Rechtstipp 01/2025 Rückzahlung von Weihnachtsgeld
Die Zahlung von Weihnachtsgeld in Form einer Gratifikation/ Sonderzahlung (Achtung: Ein 13. Gehalt ist hiervon strikt zu trennen!) dient ohne Frage der Mitarbeitermotivation. Verlässt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter seinen Arbeitgeber jedoch zu Beginn des neuen Jahres, fällt diese Sonderzahlung schnell in die Rubrik „Fehlinvestition“. Unter Umständen besteht allerdings die Möglichkeit der Rückforderung.
Rückzahlungsklausel
Entscheidend ist, ob diesbezüglich eine entsprechende vertragliche (oder tarifvertragliche) Vereinbarung existiert und wenn ja, ob es sich hierbei nicht um eine Klausel handelt, welche die Arbeitnehmerin/ den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Ist dies nämlich der Fall, ist die Klausel unwirksam.
So stufte beispielsweise das Landesarbeitsgericht (LAG) München in seiner Entscheidung vom 26. Mai 2009 (Az.: 6 Sa 1135/08) folgende Klausel als eine unangemessene Benachteiligung ein:
“ Der Mitarbeiter ist verpflichtet, die Gratifikation zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis bis zum 31.03. des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres durch Kündigung durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber oder durch Aufhebungsvertrag endet.“
Zur Begründung führte das LAG München im konkreten Fall aus:
„ Die Rückzahlungsklausel benachteiligt den Kläger entgegen Treu und Glauben in unangemessener Weise, insoweit auch bei Ausspruch einer betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung eine Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich der Weihnachtsgratifikation entsteht (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB); sie ist jedenfalls insoweit unwirksam (§ 306 Abs. 2 BGB). (…) Im Rahmen der nach § 307 BGB anzustellenden Interessenabwägung ist auch der die Rückzahlungspflicht auslösende Tatbestand zu berücksichtigen (Thüsing in v. Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke Stand März 2006 Stichwort: Arbeitsverträge Rn. 151). Es ist nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an jedes Ausscheiden des Arbeitnehmers zu knüpfen, das innerhalb der in der Klausel vorgesehenen Bleibefrist stattfindet. Vielmehr muss nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens unterschieden werden (vgl. Dorndorf in Däubler/Dorndorf AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht § 307 BGB Rn. 119). Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungspflicht zu entgehen. (…) Die in Ziff. 10.4 des Arbeitsvertrages enthaltene Rückzahlungsklausel differenziert nicht danach, wessen Verantwortungs- und Risikobereich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuzurechnen ist.“
Achten Sie also unbedingt darauf, dass die Rückzahlungsklausel auf ein „Verschulden“ des Arbeitnehmers abstellt. So findet sich z.B. im „Merkblatt zur Zahlung der „Besonderen Zuwendung“ im Kontext arbeitsvertraglicher Vereinbarungen“ der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe folgende Formulierung:
„Die erhaltene Weihnachtsgratifikation ist in voller Höhe zurückzuzahlen, wenn Sie aufgrund eigener Kündigung oder durch Arbeitsvertragsbruch, treuwidrigem Verhalten, Störung des Betriebsfriedens bis einschließlich ………… des folgenden Kalenderjahres aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheiden. Dies gilt auch dann, wenn das Beschäftigungsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen oder durch Kündigung des Praxisinhabers aus einem von der Angestellten zu vertretenen wichtigen Grund beendet wird.“
Ebenso ist der im Rahmen eines Muster-Anstellungsvertrages gewählte Formulierungsvorschlag der Zahnärztekammer Nordrhein denkbar:
„Eine Zahlung kommt nur in Betracht, wenn das Anstellungsverhältnis zum Auszahlungszeitpunkt ungekündigt ist. Der/die Angestellte ist zur Rückzahlung der gezahlten Gratifikation verpflichtet, wenn das Anstellungsverhältnis vor dem … des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres aufgrund einer Kündigung des/der Angestellten endet, es sei denn, dass diese auf rechtswidrigem und schuldhaftem Verhalten des Arbeitgebers beruht oder wenn das Arbeitsverhältnis vor dem … des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres aufgrund einer Kündigung des Arbeitgebers aus anderen als betriebsbedingten Gründen endet.“
Rückzahlungshöhe
Ferner gilt es zu beachten, dass das Bundesarbeitsgericht die Gültigkeit von Rückzahlungsklauseln gemessen an der Höhe der gezahlten Gratifikation eingeschränkt und folgende Kriterien entwickelt hat:
Höhe der Gratifikation | Folge |
Bis EUR 100 | Rückzahlungsklausel unzulässig |
Über 100 €, weniger als ein Monatsgehalt | Bindung per Rückzahlungsvereinbarung bis zum 31.3. des Folgejahres möglich |
Ein Monatsgehalt | Bindung über die folgenden 3 Monate hinaus bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin. Im Fall einer 2jährigen Beschäftigung ist das z. B. der 30.04. des Folgejahres (BAG-Urteil v. 28.4.2004, Az. 10 AZR 356/03) |
Bis zu 2 Monatsgehälter | Bindung bis zum 30.6. des Folgejahres möglich. (BAG-Urteil v. 25.9.2002, Az: 10 AZR/7/02) |
2 Bruttogehälter und mehr | Bei einer Gratifikation von mehr als 2 Monatsgehältern ist eine Staffelung zulässig. Bei einem Ausscheiden – bis zum 31.3. des Folgejahres 1,5 Bruttogehälter, bei einem Ausscheiden bis zum 30.6. des Folgejahres ein Bruttogehalt, bei einem Ausscheiden bis zum 30.9. des Folgejahres die Hälfte des Brutto-monatsgehalts |
Achtung: Eine Rückzahlungsklausel ist unwirksam, wenn sie weder Voraussetzungen für die Rückzahlungspflicht noch einen eindeutig bestimmten Zeitraum für die Bindung der Beschäftigten festlegt (Urteil des BAG v. 14.06.95, 10 AZR 25/94)!
Vertiefende Informationen zu diesem Thema bietet Ihnen darüber hinaus das bereits genannte „Merkblatt zur Zahlung der „Besonderen Zuwendung“ im Kontext arbeitsvertraglicher Vereinbarungen“ der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe (Stand: 01.01.2012), welches Ihnen anliegend zum Download zur Verfügung steht.
Juradent-ID: 2816