arglisteinwand) entgegensetzen.

Außerdem enthalten die Rechnungen nach den Feststellungen des Sachverständigen teilweise überflüssige oder nicht ohne weiteres vergütungsfähige Positionen. Darüber hinaus sind seinen Erkenntnissen nach manche Leistungen mit überhöhten Sätzen abgerechnet worden.
Soweit die Zahnärztin unter Nennung bestimmter Leistungserschwernisse dem entgegentritt, kann sie nicht mehr gehört werden, weil es sich um neues Vorbringen handelt. Unabhängig davon genüge der nachgeschobene Vortrag nicht den Anforderungen von § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ.

Als Ergebnis hält das OLG Koblenz fest:
Kürzt man die Summe der drei Rechnungen um die vom Sachverständigen ermittelten Beträge, gelangt man zu einem Gesamtentgelt von beträchtlich weniger als 10.000 EUR; dies schließe eine noch offene Forderung der Klägerin aus.

 

 

Rechtstipp September 2012 Faktorsteigerung GOÄ 5004 und 5090 bei KFO

VG Stuttgart: Faktorsteigerung GOÄ 5004 und 5090 bei KFO

Wer kennt sie nicht, die langatmigen Bescheide der Beihilfe, in denen die Steigerungssatzerhöhungen des Zahnarztes pauschal als „nicht abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle“ und/oder „nicht patientenbezogen“ verworfen werden.

Dies, obwohl das Bundesverwaltungsgericht in einem Beschluss vom 19. Januar 2011 (BVerwG 2B 64.10) noch einmal eindeutig festgestellt, dass die Auslegungen des ärztlichen Gebührenrechts durch die Zivilgerichte auch für die Beihilfestellen maßgebend sind.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 13. Oktober 2011 (Az. III ZR 231/10) noch einmal nachgelegt und darauf hingewiesen, dass Beihilfestellen wegen ihrer Verweigerungshaltung schadensersatzpflichtig werden können.
Das kann dann passieren, wenn der Beihilfeberechtigte in treuem Glauben auf die Richtigkeit eines Ablehnungsbescheids der Beihilfestelle den Rechnungsbetrag seines Arztes oder Zahnarztes in gleicher Höhe kürzt, dann von dem behandelnden Arzt auf Zahlung verklagt wird und den Prozess verliert.

Umso erstaunlicher ist eine neue Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart, das sich mit Urteil vom 03.01.2012 (Az. 12 K 2580/11) zu den Anforderungen an die Begründung des 2,5fachen Gebührensatzes der GOÄ-Ziffern 5004 und 5090 äußert. Es stellt u. A. fest, die Besonderheiten müssten gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten auftreten und von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle abweichen.

In seinen Entscheidungsgründen führt es aus:
Für die Nrn. 5004 und 5090 GOÄ, die zum Abschnitt O. des Gebührenverzeichnisses zur GOÄ gehören, gilt Folgendes: Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 GOÄ bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühr nach dem Einfachen bis Zweieinhalbfachen des Gebührensatzes. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ sind die Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Nach § 5 Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Satz 4 GOÄ darf eine Gebühr in der Regel nur zwischen dem Einfachen und dem 1,8fachen des Gebührensatzes bemessen werden; ein Überschreiten des 1,8fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz GOÄ muss die Überschreitung des 1,8fachen des Gebührensatzes auf die einzelne Leistung bezogen für den Zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar schriftlich begründet werden.
Auch hier gilt, dass Besonderheiten, die das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigen, nur vorliegen, wenn sie gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten, abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle aufgetreten sind. Im Übrigen gelten die Ausführungen oben entsprechend.
Die in der Rechnung angegebenen Begründungen, die von Dr. H. S. in der Stellungnahme vom 25.10.2010 ergänzt wurden, beziehen sich nun nicht auf die Behandlung gerade von M. Sie beziehen sich vielmehr auf die in der Praxis allgemein gehandhabte Art und Weise der kieferorthopädischen Behandlung.“

Wie sind Beanstandungen der Beihilfe zu bewerten?

Die Forderung, dass nur personenbezogene Gründe mit dem “Charakter einer Ausnahme” zur Regelsatzüberschreitung vorzuliegen haben, ist im Gesetzestext (GOZ 2012) nicht gefordert.
Aus zahnärztlicher Sicht können Gebührensätze oberhalb des 2,3/1,8-fachen Satzes auch durch die in einer Behandlung angewandten Verfahren, Technik oder Materialien begründet oder bereits wegen überdurchschnittlicher Schwierigkeiten gerechtfertigt sein. Auch diese Beurteilung wird durch zahlreiche gerichtliche Urteile gestützt.

Der BGH hat bereits vor der jetzt erfolgten Novellierung der GOZ – ebenso wie stets auch die Verwaltungsgerichte – betont, dass sich die Höhe der einzelnen Gebühr für Leistungen des Gebührenverzeichnisses nach § 5 Abs. 1 Satz 1 GOZ bemisst. Insoweit sind künftig die Kostenerstatter von Bund, Ländern und Gemeinden gut beraten, ein paar Grundsätze zu beherzigen:
Die Beihilfestelle verletzt ihre Amtspflicht, wenn sie bei Prüfung der Beihilfefähigkeit zahnärztlicher Behandlungskosten den Sachverhalt nicht vollständig erforscht und die dafür maßgeblichen Gesetze sowie allgemeinen Dienst- und Verwaltungsvorschriften nicht anwendet.
Die Verwaltungsvorschriften zur Bundesbeihilfeverordnung sehen ausdrücklich vor, dass die Beihilfestelle bei nicht ausgeräumten Zweifeln an einer ausreichenden Begründung für die Überschreitung des 2,3- fachen des Gebührensatzes eine Stellungnahme der zuständigen Zahnärztekammer oder eines zahnärztlichen Sachverständigen einholt. Die Regelung auf Ebene der Bundesländer ist ähnlich.

Dieser Artikel wurde zur Verfügung gestellt von JURADENT (R)

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Rechtstipp August 2012 Gebührenbemessung nach der GOZ 2012 vor dem Hintergrund der Aussage des Bundesministeriums (BMG)

Gebührenbemessung nach der GOZ 2012 vor dem Hintergrund der Aussage des Bundesministeriums (BMG)

Der Verordnungsgeber hat mit der von ihm errechneten Anpassung des Honorarvolumens die Aufforderung verbunden, dass in Zukunft bestimmte Leistungen nur noch zum Regelsatz abgerechnet werden sollen.
In seiner Begründung – Allgemeiner Teil III. (Finanzielle Auswirkungen) stellt das BMG wörtlich fest:
„Der finanziell bedeutsamste Punkt ist, dass bei einer ganzen Reihe häufig erbrachter und bisher deutlich über dem 2,3-fachen Satz berechneter Leistungen die Bewertung in Punkten auf Vorschlag der BZÄK angehoben wurde. Im Gegenzug wird davon ausgegangen, dass künftig durchschnittlich der 2,3-fache Gebührensatz berechnet wird.“

Vor diesem Hintergrund wird nunmehr von einigen privaten Krankenversicherungen die Ansicht vertreten, dass damit eine Überschreitung des Regelsatzes nicht mehr zulässig sei.

Diese Ansicht ist jedoch abzulehnen!

Die Bundeszahnärztekammer hat sich mit einem Schreiben vom 20.04.2012 an den Verband der Privaten Krankenversicherung gewandt und deutlich gegen diese Argumentation ausgesprochen. In ihrem Schreiben weist sie darauf hin, dass die Behauptung, damit sei bei den betreffenden Leistungen die Berechnung von Steigerungssätzen über dem 2,3-fachen Satz erschwert oder gar nicht zulässig, eindeutig falsch sei.
Der Gebührenrahmen vom einfachen bis zum 3,5-fachen Satz werde weiterhin von Paragraf 5 Absatz 1 Satz 1 GOZ eröffnet, Absatz 2 lege fest, wie die individuelle Höhe der Gebühr zu finden ist. Daran ändere auch die Begründung des Verordnungsentwurfs nichts, die zudem nur Grundlage einer Auswirkungsprognose sei und nicht auf ein bestimmtes Abrechnungsverhalten ziele.
Umwertungen und Neubepunktungen von Leistungen würden den Paragrafen 5 und die dort für höhere Steigerungsfaktoren angegebenen Gründe ebenfalls nicht aushebeln. Die in den Schreiben der PKVen aufgestellten Behauptungen seien daher „irreführend und falsch“, die darauf gestützten Erstattungsverweigerungen würden vor Gericht nicht standhalten.

Auch die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg (Stellungnahme zur Gebührenbemessung nach der GOZ 2012, Stand: 03/2012) hat jüngst noch einmal klargestellt
Jeder Zahnarzt hat diese Grundsätze der Gebührenbemessung zu berücksichtigen und seine Leistungen innerhalb des Gebührenrahmens zu bemessen. Überdurchschnittliche Leistungen müssen daher auch in Zukunft oberhalb des Regelsatzes liquidiert werden. Dies ergibt sich schon aus der Festsetzung des § 5, wonach der 2,3-fache Gebührensatz die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung abbildet.“

Anderenfalls würde man unterstellen, dass die Liquidation eines Faktors oberhalb der Regelspanne vor dem 01.01.2012 nicht dazu genutzt worden ist, einen tatsächlich überdurchschnittlichen Fall abzubilden, sondern einzig um das Honorar künstlich zu maximieren, was aufgrund der erfolgten „Aufwertung“ nun eben nicht mehr erforderlich sei. Dies würde aber auch bedeuten, dass man dem Behandler für die Vergangenheit eine nicht GOZ-konforme Abrechnung vorwirft. Ebenso wie eine schematische Berechnung von Gebührensätzen, verbietet sich jedoch eine derart pauschalierte und von Seiten der Kostenerstatter auch nicht belegbare Behauptung zu Lasten des Zahnarztes!

Fazit: Letztlich ist nur der Zahnarzt selbst, nicht aber der Kostenerstatter, in der Lage, diese individuellen Umstände mit den sich daraus ergebenden Folgen für den Aufwand seiner zahnärztlichen Leistung angemessen zu beurteilen.