VG Stuttgart bestätigt analoge Abrechnung 4007a

Das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart hatte mit Urteil vom 13. Februar 2013 (Az.: 3 K 3921/12) über die analoge Abrechnung einer subgingivalen Belagsentfernung “im Rahmen der PZR” zu entscheiden.

Im vorliegenden Fall waren neben dem 28-maligen Ansatz der Gebührenziffer 1040 GOZ für eine professionelle Zahnreinigung 6-mal die GOZ-Nr. 4005 analog (§ 6 Abs. 1 GOZ) für eine subgingivale Belagsentfernung in Ansatz gebracht worden.

Die Postbeamtenkrankenkasse lehnte die Erstattung der Analogziffer 4005 GOZ ab und erkannte für den Mehraufwand lediglich den 3,5fachen Faktor bei der GOZ-Nr.1040 an.

Die Patientin legte zur Begründung ihres Widerspruchs eine Stellungnahme ihrer behandelnden Zahnärzte vor. Danach wurde bei ihr an den Zähnen mit Taschentiefen von 5 mm im Zuge der professionellen Zahnreinigung eine subgingivale Belagsentfernung vorgenommen. Diese sei nicht Inhalt der in der GOZ 2012 beschriebenen Position 1040, medizinisch jedoch notwendig und Inhalt der wissenschaftlich beschriebenen und seit 1981 anerkannten professionellen Zahnreinigung. Eine Erhöhung des Steigerungsfaktors bei der GOZ-Position 1040 entspreche daher nicht der Leistungsbeschreibung einer supragingivalen Belagsentfernung.

Die Postbeamtenkrankenkasse wies den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die professionelle Zahnreinigung sei ein Maßnahmepaket zur systematischen Entfernung aller Arten von (klinisch erreichbaren) Belägen auf den Zahnoberflächen und den freiliegenden Wurzeloberflächen in supragingivalen und gingivalen Bereich der Zähne. Paradontalchirurgische Maßnahmen (Nrn. 4070 und 4075 GOZ) beträfen dagegen den subgingivalen Bereich und dürften an demselben Zahn neben der professionellen Zahnreinigung nicht berechnet werden.

Ebenso sei ein Analogansatz der Nr. 4005 GOZ für die subgingivale Konkrement-/ Belagsentfemung nicht gebührenordnungskonform. Zwar könnten gemäß § 6 Abs. 1 GOZ selbständige zahnärztliche Leistungen, die in das Gebührenver-zeichnis nicht aufgenommen worden seien, entsprechend einer nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses für zahnärztliche Leistungen berechnet werden.

Für eine subgingivale Konkremententfemung im Rahmen einer paradontal-chirugischen Therapie sehe die GOZ die Gebühr nach den Nm. 4070 bzw. 4075 GOZ vor. Werde die subgingivale Belagsentfernung als nichtchirurgische Maßnahme durchgeführt, handle es sich jedoch nicht um eine neue selbständige Leistung, sondern um eine solche, die im Gebührenverzeichnis der GOZ bereits beschrieben sei. Variationen einer bereits in der GOZ beschriebenen Leistung seien nicht berechnungsfähig, dies folge aus § 4 Abs. 2 Satz 2 GOZ.

Diese Auffassung teilt das Verwaltungsgericht Stuttgart nicht.

Es stellt fest, dass entgegen der Auffassung der PBeaKK die Rechnung der behandelnden Zahnärzte hinsichtlich des 6-maligen Ansatzes der Gebührenziffer 4005a GOZ nach den Vorgaben der Gebührenordnung für Zahnärzte in der vorliegend maßgeblichen Fassung (GOZ 2012) erstellt worden ist.
Wörtlich führt das Verwaltungsgericht in seinen Entscheidungsgründen aus:
„Denn nach der Leistungslegende der Gebühren-Nr. 1040 GOZ umfasst die professionelle Zahnreinigung das Entfernen der supragingivalen/gingivalen Beläge auf Zahn- und Wurzeloberflächen, einschließlich Reinigung der Zahnzwischenräume, das Entfernen des Biofilms, die Oberflächenpolitur und geeignete Fluoridierungs-maßnahmen, je Zahn oder Implantat oder Brückenglied. Diese Leistung ist danach neben den Leistungen nach den Gebührenziffern 4070 und 4075 nicht berechnungsfähig.

Die Leistung nach der Gebührenziffer 1040 GOZ umfasst danach allerdings nicht das Entfernen von subgingivalen Belägen. Nach den von der KIägerin in Widerspruchsverfahren vorgelegten Unterlagen der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe und des Kommentars zur GOZ von Liebold/Raff/Wissing ist daher das Entfernen subgingivaler Beläge auf nicht chirurgischem Wege gemäß § 6 Abs. 1 GOZ analog berechenbar. Hierfür ist nach dem Kommentar von Liebold/Raff/ Wissing, (Stand: Dezember 2011, S. 2 zur Gebührennr. 4005 GOZ) eine analoge Anwendung der Gebührenziffer 4005 GOZ neben einer professionellen Zahnreinigung gerechtfertigt.”

Abschließend weist das Gericht darauf hin, dass es nicht erheblich sei, ob diese Auslegung der GOZ zutreffend ist. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. vom 16.12.2009 – 2 C 79.08-, NVwZ-RR 2010, 365 sind Aufwendungen für ärztliche Leistungen beihilferechtlich schon dann als angemessen anzusehen, wenn der vom Arzt in Rechnung gestellte Betrag bei objektiver Betrachtung einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entspreche und der Dienstherr nicht rechtzeitig für Klarheit über seine Auslegung gesorgt habe (vgl. hierzu auch Urt. des VG Stuttgart vom 10.11.2010 – 6 K 3468/10 -).
Dass die Aufwendungen für Leistungen nach der Gebührenziffer 4005a GOZ neben Aufwendungen für Leistungen nach der Gebührenziffer 1040 GOZ als vertretbar anzusehen sind spreche auch, dass die Bundeszahnärztekammer die gesonderte Berechnungsfähigkeit der subgingivalen Belagsentfernung neben der Berechnung einer supragingivalen Belagsentfernung bei den gleichen Zähnen als zusätzlich berechnungsfähige Leistung ansehe.

Fazit:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zeigt im Vergleich zum kurz davor ergangenen „Negativurteil” des VG Düsseldorf vom 17.01.2013 einmal mehr, wie wichtig eine fachlich gut begründete und nachvollziehbare Darlegung der jeweilig erbrachten medizinischen Leistung ist, damit das Gericht den Sachverhalt korrekt bewerten kann.
Von Angelika Enderle, erstellt am 31.01.2014, zuletzt aktualisiert am 01.02.2014          Juradent-ID: 3133

Ergänzung ZIBS:

Wie empfehlen bis zu einer höherinstanzlichen Entscheidung weiterhin das zweizeitige Vorgehen.

Rechtliche Aspekte der Mitwirkung des Patienten am Behandlungserfolg

Aus einem Behandlungsvertrag resultieren nicht nur für den behandelnden Zahnarzt, sondern auch für den Patienten diverse Vertragspflichten. Von besonderer Bedeutung ist dabei die aktive Mitwirkung des Patienten den angestrebten Behandlungserfolg zu erreichen, d.h. die sogenannte Therapietreue als Oberbegriff für dessen kooperatives Verhalten im Rahmen der Behandlung („Compliance”).

Neben der eigentlichen Teilnahme an der Behandlung geht es also gleichermaßen um Punkte wie beispielsweise die Befolgung medizinischer Empfehlungen, die Einhaltung von Kontrollterminen, den Umgang und die korrekte Pflege von Zahnersatz oder auch die Duldung von Anpassungsmaßnahmen. So hat z.B. das Landgericht Hannover im Rahmen seiner Entscheidung vom 04.10.2001 (Az..: 19 O 5798/00 – 302) klargestellt:

„Wer von einem Arzt Heilmaßnahmen verlangt, ist vertraglich verpflichtet, alles zu tun, um die erfolgreiche Behandlung zu ermöglichen. Hierzu gehört auch die Verpflichtung des Patienten, Behandlungen zu erdulden. Bei zahnprothetischen Behandlungen gehört es danach zu den Pflichten des Patienten, nach Eingliederung der Prothetik okklusale Nachbesserungen zu dulden.”
Ferner findet sich in der Zahnersatz-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses folgender Passus:

„ Die Mitwirkung des Patienten ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erreichung des
Behandlungsziels. Regelmäßige Zahnpflege und der Nachweis der zahnärztlichen Untersuchungen nach § 55 Abs. 1 SGB V sind wichtige Kriterien für die Festlegung der im Einzelfall notwendigen Form der Versorgung mit Zahnersatz. Ist die Mundhygiene des Patienten unzureichend und/oder lehnt der Patient die Mitwirkung an einer notwendigen Parodontalbehandlung ab, ist das Behandlungsziel neu zu bestimmen.”
Dokumentation der Non-Compliance
Ist eine dementsprechende Mitwirkung des Patienten nicht gegeben, ist diese „Non-Compliance” unbedingt zu dokumentieren. Sollte der Patient im Folgenden nämlich die Zahlung des zahnärztlichen Honorars unter Hinweis auf eine Schlechterfüllung verweigern oder gar unter Berufung auf einen Behandlungsfehler zurückfordern, so kann ihm im Zweifel eine eigene Pflichtverletzung entgegengehalten werden, welche in rechtlicher Hinsicht wiederum zur Annahme eines Mitverschuldens gemäß § 254 BGB führen kann.

Verständliche Aufklärung über mögliche Konsequenzen bei mangelnder Mitwirkung
Wichtig ist allerdings auch, dass einem Patienten keine mangelnde Mitwirkung vorgehalten werden kann, wenn er über etwaige Konsequenzen seines Verhaltens nicht ausreichend aufgeklärt worden ist bzw. dieses nicht verstanden hat. So hat der BGH mit Urteil vom 16.06.2009 (Az.: VI ZR 157/08) u.a. klargestellt:

„ Wie der erkennende Senat für den Fall der therapeutischen Aufklärung entschieden hat, kann dem Patienten die Nichtbefolgung ärztlicher Anweisungen oder Empfehlungen mit Rücksicht auf den Wissens- und Informationsvorsprung des Arztes gegenüber dem medizinischen Laien nur dann als Obliegenheitsverletzung oder Mitverschulden angelastet werden, wenn er diese Anweisungen oder Empfehlungen auch verstanden hat.”

Mithin sollte die zahnärztliche Dokumentation auch in diesem Punkt entsprechend aussagekräftig gestaltet werden.

Sozialrecht
Das geltende Sozialrecht normiert darüber hinaus Mitwirkungspflichten des Patienten in den §§ 60 ff.SGB I. Die Grenzen dieser Mitwirkung ergeben sich im Hinblick auf Behandlungen und Untersuchungen wiederum aus § 65 Abs. 2 SGB I:

„ Behandlungen und Untersuchungen,
1. bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2. die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3. die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.”

Fazit
Das individuelle Verhalten eines Patienten hat ohne Frage einen maßgeblichen Einfluss auf den Behandlungserfolg und ist insofern auch in rechtlicher Hinsicht von Bedeutung. Soweit ein Patient eine zahnärztliche Leistung beanstandet, sollte daher auch immer dessen Compliance im Rahmen einer rechtlichen Beurteilung beachtet und gegebenenfalls miteinbezogen werden.

Von Sandra Linnemann, erstellt am 27.01.2014, zuletzt aktualisiert am 27.01.2014
Juradent-ID: 3127

 

 

Ärzte müssen angemessenes Honorar berechnen

Quelle: www.hippokranet.de

Wettbewerbszentrale verbietet Gutschein-Aktionen – „Ärzte müssen angemessenes Honorar berechnen“

In rund 100 Fällen hat die Wettbewerbszentrale Ärzte und Zahnärzte abgemahnt, nachdem sie Gutscheine über die Online-Plattform www.groupon.de angeboten haben. Darüber informiert die Zentrale in einer aktuellen Pressemitteilung. Die dort versprochenen Rabatte seien unzulässig, da Ärzte laut Berufsordnungen ein „angemessenes Honorar“ berechnen müssten.“

Ärzte und Zahnärzte hatten auf den Gutscheinplattformen in erster Linie für ärztliche Behandlungen, meist Botox-Unterspritzungen, Brustvergößerungen, Lasikoperationen oder Zahnreinigungen geworben. Dabei wurden Rabatte von bis zu 70 Prozent ausgelobt. „Was im Einzelhandel möglich ist, unterliegt bei Ärzten aber einer strengen Regulierung. Nach den Berufsordnungen müssen Ärzte ein ‚angemessenes Honorar’ berechnen. Grundlage der Berechnung sind die Gebührenordnungen, die einen Gebührenrahmen bestimmen, innerhalb dessen der Arzt nach Ende der Behandlung und nach sachlich medizinischen Kriterien wie Zeitaufwand, Schwierigkeit der Behandlung usw. sein Honorar festlegt“, informiert die Wettbewerbszentrale.

Mit diesen Vorschriften solle zum einen der Patient vor überhöhten Gebühren geschützt werden. „Zum anderen soll ein Mindesthonorar die gleichbleibende Qualität der ärztlichen Leistung sichern. Rabatte oder Pauschalpreise sind nach der Gebührenordnung gerade nicht erlaubt.“