Zahnärzte warnen: „Keine GOZ nach Art der neuen GOÄ“

Der Deutsche Ärztetag hat vergangene Woche die
Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit
großer Mehrheit verabschiedet. Der Freie Verband Deutscher Zahnärzte (FVDZ) warnt nun davor, die
neue GOÄ als Modell für eine künftige zahnärztliche Gebührenordnung (GOZ) zu verwenden.

Konkret betont der Verband, dass die neue Gebührenordnung bei den Ärzten „eine tabellarisch-preislistenartige
Darstellung ärztlicher Leistungen“ aufweise. Die Zahnärzteschaft sehe diese Entwicklung mit Sorge und warne
eindringlich davor, die neue GOÄ als Vorlage für eine mögliche Reform der Gebührenordnung für Zahnärzte
(GOZ) zu verwenden, heißt es in einer Presseerklärung. „Die zahnärztliche Versorgung ist geprägt von hoher
Individualität, vielfältigen Therapiewegen und erheblichem fachlichem Gestaltungsspielraum. Diese Komplexität
lässt sich nicht in ein starres, listenartiges Gebührensystem pressen, ohne Qualität, Wirtschaftlichkeit und
Patienteninteresse gleichermaßen zu gefährden“, betont der FVDZ-Bundesvorsitzende Dr. Christian Öttl in der
Stellungnahme.
Die GOZ in ihrer aktuellen Struktur basiere auf einem bewährten Rahmen: Ein einheitlicher Gebührenrahmen
mit Steigerungsfaktoren erlaube es Zahnärztinnen und Zahnärzten, medizinische Notwendigkeiten und
individuelle Patientenbedürfnisse wirtschaftlich darzustellen. Eine „GOZ nach Art der neuen GOÄ“ würde diesen
differenzierten Ansatz durch pauschale Festpreise ersetzen – mit absehbaren Nachteilen für
Patientenversorgung und Praxisrealität.
„Gerade in der Zahnmedizin, wo Prävention, Funktion, Ästhetik und Langzeitstabilität in komplexer
Wechselwirkung stehen, ist eine starre Gebührentabelle nicht sachgerecht. Die GOZ braucht Spielräume, keine
Preislisten“, betont auch der Vorsitzende des FVDZ-Landesverbands Hessen Dr. Andreas Koch. Die
Zahnärzteschaft bekenne sich zur Weiterentwicklung und Modernisierung der GOZ. „Wir fordern dabei
allerdings, die bewährten Prinzipien wie die Möglichkeiten zur analogen Berechnung bei neuen
Behandlungsmethoden und patienten-individuelle Anpassung des Gebührenrahmens zu erhalten“, macht Koch
deutlich.
Eine Novellierung der GOZ dürfe nicht zur Verengung der zahnärztlichen Therapiefreiheit und nicht zur
Entmündigung des Arzt-Patienten-Verhältnisses führen

Einzelpraxis in der Zahnmedizin weiter im Trend – Neugründungen selten

Im Jahr 2023 haben sich fast Zwei Drittel der zahnärztlichen Existenzgründerinnen und -gründer für die Übernahme einer Einzelpraxis entschieden. Reine Neugründungen sind mit einem Anteil von acht Prozent zur Ausnahme geworden. Das geht aus dem aktuellen InvestMonitor Zahnarztpraxis hervor, einer gemeinsamen Analyse des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) und der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank).

Laut Analyse haben im Jahr 2023 rund 63 Prozent der zahnärztlichen Gründerinnen und Gründer eine Einzelpraxis übernommen – und damit für ein erprobtes Geschäftsmodell mit bestehenden Strukturen, Patientenstamm und Personal. Reine Neugründungen wurden nur noch in acht Prozent der Fälle gewählt. Der Einstieg in eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), häufig mit Kooperationsmodellen verbunden, machte 29 Prozent aus. Damit bleibt die Einzelpraxis die beliebteste Form der Niederlassung.

Auffällig ist der Anstieg der durchschnittlichen Investitionssumme bei Praxisübernahmen. Mit durchschnittlich 463.000 Euro lag diese 2023 um etwa 31 Prozent höher als noch im Jahr 2019. Der Haupttreiber dieser Entwicklung ist laut Analsyse der gestiegene ideelle Wert („Goodwill“) übergebener Praxen. Er stieg im gleichen Zeitraum von rund 116.000 auf 171.000 Euro – ein Plus von knapp 48 Prozent. Dem gegenüber stehen auch steigende Sachinvestitionen in Ausstattung und Technik.

Bei Neugründungen lag der durchschnittliche Kapitalbedarf sogar bei 770.000 Euro. Der Trend gehe, so die Autoren David Klingenberger und Bernd Köhler, „zu größeren Praxisdimensionen, modernem Interior und umfassender technischer Ausstattung“. Investiert werde nicht nur inflationsbedingt mehr – auch der Anspruch an Funktionalität und Design der Praxis sei deutlich gestiegen.

Standortfrage entscheidend – Stadt bleibt beliebter als Land

Bei der Wahl des Praxisstandorts setzen Zahnärztinnen und Zahnärzte weiter stark auf urbane Regionen. Knapp 26 Prozent der Neuniederlassungen entfallen auf große Großstädte – obwohl dort nur rund 17 Prozent der Bevölkerung leben. Im ländlichen Raum bleibt die Niederlassungsquote dagegen niedrig. Die Autoren sprechen von einem „anhaltenden Stadt-Land-Gefälle“, das auch für künftige Versorgungskonzepte relevant sei.

Die Analyse dokumentiert zudem Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Männer investierten 2023 im Schnitt rund 498.000 Euro in ihre zahnärztliche Niederlassung, Frauen etwa 425.000 Euro. Laut Studie hängt dies vor allem mit Unterschieden in der Praxisgröße und im Umfang technischer Ausstattung zusammen. Auch die Gründungsform spiele eine Rolle – Männer wählen häufiger die kostenintensivere Neugründung, Frauen eher die Übernahme.

„Die Entscheidung für eine Praxisgründung ist heute stärker von persönlichen Vorstellungen, Work-Life-Balance und strategischen Überlegungen geprägt als je zuvor“, so die Autoren. Unterstützungsangebote für junge Zahnärztinnen und Zahnärzte, etwa bei der Praxiswahl, Finanzierung und Planung, würden damit weiter an Bedeutung gewinnen.

Parodontitis in aller Munde

Zahnfleischtaschen, Zahnlockerungen und Zahnlücken: Ein modernes Gebiss ist Zeichen seiner Zeit. Was eure Patienten für (und gegen) Paradontitis tun können – eine ironische Anleitung.‘

Vielen Menschen halten sich für zivilisiert: Sie hegen gepflegte Umgangsformen, kleiden sich ansprechend, achten auf Bildung, Benimm und Beruf. In ihrem Zahnstatus spiegelt sich Ihr Zivilisationsgrad hingegen nicht unbedingt. Man sieht tiefe Zahnfleischtaschen, Zahnlockerungen und Zahnlücken. Dabei ist es nie zu spät – anbei einige Tipps und Tricks, um das Gebiss auf bequeme Art und Weise erfolgreich mit dem bereits erreichten Zivilisationsstatus synchronisieren.

Parodontitis – der Gradmesser in Sachen Zivilisation

Manchmal scheint es, dass sich Patienten Sorgen machen, ihre Nachwelt könnte in einigen Jahrhunderten an dem von Ihnen erstrebten und erreichten Zivilisationsgrad Zweifel hegen, weil das eigene Gebiss zu fehlerfrei scheint. Es scheint fast, als würden einige nachhaltige Spuren eines degenerativen, zivilisierten Lebensstils einfügen, um ihrer Nachwelt Eindeutigkeit zu schenken und lästige Zweifel zu ersparen. Eine gewöhnliche Parodontitis ist in dem Fall für viele die Rettung. Auch wenn es recht unwahrscheinlich ist, dass man bei seinem Zahnarzt noch keine Parodontitis diagnostiziert bekommen hat – denn die Kriterien, die zum Erhalt dieser Diagnose berechtigen, hängen so niedrig wie dicke Erdbeeren bei Starkregen.

Zahnmediziner unterscheiden zwischen zwei Formen der Parodonditis: Die erste, die Parodontitis apicalis, ist an der Wurzelspitze (wir sagen: am „Apex“) von Zähnen zu finden. Diese Form plagt die allermeisten Patienten, die im Notdienst landen. Die zweite Form ist am Zahnfleischrand (am „Margo“) lokalisiert: Parodontits marginalis.

Parodontitis, also die zweite, randständige Version, ist zuzeit in aller Munde. Gibt es in unseren Breitengraden eigentlich Menschen, die noch keine Zahnfleischrandentzündung besitzen und – wenn ja – wie kommen diese Menschen dazu? Wie kann man dieses wichtige Erkennungszeichen, welches die Zugehörigkeit zum erlauchten Kreise der Hochzivilisation eindeutig dokumentiert, erhalten, wenn man noch zur spärlichen Randgruppe der Non-Parodontitis-Träger gehört, also weder unter Zahnfleischbluten, noch unter gelockerten Zähnen, Mundgeruch oder Zahnausfall leidet?

Weichgespülte Ernährung und Pflegepfusch

Das Wichtigste zuerst: Vermeiden Sie harte Kost! Denken Sie daran – bei „Al Dente“ handelt es sich nicht um eine banale Kochanleitung, sondern in Wirklichkeit um den Anführer einer geheimen Organisation geltungssüchtiger Archäologen, die nur an einer großen Zahl möglichst komplett bezahnter Schädelartefakte interessiert sind. Harte Kost verhindert Zivilisationsgebisse, weil durch harte Kost auf perfide Art und Weise der Knochen trainiert wird.

Harte Kost erkennen Sie leicht und zuverlässig mit dem Fingerdrucktest: Kost, die ich mit zwei Fingern nicht mit Leichtigkeit zusammendrücken kann, wird meine Kaumuskulatur zu sehr fordern und mir bei häufiger und unbedachter Anwendung die Bildung der für das erstrebte Zivilationsgebiss wichtigsten Accessoires verhindern: Hübsche, tiefe Zahnfleischtaschen, in denen sich unbemerkt geruchsintensiver Speiseschlick sammeln kann. Um jedoch wirksam zivilisierte Gebissspuren zu hinterlassen, sind Zahnfleischtaschen die conditio sine qua non. Doch eins nach dem anderen.

Der Zahnfleischzauber

Eine moderne Tasche aus Zahnfleisch ist kein Hexenwerk. Sie ist aber nicht auf die Schnelle, gewissermaßen von heute auf morgen, zu bekommen. Hierzu bedarf es schon eines wohlüberlegten, langjährigen Trainings mit „moderner Kost“ und einiger kontinuierlich durchgehaltener Pflegetricks. Weich und möglichst nachgiebig sollte die Kost schon sein, Kaumuskeln sollten bei der Verwertung vor intensiver Kraftanstrengung weitestgehend verschont bleiben, dann kommen sie aber zuverlässig mit Garantie, die ersehnten Taschen. Und sie kommen, um zu bleiben: Zahnfleischtaschen zeichnen sich in der Regel durch eine hohen Grad von Treue aus.

Taschen gelten übrigens erst dann als „echte Taschen“, wenn Taschen eine Mindesttiefe von 4 Millimeter aufweisen. Wer lediglich Taschentiefen zwischen 1 und 3 Millimeter sein eigen nennt, arbeitet zweifelsfrei an einem archäologisch fehlerfreiem Gebiss und gilt in zivilisierten Kreisen schnell als mundgeruchsloser Simulant, „Flachtaschenträger“ oder gar Zivilisations-Verräter. Sind 6 Millimeter endlich erreicht (oder auch mehr), dann kann es olfaktorisch bedingt vorübergehend recht einsam werden. Soziale Kontakte schwinden zunächst, aber: Der Bekanntenkreis wird lediglich wechseln. Nach einer Übergangszeit darf sich der erfolgreiche Tieftaschenträger einen bunt erweiterten Kreis neuer, freundlich anmutender Sozialkontakte erhoffen: Zahntechniker, prothetikzuschussausrechnende Krankenkassenmitarbeiter, druckstellensalbenverkaufende Apotheker und viele andere skurille Zeitgenossen, die vor wenigen Jahrhunderten noch viel anstrengenderen Tätigkeiten nachgehen mussten.

Die Belohnung für die erfolgreich erworbene Kollektion moderner Zahnfleischtaschen besteht aus erfolgreich aufgeweichtem Kieferknochen, sodass Extraktionen von lästig und unmotiviert daherwackelnden Zähnen wesentlich eleganter von der Zange gehen. Die Erklärung ist so einfach wie plausibel: Harte Kost verhindert die Knochenerweichung. Für die, die es ganz genau wissen wollen: Harte Kost aktiviert über ein Zugkraft-System (ja, es sind die berühmten „Sharpey´schen Fasern“) in der Alveole die revolutionäre Fraktion der Osteoblasten. Bei eintrudelnder Zugkraft via harter Kost produzieren diese Biester ungefragt Knochensubstanz und mauern nicht nur den Zahn unverschämt kräftig ein, sondern sorgen auch dafür, dass sich keine Kollektion moderner Zahnfleischtaschen etablieren kann.

Zahnfleischtaschen: Jetzt auch mit Geruchs-Inlay

Doch was soll eine Tasche, die leer ist? Kommen wir also zur Füllung der Zahnfleischtasche: geruchsintensiver Speiseschlick. Für die erfolgreiche Bildung und Ansammlung von aromatischem Speiseschlick ist eine glatte Zahnoberfläche eher hinderlich. Eine rauhe Oberfläche der Zähne dagegen sehr hilfreich. Die von Natur aus glatte Oberfläche, an der so gut wie nichts haften bleibt, in eine rauhe Oberfläche zu verwandeln, mag auf den ersten Blick mühsam erscheinen, ist in der Praxis aber bequem zu bewerkstelligen, wenn anstelle von mittelalterlicher Drahtbürsten und Schleifpapier geeignete und moderne Abbeiz-Flüssigkeiten Verwendung finden. Bester Klettverschluss: Süß-Getränke – damit auch Zahnbeläge ausreichend Haftung finden!

Verwenden Sie hierzu Getränke, die Phosphorsäure enthalten, um den lästigen, bakterienhemmenden, glitschigen Mukopolysaccharidschutz, der jeden Zahnschmelz serienmäßig umgibt, abzubeizen. Erst durch kontinuierliches Aufrauhen der Schmelzoberfläche mit Abbeiz-Flüssigkeiten, die einen pH-Wert von unter 2,5 besitzen, ermöglichen Sie, dass sich Speisereste wie von Geisterhand mit einem praktischen Klett-Verschluss an die vormals noch aalglatte Zahnoberfläche, nun aber zuverlässig aufgerauhten Fläche haften und dass Bakterien in einer erforderlichen Populationsgröße satt werden.

Jetzt erst können die Bakterien ihre fröhliche Tätigkeit effektiv aufnehmen. Vermeiden Sie durch den gewissenhaften Gebrauch von Phosphorsäure, dass die possierlichen Einzeller nicht schon beim ersten Versuch, die weiße Steilwand des Zahnes zu erklimmen, unmotiviert abglitschen. Im Handel erhältlich sind konfektionierte Phosphorsäurezubereitungen anwenderfreundlich gesüßt und als „Cola-Getränke“ überall günstig zu erwerben. Denken Sie daran: Ob Süßstoff oder Zucker – das ist für einen gelungenen Aufrauhprozess unerheblich. Auf die Phosphorsäure ist Verlass.

Der Prioritäten setzen: Konsistenz vor Geschmack

Verwenden Sie stets konfektionierte Nahrung, weil hier nicht nur ab Werk für zivilisationsgerechte Weichheit, sondern auch via Zuckerzusatz für eine Extraportion Schub für die wichtige orale Helfergarde gesorgt ist. Wenn Sie aus Gründen auf den Genuss konfektionierter Nahrung verzichten wollen (oder gar müssen), denken Sie bei der Nahrungszubereitung stets daran, dass Konsistenz stets vor Geschmack geht. Der für die Knochendegeneration und Zahnfleischtaschenbildung so wichtige Grad zuverlässiger Weichheit wird streng durch die Art und Weise der Zubereitung bestimmt. Hierzu kann ein handelsüblicher Schnellkochtopf (30min Garungszeit bei 120Grad) gute Dienste leisten: So lassen sich nahezu sämtliche Speisen zuverlässig zu streichfähiger Konsistenz verwandeln.

Meiden Sie faserreiche Kost, wie z. B. rohe Möhren. Sie werden zwar von larvierten Archäologen immer wieder beworben, sind aber nicht nur Gift für das erfolgreiche Erwerben eines zivilisationsgerechten Gebisses, sondern wirken darüberhinaus aus konjunktureller Sicht hochgradig kontraproduktiv. Rohe Möhren gelten als BIP-negativ, weil durch ihren leichtfertigen Gebrauch viele Umsatzchancen in zahlreichen Wirtschaftsbereichen fahrlässig vermieden

Meiden Sie sogenannte „Plaque-Färbe-Tabletten“. Sie hängen in jedem Drogeriemarkt unschuldig herum und warten auf ihren Einsatz. Plaque-Färbe-Tabletten zeigen bei sachgemäßer Anwendung die Ansammlung von Speiseschlick schon bei geringster Schichtdicke und könnten allein aus ästhetischer Motiven heraus kurzfristig zu übertriebener Zahnpflege verleiten. Langfristig nützen diese Färbemittel genauso wie harte Kost nur der Archäologie, gefährden dabei gleichzeitig aber den Umsatzrückgang der gesamten Dentalbranche und setzen somit letzendlich die Existenz vieler Zahnarztpraxen aufs Spiel.

Vermeiden Sie es, sich abends vor dem Zubettgehen nach dem Zähneputzen mit einem Esslöffel Öl für eine Minute den Mund zu spülen, um damit auf äußerst wirksame und preiswerte Art die Anzahl lipophiler Keime in der Mundhöhle zu reduzieren. Nein, nicht für 30 Minuten – das nennt sich „Ayurveda“ und soll laut Aussagen zitierter Glaubensanhänger den Körper „entgiften“. Auch wenn es zunächst plausibel klingen mag, weil man in der Zeitspanne von 30 Minuten verhindert ist, eine Currywurst zu essen, überlassen wir die näheren Erklärungsmuster den Herrschaften dort drüben, die lächelnd mit der Klangschale unterwegs sind.

Kenne deinen Feind

Taschenfreie Mitmenschen handeln aus streng egoistischen Motiven. Sie haben weder Mundgeruch noch ein Herz für possierliche Taschenbewohner oder Hersteller von Implantatsystemen. Sie gönnen den kleinen Tierchen kein Obdach. Sie sind egoistisch und essen einfach harte Kost, trainieren dabei Kaumuskeln und fördern somit die Knochenbildung am Zahnfleischrand. Ja! Knochenbildung am Zahnfleischrand! Wenn da ein starker Knochen herrscht, bekommen die Zahnfleischtaschenbauer keine Chance.

Osteoblasten heißen die Herren der Knochenbauergilde, die mit ihrer umtriebigen Bautätigkeit dafür sorgen, dass der Kieferknochen dick und stark bleibt. Stur sorgen Osteoblasten dafür, dass Zähne noch nicht einmal von Archäologen aus dem Kiefer gezogen werden können, weil sie so fest darin eingemauert sind. Osteoblasten sind überall dort zu treffen, wo harte Kost für Zugkräfte sorgt. Zugkraft lässt sie geradezu frohlocken – und sofort den Zement anrühren. Dort, wo harte Kost vorherrscht, sind Zahnfleischtaschen und Zahnlockerungen unbekannt. Womit wir bei der Frage gelandet sind, ob sich Parodontits vermeiden lässt: Ja, zum Leidwesen von Zahnärzten ist das leider möglich. Viel zu gut sogar.

Taschenfreie Mitmenschen, die sich nicht nur durch lebenslang festes Zahnwerk, sondern beiläufig auch durch Mundgeruchsfreiheit kennzeichnen, verraten sich durch ihre Vorliebe für harte Kost, z.B. Schwarzbrot mit betonähnlicher Kruste. Harte Kost, als das Trainingsgerät für ihre Kaumuskulatur, starken Kieferknochen und festes Zahnwerk – sie ist einer der Gründe für lebenslange Zahngebundenheit und Abwesenheit moderner, zivilisierter Zahnfleischtaschen.

Bevor ich es vergesse: das Thema Zahnpasta …

Kaufen Sie sich keine gewöhnliche Zahnpasta für 1.50 Euro die Tube. Kaufen Sie stattdessen lieber Hydroxyl-Apatit in Tuben. Das ist zwar sauteuer, klingt aber gut und ist laut Studie von Prof. Ganß (Marburg) völlig sinn- und nutzlos („Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass fluoridfreie Hydroxyl-Apatit-Produkte unter kariogenen Bedingungen effektiv sind“). Aber, um nichts dem Zufall zu überlassen, denken Sie daran: Ein gründlich zivilisiertes Gebiss benötigt supportiven Unterbau – und somit auch auf der geschäumten Seite eine zivililationsgerecht wirkende Pflegeserie.

Wegen Finanznot: Krankenkassen fordern „Akuttherapie“

Die gesetzliche Krankenversicherung steckt tief in den roten Zahlen. Der GKV-Spitzenverband schlägt Alarm und verlangt unter anderem einen sofortigen Stopp des Honoraranstiegs.

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) fordert wegen der kritischen Finanzlage der Krankenkassen Sofortmaßnahmen durch die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU). „Es braucht jetzt eine Akuttherapie, denn sonst gehen zum nächsten Jahreswechsel die Krankenkassenbeiträge durch die Decke“, warnte die GKV-Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer in der „Rheinischen Post“. Allein in den vergangenen drei Monaten hätten acht Kassen ihre Zusatzbeiträge erhöht.

Kurzfristig hält Pfeiffer noch vor der Sommerpause ein Vorschaltgesetz für notwendig, mit einem Ausgabenmoratorium für sämtliche Leistungsbereiche, um die Beitragssätze stabil zu halten. „Mit anderen Worten: Keine Preis- oder Honorarerhöhungen mehr, die über die laufenden Einnahmen hinausgehen“, forderte die GKV-Vorstandschefin. Das Moratorium müsse so lange gelten, bis durch geeignete Strukturreformen Einnahmen und Ausgaben wieder in ein Gleichgewicht gebracht worden seien.

Ministerin will nicht auf Reformkommission warten

Mit Blick auf die weitere Zusammenarbeit mit der neuen Bundesregierung zeigte Pfeiffer sich optimistisch. „Die ersten Signale der Ministerin, dass sie die grundlegenden Probleme der GKV rasch und im Dialog mit der Selbstverwaltung angehen möchte, begrüßen wir sehr.“

Warken hatte in ihrer ersten Rede als Ministerin im Bundestag erklärt, wegen der kritischen Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherungen nicht nur auf vorgesehene Kommissionsvorschläge warten zu wollen. Es werde „nicht ohne kurzfristige Maßnahmen gehen“, sagte die CDU-Politikerin. Die gesetzlichen Krankenkassen hatten 2024 ein Defizit von 6,2 Milliarden Euro verbucht. Union und SPD haben vereinbart, dass eine Reformkommission zur Krankenversicherung bis 2027 Vorschläge machen soll.

Klingbeil kündigt grundlegende Reformen an

„Grundlegende und mutige Strukturreformen“ hat unterdessen Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) angekündigt. In der Pflege und bei der Rente müsse gegengesteuert werden, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Es sei der neuen Regierung klar, „dass wir hier stabilisieren müssen. Aber wir können die Probleme nicht dauerhaft einfach nur mit immer mehr Steuergeld kitten.“

Die „Fleißigen“ sollten sich auf einen starken Sozialstaat verlassen können, betonte Klingbeil. „Deshalb sollten wir ein bisschen kreativer sein, als nur zu fordern, dass die Menschen einfach länger arbeiten oder Leistungen im Gesundheitswesen gestrichen werden.“

 

Von der Zahnreinigung direkt in die Notaufnahme

Eine Frau in ihren Dreißigern ohne relevante Vorerkrankungen lässt eine Zahnreinigung durchführen. Kurz nach Beginn der Maßnahme erlebt sie einen plötzlich einsetzenden, reißenden Schmerz im Kiefer und muss in die Notaufnahme eingewiesen werden. Der Fallbericht aus der Türkei wurde im JAMA veröffentlicht.


Die Zahnreinigung zählt zu den elementaren Maßnahmen zur Vermeidung von Karies und Paradontitis. Emphyseme im Weichgewebe des Kiefers ist eine Komplikation. Selten breitet sie sich bis in den Brustkorb aus (Symbolbild).

Die Zahnreinigung wird mit einem Hochdruckstrahl aus Wasser, Luft und Reinigungspulver durchgeführt. Nach dem Schmerzereignis schwellen das gesamte Gesicht der Patientin, ihr Halsbereich und ihr Brustkorb an. Die Frau klagt zudem über ein Engegefühl in der Brust und Dyspnoe.
In der Annahme einer anaphylaktischen Reaktion verabreichen die Behandelnden sofort Pheniramin und Methylprednisolon, doch die Schwellungen sind progredient, so dass die Patientin schließlich als Notfall in eine Klinik überwiesen wird.

Bei der Aufnahme in der Notaufnahme imponieren die Schwellungen und palpable Krepitationen über dem Thorax, im Halsbereich und periorbital. Der Blutdruck liegt bei 110/70 mmHg, der Puls bei 130/min und die Atemfrequenz bei 25/min. Die Sauerstoffsättigung ist mit 92 Prozent erniedrigt.

Die Frau erhält eine ganze Reihe Medikamente:

  • Sauerstoff: 6 l/min
  • Dexamethason 8 mg i.v.
  • Paracetamol 1000 mg i.v.
  • Salbutamol (2,5 mg), Budesonide (1g) und Ipratropium bromid 0,5 mg via Vernebler

Bildgebende Untersuchungen (Röntgenaufnahme des Brustkorbs und Computertomografie) offenbaren schließlich Luftansammlungen im Unterhautgewebe von Gesicht und Hals sowie in den Weichteilschichten des Halses und im Mediastinum.

Die Behandelnden stellen die Diagnose eines Pneumomediastinums und subkutanen Emphysems.

Aufnahme in die Thoraxchirurgie

Die Patientin wird zur Beobachtung in die Thoraxchirurgie überwiesen. Unter Sauerstoffgabe (6 l/min) und NSAR (Dexketoprofen) kommt es nach und nach zu einem Rückgang der Luftansammlungen, wie man in täglichen Röntgenaufnahmen sehen kann. Am vierten Tag des Aufenthaltes kann sie schließlich nach Hause entlassen werden. Ihr wurde geraten, in Zukunft bei der Zahnreinigung auf die Verwendung von Hochdruckreinigung mit Wasser und Luft zu verzichten.

Pneumomediastinum: Selten nach Zahnreinigung

Ein Pneumomediastinum ist definiert als das Vorhandensein freier Luft im Mediastinum. Es kann spontan oder sekundär infolge von Traumata, medizinischen Eingriffen (z. B. Bronchoskopie, Endoskopie, Zahnbehandlungen), thorakalen Operationen, pulmonalen Grunderkrankungen (wie Asthma oder COPD) oder Infektionen (z. B. Keuchhusten, Tuberkulose, Mycoplasma pneumoniae, COVID-19, Influenza) auftreten.

Ein spontanes Pneumomediastinum ist häufig mit Aktivitäten verbunden, die den intrathorakalen Druck akut erhöhen, etwa durch Husten, Niesen, Erbrechen, körperliche Anstrengung oder den inhalativen Konsum von Substanzen wie Tabak, Shisha, Kokain oder Methamphetamin.

Insbesondere in der Zahnmedizin können Hochdruckgeräte wie Air-Polisher, luftgetriebene Bohrer oder Wasser-Luft-Spritzen durch mikroskopisch kleine Schleimhautläsionen Luft in subkutane oder mediastinale Gewebe einbringen und so ein Pneumomediastinum verursachen. Solche Fälle sind selten, treten jedoch vermehrt bei längeren Eingriffen mit Druckluftwerkzeugen, bei Patienten mit Bindegewebserkrankungen, chronischer Kortikosteroidtherapie oder bei operativer Entfernung von Weisheitszähnen auf. Ein zusätzliches Risiko besteht bei der direkten Einleitung von Luft in gingivale Taschen oder offene Wunden.

Die Therapie erfolgt konservativ

Die Therapie erfolgt in der Regel konservativ. Hochdosierte Sauerstoffgabe kann die Resorption der Luft beschleunigen, indem sie die alveoläre Sauerstoffkonzentration erhöht und so einen Diffusionsgradienten zur Verdrängung des Stickstoffs im Mediastinum schafft. Zusätzlich werden Analgetika, Bettruhe und die Vermeidung intrathorakaler Druckspitzen für mindestens eine Woche empfohlen. Eine tägliche Bildgebung zur Verlaufskontrolle wird angeraten.

 

Originalpublikation:
Ulas AB, Aydin Y, Egilmez MZ. A Woman With Facial, Neck, and Chest Swelling During Dental Cleaning. JAMA. Published online May 14, 2025. doi:10.1001/jama.2025.5587

Resistente Bakterien

Neues Antibiotikum löst Suizidprogamm bei Gonokokken aus

Forschende der Universitäten Konstanz und Wien haben eine Klasse von Antibiotika entdeckt, die speziell gegen den Erreger der Gonorrhö, Neisseria gonorrhoeae, wirksam ist. Auch multiresistente Stämme dieses Bakteriums werden durch den neuartigen Wirkstoff abgetötet. Die Ergebnisse der Forschung wurden im Fachjournal Nature Microbiology veröffentlicht.

Die Gonorrhö war vor Entdeckung der Antibiotika die häufigste Ursache für Blindheit bei Kindern. Problematisch ist die zunehmende Resistenzentwicklung der Bakterien (Symbolbild).

Mit über 80 Millionen Fällen ist die Gonorrhö die weltweit häufigste sexuell übertragbare Erkrankung.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt seit Jahren vor der wachsenden Bedrohung durch antibiotikaresistente Keime und hat im vergangenen Jahr eine Liste besonders problematischer Infektionserreger veröffentlicht. Besonders problematisch sind multiresistente Bakterien, welche die Behandlung von Infektionen erschweren und die moderne Medizin vor enorme Herausforderungen stellen. Neisseria gonorrhoeae gehört laut der WHO zu den hochproblematischen Erregern, da er sich rasch an neue Antibiotika anpassen kann, so die Studienleiter.

Superbugs sammeln Resistenzgene ein

„Gonokokken haben traurige Berühmtheit erlangt, weil sie in der Lage sind, sehr schnell gegen Antibiotika resistent zu werden“, erklärt Prof. Thomas Böttcher von der Universität Wien. Dies geschehe vor allem dadurch, dass sie Resistenzgene aufnehmen können. „Nicht zuletzt deshalb sind in den letzten Jahren Gonokokken-Stämme aufgetaucht, die gegen alle bislang verwendeten Antibiotika resistent sind – solche superbugs sind mit Antibiotika nicht mehr zu behandeln“, führt Böttcher seine Ausführungen fort.

Die Bakterien besiedeln die Schleimhäute des Genitaltrakts und werden hauptsächlich durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen. Zudem können sie bei Neugeborenen eine Infektion der Augen verursachen, die unbehandelt zur Erblindung führen kann.

Alkyl-Quinolone als neuer Wirkstoff

Das Forschungsteam unter der Leitung von Christof Hauck (Universität Konstanz) und Thomas Böttcher (Universität Wien) hat eine neue Klasse von Wirkstoffen identifiziert, die zur Gruppe der Alkyl-Quinolone (AQs) gehören. AQs werden eigentlich von einigen Bakterien genutzt, um sich gegen Konkurrenten durchzusetzen.

Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben diese Naturstoffe synthetisch hergestellt und modifiziert, wodurch sich eine überraschende Wirkung einstellte: „Tatsächlich zeigte sich bei einem dieser neuen AQ-Moleküle eine bislang einzigartige Wirkung: Diese chemische Verbindung war in der Lage, Gonokokken abzutöten, aber hatte keinerlei negativen Einfluss auf andere Bakterien oder menschliche Zellen“, erklärt der Zellbiologe Hauck.

Aktivierung eines Selbstzerstörungsprogramms

Die AQs aktivieren ein Selbsttötungsprogramm bei den Gonokokken. Die Erstautorin der Studie, Ann-Kathrin Mix, sagt dazu: „Solche suicide-Programme, die auf sogenannten Toxin-Antitoxin-Systemen beruhen, kennt man zwar auch von anderen Mikroorganismen, aber mit unserem AQ-Wirkstoff haben wir genau die Achillesferse der Gonokokken getroffen.“

Der neuartige Wirkstoff greift ein spezifisches Toxin-Antitoxin-System in den Bakterien an: Das Antibiotikum baut das schützende Antitoxin ab, so kann das Toxin seine zerstörerische Wirkung entfalten.

Zukunftsperspektiven: Wirkung auch bei anderen Bakterien vorstellbar

Da ähnliche Toxin-Antitoxin-Systeme auch in anderen problematischen Bakterien vorhanden sind, könnte dieser Wirkmechanismus in Zukunft in modifizierter Form womöglich auch zur Bekämpfung weiterer Erreger genutzt werden.

 

Originalpublikation:
Mix, AK., Nguyen, T.H.N., Schuhmacher, T. et al. A quinolone N-oxide antibiotic selectively targets Neisseria gonorrhoeae via its toxin–antitoxin system. Nat Microbiol 10, 939–957 (2025).
https://doi.org/10.1038/s41564-025-01968-y

Studie zu Einflussfaktoren auf die Mundgesundheit

Deswegen haben Kleinkinder in Belgien so schlecht
Keine Zeit, das Kind kooperiert nicht, Eltern sind kein Vorbild, andere kulturelle Normen, und Ärzte wie Sozialkräfte schieben die Verantwortung weg: Das sind die Ursachen für die schlechte Mundgesundheit von Kleinkindern in Belgien.

2023 lag der T-Health-Index bei fünf- bis siebenjährigen Kindern in Belgien bei 17,7 (Der T-Health-Index basiert auf dem Kariesindex DMFT, gibt jedoch den funktionellen Zustand wieder, indem gesunde Zähne höher als gefüllte oder fehlende Zähne bewertet werden). Viele Länder in Europa haben Programme zur Verringerung von Karies eingeführt, auch Belgien, doch die nach wie vor hohe Karieserfahrung bei Kindern zeigt, dass weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Mundgesundheit vonnöten sind.

Daten der belgischen Regierung zur Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung belegen, dass 2023 fast die Hälfte der belgischen Kinder unter vier Jahren noch nie beim Zahnarzt war (47,9 Prozent), bei Kindern aus Familien mit niedrigem Einkommen waren es sogar 62 Prozent). Vor dem Hintergrund, dass die Krankenversicherung die zahnärztliche Untersuchung für diese Kinder vollständig übernimmt, wollten die Forschenden mit der vorliegenden Studie wissen, wie es zu dieser Diskrepanz kommt.

Milchzahnkaries ist nach wie vor weit verbreitet

Ziel war, im Dialog mit den Eltern die bewussten und unbewussten Mechanismen dahinter zu erforschen und möglicherweise blinde Flecken in der zahnmedizinischen Versorgung aufzudecken. Es wurden außerdem Informationen von Fachkräften eingeholt, die regelmäßig mit Kleinkindern und ihren Familien arbeiten und direkt oder indirekt an der Förderung der Mundgesundheit von Kindern beteiligt sind.

Die Studie wurde von einem interdisziplinären Team aus Forschern und Praktikern aus der Gesundheitsförderung, Zahnmedizin und Primärversorgung durchgeführt. Die Teilnehmer waren Eltern von Vorschulkindern und Fachkräfte, die mit kleinen Kindern und ihren Familien in Gent, einer Provinzstadt in Flandern, arbeiten. Einschlusskriterien waren:

  1. mindestens 18 Jahre alt,
  2. ein Kind zwischen 6 Monaten und 6 Jahren und

  3. Niederländisch- oder Englischkenntnisse.

Eltern, die im Gesundheitswesen tätig waren, wurden ausgeschlossen. Zunächst wurde eine gezielte Stichprobenziehung durchgeführt, um eine Vielfalt der Probanden hinsichtlich Alter, Geschlecht, sozioökonomischem Status, ethnischer Zugehörigkeit sowie Anzahl und Alter der Kinder sicherzustellen.

Insgesamt wurden acht Einzel- und drei Fokusgruppeninterviews mit Eltern von Kindern im Alter von sechs Monaten bis sechs Jahren durchgeführt (insgesamt 30 Elternteile). Dabei wurde darauf geachtet, auch Eltern aus Randgruppen mit einzubeziehen (19 Elternteile waren nicht in Belgien geboren). Außerdem wurden Einzelinterviews mit acht Fachkräften aus verschiedenen Gesundheits- und Sozialbereichen initiiert, die in Gent mit Kleinkindern und Familien arbeiteten. Hauptthemen der Befragungen waren das Verhalten bei der Mundhygiene, Ernährungsgewohnheiten und Zahnarztbesuche.

Alltägliche Hürden beim Zähneputzen

Die Mundgesundheit von Kleinkindern wird demnach von verschiedenen Faktoren beeinflusst, maßgeblich sind:

  • Zeitmangel: Obwohl fast alle Eltern wussten, dass sie die Zähne ihrer Kinder zweimal täglich für zwei Minuten putzen sollten, blieb dies insbesondere morgens teilweise aus, weil die Zeit drängte und der Familienalltag hektisch verlief. Der Mundhygiene wurde dann eine geringere Priorität als anderen Dingen eingeräumt.
  • unkooperatives Verhalten der Kinder: Nahezu alle Eltern beschrieben, dass ihre Kinder zuweilen unkooperativ waren, beispielsweise den Mund nicht öffneten, den Kopf wegdrehten oder gegen das Zähneputzen protestierten. Die Eltern begegneten diesem Verhalten mit Strategien, das Zähneputzen zu einem angenehmen Erlebnis oder Spiel zu machen oder das Kind abzulenken. Andere reagierten mit Zwang, Verärgerung oder Drohungen. Oder sie versuchten dem Kind zu erläutern, warum die Zahnpflege wichtig ist und übertrugen somit die Verantwortung dafür dem Kind. Nicht alle Eltern hatten die Ausdauer oder Konsequenz, das Zähneputzen durchzusetzen. Gleichzeitig berichteten Eltern, bei denen das Zähneputzen zur Routine geworden war, dass ihr Kind kooperativer war.

  • Mundhygienegewohnheiten der Eltern: Auch beim Zähneputzen sind die Eltern ein wichtiges Vorbild für ihre Kinder. Dabei „färbten“ nicht nur die Frequenz und Dauer des Zähneputzens ab, sondern auch die Art und Weise, zum Beispiel, ob eine Handzahnbürste oder ein elektrisches Modell verwendet wurde oder wie regelmäßig Kontrolluntersuchungen in der Zahnarztpraxis wahrgenommen wurden.

  • familiäre und kulturelle Normen: Die eigenen Gewohnheiten und Erfahrungen in der Kindheit prägten das Verhalten der Eltern. Einige wollten ihre Kinder etwa vor schlechten Erfahrungen bewahren, die sie selbst gemacht hatten. Zum Teil übernahm auch ein Elternteil das bessere Mundhygieneverhalten des anderen. Einige Eltern mit Migrationshintergrund berichteten, dass sie der Mundhygiene aufgrund kultureller Prägung weniger Bedeutung beimaßen und ihre Zahnarztpraxis eher bei Schmerzen als zur Vorbeugung aufsuchten. Beschwerden bei den Kindern motivierten manche Eltern dazu, die Mundhygiene ihrer Kinder zu verbessern.

  • unklare Zuständigkeiten und mangelndes Wissen bei Gesundheitsfachkräften: Familienhilfen sowie Kinder- und Hausärzte sind wichtige Ansprechpartner für Eltern, aber über das Thema Mundgesundheit zum Teil nicht ausreichend informiert. Sie gaben in den Interviews sogar vereinzelt falsche Empfehlungen. Es war die Tendenz zu erkennen, dass die Verantwortung „weitergereicht“ wurde. Gleichzeitig hatten gerade Eltern mit Migrationshintergrund mehr offene Fragen und Zweifel, die auf diese Weise möglicherweise unbeantwortet blieben.

„Im Allgemeinen wissen alle Eltern über die Mundgesundheitspflege von Kleinkindern Bescheid“, stellten die Autoren abschließend fest. Ihnen fehle allerdings vor allem die Fähigkeit, dieses Wissen bei unkooperativem Verhalten in die Praxis umzusetzen. Die aktuellen Interventionen, die auf das Wissen der Eltern über Mundgesundheit setzen, seien daher unzureichend, um das Verhalten der Eltern zu ändern. Stattdessen sollten Interventionen auch auf Erziehungskompetenzen wie Verhaltensmanagement ausgerichtet sein.

Kampagnen könnten die Situation verbessern

„Festgestellt wurde ein Bedarf an Zeit und Ressourcen, um die Mundgesundheitsvorsorge für kleine Kinder zu verbessern und an die Lebenswirklichkeiten junger Eltern anzupassen“, resümieren die Wissenschaftler. Sie halten Kampagnen für geeignet, um die Aufmerksamkeit für das Thema zu erhöhen und Eltern dazu anzuregen, das Thema Mundhygiene bei Arztbesuchen aktiv aufzugreifen und ihre Fragen zu stellen.

Goossens, J., Poppe, L., Lambert, M. et al. A qualitative study on the factors influencing oral health care for young children in Belgium. BMC Public Health 25, 1018 (2025). https://doi.org/10.1186/s12889-025-22153-0

Pathoblocker: Neue Waffe im Kampf gegen Salmonellen

Ein gemeinsames Team der Universität Tübingen und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung entdeckte unlängst einen Stoff, der Signalketten der Salmonellen bei der Zellinvasion hemmt – ein neuer Ansatz für deren Bekämpfung?


Pathoblocker wirken nicht, indem sie Bakterien abtöteten, sondern indem sie deren Pathogenitätsmechanismen stören.

Salmonellen zählen zu den gefährlichsten bakteriellen Krankheitserregern im Magen-Darm-Trakt. Um sich im Körper zu verbreiten, injizieren sie sogenannte Effektorproteine in die Zellen des Darmgewebes – ein Mechanismus, der nun ins Visier der Forschung gerät, wie die Forschenden in Science Advances schreiben.

Früher Eingriff in den Infektionsprozess

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Professor Samuel Wagner vom Exzellenzcluster „Kontrolle von Mikroorganismen zur Bekämpfung von Infektionen“ (CMFI) an der Universität Tübingen und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) hat eine Substanz entdeckt, die den Infektionsprozess frühzeitig unterbrechen könne. Der künstlich erzeugte Stoff mit dem Kürzel C26 verhindert die Injektion der Effektorproteine – und könnte so die Ausbreitung der Bakterien im Körper stoppen.

Alternative zu Antibiotika: Pathoblocker

Da Salmonellen zunehmend Resistenzen gegen herkömmliche Antibiotika entwickelten, bestehe ein wachsender Bedarf an neuen Therapieansätzen. Pathoblocker wie C26 bieten hier eine gezielte Alternative. Sie wirkten nicht, indem sie Bakterien abtöteten, sondern indem sie deren Pathogenitätsmechanismen störten – in diesem Fall bevor die Erreger überhaupt in das Gewebe eindringen.

„Diese gezielte Wirkung verringert auch das Risiko, dass Resistenzen von anderen Bakterien übernommen werden“, erklärt Wagner.

Molekulare Zielstruktur: Der Regulator HilD

Im Zentrum der neuen Entdeckung stehe der Transkriptionsregulator HilD, ein Schlüsselprotein für die Aktivierung der Infektionsmechanismen bei Salmonellen. „Wir haben bei HilD eine spezifische Bindungsstelle gefunden, die sich hervorragend für Wirkstoffe eignet“, sagt Dr. Abdelhakim Boudrioua, Erstautor der Studie und Forscher am CMFI.

Die Wirkweise sei raffiniert: Der Wirkstoff C26 passe wie ein passgenauer Schlüssel in die molekulare „Tasche“ von HilD und blockiere so dessen Funktion – mit dem Effekt: die Infektionskaskade wird gestoppt.

Wirkstoff mit viel Potenzial

Um die Substanz zu identifizieren, durchsuchte das Team umfangreiche Substanzdatenbanken. C26 erwies sich als besonders vielversprechend. Anschließend wurden Strukturanalysen und Tests durchgeführt, unter anderem in Makrophagen – Immunzellen, in denen sich Salmonellen verstecken können. Dabei zeigte sich: C26 blockiert gezielt den Infektionsprozess, ohne das menschliche Mikrobiom zu beeinträchtigen.

„Wir haben damit einen idealen Ausgangsstoff zur Entwicklung eines Medikaments gegen Salmonelleninfektionen“, resümiert Wagner.

Ein bedeutender Fortschritt aus der Grundlagenforschung, aber …

Trotz des vielversprechenden Ansatzes liege noch ein weiter Weg zur marktreifen Therapie vor den Forschenden. Doch das Potenzial sei groß – nicht nur für den Einsatz beim Menschen, sondern auch in der Tiermedizin, insbesondere in der Geflügelzucht. Anders als klassische Antibiotika dürfte ein gezielter Pathoblocker wie C26 das körpereigene Mikrobiom nicht angreifen – ein entscheidender Vorteil für die Gesundheit von Mensch und Tier, so die Forschenden abschließend.

 

Originalpublikation: Boudrioua A et al., Discovery of synthetic small molecules targeting the central regulator of Salmonella pathogenicity. Science Advances 2025. https://doi.org/10.1126/sciadv.adr5235

Leitlinie des Interdisziplinären Arbeitskreises Oralpathologie und Oralmedizin mit DGMKG und DGZMK

Rezidivierende Aphthen gehören zu den häufigsten Mundschleimhaut-Erkrankungen. Ihre Ätiologie ist wahrscheinlich multifaktoriell, diskutiert werden unter anderem Genetik, Infektionen, lokales Trauma und Stress.

In etwa 85 Prozent der Fälle handelt es sich um Minor-Aphthen, in zirka 10 Prozent um Major-Aphthen. Da schwere aphthoide Veränderungen in der Regel in Fachpraxen oder -kliniken diagnostiziert und behandelt werden, fokussiert diese Kurz-Empfehlung auf das Management von Minor-Aphthen. Detaillierte Informationen enthalten der Leitlinientext und der Methodenreport [1, 2].

A. Merkmale Minor-Aphthen (Typ Mikulicz)

  • Oberflächliche Erosion oder Ulzeration, plan oder gering erhabener Randwall
  • Durchmesser: meist 2 bis 5 mm, selten bis 10 mm
  • Lokalisation: meist nicht keratinisierte Schleimhaut, ein bis vier Aphthen gleichzeitig
  • Verlauf: Rasch entstehend, Schmerz mäßig bis stark
  • Heilungsdauer: 7 bis 10 Tage, keine Narbenbildung
  • Hohe Rezidivneigung, 3- bis 6-mal pro Jahr

Beim Typus herpetiformis (Typ Cooke, Anteil zirka 5 Prozent) entstehen multiple kleine Läsionen auf der gesamten oralen Schleimhaut. Major-Aphthen (Typ Sutton) dringen in tiefere Gewebeschichten ein, verheilen narbig, sind zwei bis vier Wochen präsent, sehr schmerzhaft und mit Lymphadenopathien verbunden. Aphthenähnliche (aphthoide) Läsionen manifestieren sich auch bei einigen Syndromen und systemischen Erkrankungen. Sie lassen sich zum Teil nur schwer von Aphthen unterscheiden.

B. Diagnostische Empfehlungen

Die Diagnose wird vor allem morphologisch gestellt (vergleiche Punkt A). Hinzu kommen:

  1. Eine umfassende oral- und allgemeinmedizinische Anamnese (Malabsorptions- und Mangelzuständen, Arzneimittel-Unverträglichkeiten, systemische Erkrankungen usw.)
  2. Eine intra- und extraorale Untersuchung (Inspektion und Palpation)
  3. Bei lokal begrenzten Läsionen zunächst mögliche mechanische Ursachen abklären, zum Beispiel durch Prothesen, Restaurationen, persistierende Fadenreste oder Watterollen, chemische oder thermische Irritationen, topische Medikamente
  4. Achtung: Bei Läsionen, die nach zwei Wochen nicht abheilen, sollten Patienten zur Abklärung möglicher maligner Veränderungen unverzüglich an spezialisierte Praxen oder Kliniken überwiesen werden.

C. Therapeutische Empfehlungen

Die Therapie chronisch-rezidivierender (rekurrierender) Aphthen der Mund- und Rachenschleimhaut (oropharyngeal) ist wegen ihrer unklaren Ätiologie symptomatisch ausgerichtet. Sie zielt auf:

  • Linderung von Schmerzen und funktionellen Einschränkungen und
  • Reduzierung von Häufigkeit und Schweregrad von Rezidiven.

Lokale Maßnahmen sind wegen des niedrigen Risikos systemischer Nebenwirkungen erste Wahl:

  • Erste Therapiestufe: filmbildende Präparate, zum Beispiel AphtoFix (Hyaluronsäure, Aloe Vera, Zink) oder Sucralfat (Aluminiumhydroxid und Saccharose-octasulfat)
  • Zweite Therapiestufe: glukokortikoidhaltige Haftsalbe (Triamcinolon-acetonid 0,1%)
  • Laser (CO2, Dioden, Nd:YAG)
  • Topische Adstringenzien (zum Beispiel Myrrhe) und Antiseptika (CHX-Gele)
  • Topische Lokalanästhetika
  • Antibiotische Spüllösungen (Tetrazyklin oder Minozyklin, bei Major-Aphthen)

Bei häufiger und die Lebensqualität des Patienten deutlich einschränkender Rezidivneigung kann eine systemische Behandlung erforderlich werden, zum Beispiel mit Glukokortikoiden. Bei komplexen Aphthosen werden lokale und systemische Maßnahmen kombiniert (siehe Flow-Chart unten). Eine Tabelle mit differenzierten therapeutischen Empfehlungen und weitere Hinweise enthalten der Volltext der Leitlinie (S. 21) und der Leitlinienreport [1, 2].

Konzept und Methodik

Die für diese Kurzübersicht verwendete Leitlinie gibt den Stand des Wissens von April 2023 wieder und gilt bis April 2028 [1, 2]. Sie richtet sich an Zahnärzte sowie an Fachärzte unter anderem für MKG-Chirurgie, HNO-Heilkunde, Dermatologie, Innere Medizin und Pädiatrie. Aufgrund der begrenzten Datenlage ist die Empfehlung konsensbasiert (S2k) und wurde in einem „nominalen Gruppenprozess“ von allen beteiligten Fachgesellschaften verabschiedet. Hier geht es direkt zur Leitlinie.

Dr. Jan H. Koch, Freising

Bei Kurz-Empfehlungen in der Rubrik Oralmedizin kompakt handelt es sich nicht um offizielle Publikationen von Fachgesellschaften, sondern um Beiträge mit fachjournalistischer Auswahl von Inhalten und ohne die in Leitlinien vorgegebene methodische Stringenz.  

Literatur

[1] AKOPOM, DGMKG, DGZMK. Diagnostik und Therapieoptionen von Aphthen und aphthoiden Läsionen der Mund- und Rachenschleimhaut“, Long version, 2.0, 20230430, AWMF no. 007–101, https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/007–101.html, accessed 20250217. 2023.
[2] AKOPOM, DGMKG, DGZMK. Diagnostik und Therapieoptionen von Aphthen und aphthoiden Läsionen der Mund- und Rachenschleimhaut, S2k-Leitlinie (Leitlinienreport); AWMF-Registernummer: 007–101 Stand: April 2023; Gültig bis: April 2028. 2023.

Kassen fordern: Jetzt Mehrwertsteuer auf Arzneimittel senken

Die gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen beklagen deutlich steigende Ausgaben für Arzneimittel. Im vergangenen Jahr gaben sie gut 5,2 Milliarden Euro für Präparate aus öffentlichen Apotheken aus – gut 500 Millionen Euro oder 10,75 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie der Verband der Ersatzkassen unter Berufung auf Statistiken des Deutschen Apothekerverbandes mitteilte. Bundesweit stiegen die Arzneimittelkosten 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 9,7 Prozent – enthalten sind Ausgaben für Arzneimittel, Rezepturen und Verbandstoffe, nicht aber für Impfstoffe und Hilfsmittel.

„Die Ausgabenspirale im Arzneimittelbereich dreht sich rasend schnell nach oben“, mahnte der Verbands-Landesleiter Hanno Kummer. Er forderte daher „Instrumente für faire Arzneimittelpreise“ – „vor allem für neue patentgeschützte Präparate. Hier bedarf es dringend einer Preisanpassung.“ Außerdem verlangte er, die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von derzeit 19 auf 7 Prozent zu senken. Das würde seinen Worten zufolge die Beitragszahler in Deutschland um jährlich sechs bis sieben Milliarden Euro entlasten.