So verändert Rauchen das orale Mikrobiom – Studie aus Südafrika –

Rauchen kann das orale Mikrobiom so beeinflussen, dass bestimmte Bakterien an Dominanz gewinnen und verschiedene orale sowie systemische Erkrankungen begünstigen.

Forschende untersuchten in einer Fall-Kontroll-Studie das orale Mikrobiom von Rauchern und verglichen es mit dem von Nicht-Rauchern. Sie konnten deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung feststellen. Raucher wiesen im Vergleich deutlich mehr anaerobe, gramnegative Bakterien auf.

Mehr Fusobacterium und Campylobacter

Für die Studie analysierten die Forschenden subgingivale Plaque-Proben von 128 Probanden einer südafrikanischen Population (davon 57 Raucher) mit Hilfe einer 16S rRNA-Gen-Sequenzierung. Raucher wiesen weniger Actinobakterien (anaerob/aerob) auf als Nicht-Raucher, während Fusobacterium und Campylobacter (beide anaerob) vermehrt gefunden wurden. Beide Bakterien sind häufig auch beim Fortschreiten von parodontalen Erkrankungen involviert.

„Fusobacterium spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung von dentalen Biofilmen und könnte erklären, warum Rauchen nachweislich die Bildung von Biofilmen fördert“, erläutern die Autoren [Prince et al., 2024]. Des Weiteren steht Fusobacterium nucleatum auch in Zusammenhang mit systemischen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus Typ II. In den Analysen kamen Leptotrichia, Actinomyces, Corynebacterium und Lautropia bei Rauchern im Vergleich zu Nicht-Rauchern weniger häufig vor.

Fazit: Rauchende haben ein pathogenreiches Mikrobiom

Die Forschenden weisen darauf hin, dass auch Faktoren wie Ernährung, pH-Wert-Veränderungen, Interaktionen zwischen Mikroorganismen sowie unterschiedliche Orte der Probenentnahme die Ergebnisse beeinflusst haben können. Der kleine Probandenpool sowie das Studiendesign können als Limitationen angesehen werden. „Trotz dieser Einschränkungen können wir schlussfolgern, dass die subgingivale Mikrobiota von Rauchern ein sehr vielfältiges, pathogenreiches, gramnegatives anaerobes Mikrobiom aufweist, das eher einer mit Parodontalerkrankungen assoziierten Gemeinschaft bei klinisch gesunden Personen entspricht“ fassen Prince et al. die Ergebnisse zusammen [2024]. Sie resümieren, dass Rauchen die Dominanz bestimmter oraler Mikroorganismen und dadurch auch das Entstehen und Fortschreiten parodontaler Erkrankungen begünstigen kann.

Prince Y, Davison GM, Davids SFG, et al. The effect of cigarette smoking on the oral microbiota in a South African population using subgingival plaque samples. Heliyon. 2024 May 21;10(10):e31559. doi: 10.1016/j.heliyon.2024.e31559. PMID: 38831830; PMCID: PMC11145493.

Zuckerkonsum ist mit Depressionsrisiko verbunden

Menschen, die viel Süßes sowie gesüßte Getränke zu sich nehmen, könnten – neben anderen Allgemeinerkrankungen – ein höheres Risiko für Depressionen haben.

Aktuelle Studiendaten zeigen, dass Menschen mit hohem Zuckerkonsum ein deutlich höheres Risiko für Depressionen haben können. Dahingegen kann eine gesunde Ernährung die Gesundheit positiv beeinflussen und das Risiko für verschiedene Allgemeinerkrankungen senken.

Die Forschenden analysierten die Antworten eines online-Fragebogens zur Lebensmittelpräferenz von mehr als 180.000 Teilnehmenden der UK Biobank. Die Probandinnen und Probanden beantworteten insgesamt 140 Fragen zu favorisierten Nahrungsmitteln und Essgewohnheiten. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz wurden Ernährungsmuster und deren Auswirkungen auf den Gesundheitszustand sowie Biomarker im Blut ermittelt. Die Teilnehmenden wurden anhand ihrer Ernährungspräferenzen einer von drei Hauptgruppen zugeteilt: Gesundheitsbewusste (hohe Präferenz für Gemüse und Obst und geringe Präferenz für Süßes oder tierische Produkte), „Alles-Esser“ (unspezifisches Essverhalten, keine bestimmten Vorlieben) und „Naschkatzen“ (Präferenz für süße Lebensmittel und Getränke).

31 Prozent höheres Risiko für Depressionen

Die Ergebnisse zeigen, dass die Gruppe der Gesundheitsbewussten ein geringeres Risiko für Herzversagen und chronische Nierenerkrankungen hatte als die beiden anderen Gruppen. Die Gruppe der Naschkatzen wies hingegen ein höheres Diabetes- und Schlaganfallrisiko sowie ein um 31 Prozent höheres Risiko für Depressionen auf als die anderen Gruppen. Während sich das relative Krebsrisiko (insgesamt) zwischen den Gruppen kaum unterschied, zeigte die gesundheitsbewusste Gruppe vergleichsweise niedrige Entzündungs-Biomarker (unter anderem C-reaktives Protein), die mit kardiovaskulären Erkrankungen in Zusammenhang gebracht werden. Dafür konnten höhere Werte von nützlichen Proteinen wie Ketonkörper und Insulin-ähnliche Wachstumsfaktor-bindende Proteine (IGFBP) gefunden werden.

Die Ergebnisse zeigen einen gesundheitlichen Vorteil der gesundheitsbewussten Gruppe. Die Forschenden sehen einen „direkten Zusammenhang zwischen Lebensmittelpräferenzen und Krankheitsrisiko […] und eine Verbindung zu biochemischen Unterschieden und biochemischen Signalwegen […], einschließlich Leptin, GH1 und IGFBP.“ [et al., 2024]. Bei der Interpretation der Ergebnisse sollte allerdings beachtet werden, dass es sich bei der Studie um eine Befragung handelt und genetische Faktoren sowie andere Störvariablen nicht berücksichtigt wurden, der Probandenpool aber vergleichsweise groß war.

Navratilova HF, Whetton AD, Geifman N. Artificial intelligence driven definition of food preference endotypes in UK Biobank volunteers is associated with distinctive health outcomes and blood based metabolomic and proteomic profiles. J Transl Med. 2024 Oct 1;22(1):881. doi: 10.1186/s12967-024-05663-0. PMID: 39354608; PMCID: PMC11443809.

Menschen, die viel Süßes sowie gesüßte Getränke zu sich nehmen, könnten – neben anderen Allgemeinerkrankungen – ein höheres Risiko für Depressionen haben.

Aktuelle Studiendaten zeigen, dass Menschen mit hohem Zuckerkonsum ein deutlich höheres Risiko für Depressionen haben können. Dahingegen kann eine gesunde Ernährung die Gesundheit positiv beeinflussen und das Risiko für verschiedene Allgemeinerkrankungen senken.

Die Forschenden analysierten die Antworten eines online-Fragebogens zur Lebensmittelpräferenz von mehr als 180.000 Teilnehmenden der UK Biobank. Die Probandinnen und Probanden beantworteten insgesamt 140 Fragen zu favorisierten Nahrungsmitteln und Essgewohnheiten. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz wurden Ernährungsmuster und deren Auswirkungen auf den Gesundheitszustand sowie Biomarker im Blut ermittelt. Die Teilnehmenden wurden anhand ihrer Ernährungspräferenzen einer von drei Hauptgruppen zugeteilt: Gesundheitsbewusste (hohe Präferenz für Gemüse und Obst und geringe Präferenz für Süßes oder tierische Produkte), „Alles-Esser“ (unspezifisches Essverhalten, keine bestimmten Vorlieben) und „Naschkatzen“ (Präferenz für süße Lebensmittel und Getränke).

31 Prozent höheres Risiko für Depressionen

Die Ergebnisse zeigen, dass die Gruppe der Gesundheitsbewussten ein geringeres Risiko für Herzversagen und chronische Nierenerkrankungen hatte als die beiden anderen Gruppen. Die Gruppe der Naschkatzen wies hingegen ein höheres Diabetes- und Schlaganfallrisiko sowie ein um 31 Prozent höheres Risiko für Depressionen auf als die anderen Gruppen. Während sich das relative Krebsrisiko (insgesamt) zwischen den Gruppen kaum unterschied, zeigte die gesundheitsbewusste Gruppe vergleichsweise niedrige Entzündungs-Biomarker (unter anderem C-reaktives Protein), die mit kardiovaskulären Erkrankungen in Zusammenhang gebracht werden. Dafür konnten höhere Werte von nützlichen Proteinen wie Ketonkörper und Insulin-ähnliche Wachstumsfaktor-bindende Proteine (IGFBP) gefunden werden.

Die Ergebnisse zeigen einen gesundheitlichen Vorteil der gesundheitsbewussten Gruppe. Die Forschenden sehen einen „direkten Zusammenhang zwischen Lebensmittelpräferenzen und Krankheitsrisiko […] und eine Verbindung zu biochemischen Unterschieden und biochemischen Signalwegen […], einschließlich Leptin, GH1 und IGFBP.“ [et al., 2024]. Bei der Interpretation der Ergebnisse sollte allerdings beachtet werden, dass es sich bei der Studie um eine Befragung handelt und genetische Faktoren sowie andere Störvariablen nicht berücksichtigt wurden, der Probandenpool aber vergleichsweise groß war.

Navratilova HF, Whetton AD, Geifman N. Artificial intelligence driven definition of food preference endotypes in UK Biobank volunteers is associated with distinctive health outcomes and blood based metabolomic and proteomic profiles. J Transl Med. 2024 Oct 1;22(1):881. doi: 10.1186/s12967-024-05663-0. PMID: 39354608; PMCID: PMC11443809.

Neue Erkenntnisse zur Häufigkeit und den Risiken von oralen Infektionen mit HPV bei Männern

US-Krebsforscher aus Florida haben herausgefunden, wie häufig bei Männern orale HPV-Infektionen auftreten, welche Faktoren die Ansteckung beeinflussen und wie die Infektionsraten regional variieren.

Eine neue Studie hat entscheidende Informationen über die Häufigkeit und die Risikofaktoren von oralen Infektionen mit dem humanen Papillomavirus (HPV) bei Männern in den Vereinigten Staaten, Mexiko und Brasilien ans Licht gebracht.

Für ihre Studie haben die Wissenschaftler am Moffitt Cancer Center in Tampa, Florida, 3.137 Männer aus den USA, Mexiko und Brasilien zwischen 2005 und 2009 im Mittel 57 Monate lang auf neue HPV-Infektionen hin beobachtet. Die Inzidenzrate für ein orales onkogenes HPV betrug 2,4 pro 1.000 Personenmonate, variierte nicht mit dem Alter und blieb während des gesamten Untersuchungszeitraums konstant, was auf ein anhaltendes Risiko hindeutet.

Auch krankheitsbedingter Zahnverlust ist ein Risiko

Die von Dr. Anna Giuliano geleitete Studie ergab, dass das Risiko, sich oral mit HPV zu infizieren, in den USA im Vergleich zu Brasilien und Mexiko deutlich höher ist: 90 Prozent aller Fälle betrafen Männer in den USA.

Die Forschenden identifizierten außerdem mehrere Schlüsselfaktoren, die mit einem höheren Risiko einer oralen HPV-Infektion verbunden sind:

  • Alter: Männer bleiben ihr Leben lang anfällig für orale HPV-Infektionen.
  • Bildungsniveau: Männer mit höherer Bildung hatten ein erhöhtes Infektionsrisiko.

  • Alkoholkonsum: Ein höherer Alkoholkonsum war mit einem höheren Risiko verbunden.

  • Sexuelles Verhalten: Das Risiko war bei Männern mit mehreren weiblichen Sexualpartnern, bei Männern, die häufig Oralverkehr hatten, und bei Männern mit männlichen Sexualpartnern erhöht.

  • Mundgesundheit: Auch der Verlust von Zähnen aufgrund einer Erkrankung im Mundraum war mit einem geringfügig erhöhten Risiko verbunden.

„Unsere Studie betont, wie wichtig es ist, weiterhin vor oralen HPV-Infektionen auf der Hut zu sein“, sagte Studienleiterin Dr. Anna Giuliano. „Die gleichbleibende HPV-Rate über alle Altersgruppen hinweg und die erheblichen regionalen Unterschiede erfordern maßgeschneiderte Impfstrategien und eine stärkere Sensibilisierung, um HPV-bedingte oropharyngeale Krebserkrankungen zu verhindern.“

Die Wissenschaftler plädieren für geschlechtsneutrale HPV-Impfprogramme und Nachholimpfungen für diejenigen Männer mittleren Alters, die frühere Möglichkeiten zur Impfung verpasst haben. Die Daten weisen ihnen zufolge darauf hin, dass Männer im Laufe ihres Lebens dem Risiko einer oralen HPV-Ansteckung ausgesetzt sind, was darauf hindeute, dass eine Nachholimpfung die Inzidenz neuer Infektionen verringern kann.

„Unsere Arbeit unterstreicht den dringenden Bedarf an Initiativen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, die sich sowohl mit dem Sexualverhalten als auch mit Lebensstilfaktoren befassen“, sagte Dr. Racheal Mandishora, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung für Krebsepidemiologie am Moffitt. „Durch eine bessere Aufklärung und eine höhere Durchimpfungsrate können wir die Inzidenz der oralen HPV und die damit verbundenen Risiken deutlich verringern.“

Die HPV-Impfung wird für alle Personen zwischen 9 und 26 Jahren empfohlen. Aber auch Erwachsene zwischen 27 und 45 Jahren, die bisher nicht geimpft wurden, können sich impfen lassen.

Dube Mandishora, R.S., Dickey, B.L., Fan, W. et al. Multinational epidemiological analysis of oral human papillomavirus incidence in 3,137 men. Nat Microbiol (2024).

Sjögren-Syndrom als Risikofaktor für juvenilen Schlaganfall

Patienten mit Sjögren-Syndrom haben ein deutlich niedrigeres Alter bei Schlaganfällen als vergleichbare Patientengruppen. Bei jedem Zweiten wurde die Sjögren-Diagnose erst nach dem Schlaganfall gestellt.

Forschende der Medizinischen Hoch­schule Hannover haben auf dem Deutschen Rheumatologiekongress in Düsseldorf eine Studie vorgestellt, in der gezeigt werden konnte, dass Schlaganfälle in jüngeren Lebensjahren beim Vorliegen eines primären Sjögren-Syndroms häufiger auftreten.

Für die Studie wurden Daten von insgesamt 548 Patientinnen und Patienten mit primärem Sjögren-Syndrom über einen Fünfjahreszeitraum (2018 bis 2023) untersucht. Mit Hilfe von Propensity-Score-Matching nach Alter zu Studienbeginn wurden für die Schlaganfall-Gruppe der Sjögren-Patienten zwei Kontrollgruppen im Verhältnis 1:3 gebildet: Sjögren-Patienten ohne Schlaganfall-Anamnese sowie eine Gruppe von Patienten mit Hirninfarkt ohne Sjögren-Syndrom. Darüber hinaus wurden Daten der Schlaganfall-Patienten mit Sjögren Syndrom, die jünger als 50 Jahre waren (juveniler Schlaganfall) mit den Älteren (späterer Schlaganfall) verglichen.

Die Ergebnisse zeigen ein signifikant niedrigeres Medianalter der Sjögren-Patienten beim Auftreten eines Schlaganfalls im Vergleich zu Schlaganfall-Patienten ohne Sjögren-Syndrom (53 versus 60 Jahre, p=0,042). Bei 18,9 Prozent der Sjögren-Patienten trat ein Schlaganfall vor dem 40. Lebensjahr auf – bei Patienten ohne Sjögren Syndrom waren es lediglich 5,4 Prozent. In der Altersklasse 40 bis 50 lagen 21,6 der Sjögren-Patienten mit Schlaganfall. 40,5 Prozent der Sjögren-Patienten erlitten einen Schlaganfall vor ihrem 50. Lebensjahr (Medianalter 41) und waren damit durchschnittlich 25 Jahre jünger als Sjögren-Patienten mit einem späteren Schlaganfall über 50 Jahren (59,5 Prozent, Medianalter 66,5).

Das Sjögren-Syndrom

Das Sjögren-Syndrom zählt zu den häufigsten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und äußert sich durch eine chronische Entzündung der exokrinen Drüsen. Betroffen sind dadurch vor allem die Mund- und Vaginalschleimhaut sowie die Tränendrüsen. Im Allgemeinen erkranken Frauen weitaus häufiger als Männer. Das Syndrom kann verschiedene Ausprägungen haben und entweder nur lokale exokrine Drüsen betreffen, aber auch extraglandulär systemisch mit Beteiligung verschiedener Organe auftreten. Es kann in seiner primären Form allein oder sekundär mit Assoziation zu anderen Immunerkrankungen auftreten.

Xerostomie und Sicca-Syndrom sind Leitsymptome der Erkrankung und liegen bei 98 Prozent der Betroffenen vor. Die Stomatitis sicca kann sich dadurch äußern, dass Patienten über Probleme beim Einspeicheln der Nahrung oder Schwierigkeiten beim längeren Sprechen berichten. Auch eine erhöhte Kariesprävalenz sowie häufigere Candida albicans Infektionen können als Folge der Xerostomie auftreten. Bei mehr als einem Drittel der Patienten treten im Rahmen des Sjögren-Syndroms rezidivierende Entzündungen der Parotiden, zumeist beidseits, auf. Extraglandulär können Arthralgien und Polyarthritiden (beobachtet bei rund der Hälfte der Patienten,) sowie das Raynaud-Syndrom auftreten.

Beide Schlaganfallgruppen (mit und ohne Sjögren-Syndrom) wiesen überwiegend ähnliche kardiovaskuläre Risikofaktoren auf, während sich diese in der Kontrollgruppe ohne Schlaganfall deutlich weniger zeigten. In allen Schlaganfall-Gruppen war der Anteil der Männer höher.

Bei nahezu die Hälfte der Schlaganfall-Patienten (48,6 Prozent) aus der Sjögren-Gruppe wurde zum Zeitpunkt des Schlaganfalls die Diagnose des Sjögren-Syndroms noch nicht gestellt. Dies betraf vor allem Patienten mit juvenilem Schlaganfall, obwohl diese bereits Sicca-Symptome zeigten.

Die Ergebnisse bestätigen eine Assoziation zwischen Sjögren-Syndrom und einem erhöhten Schlaganfallrisiko, insbesondere in jüngeren Lebensjahren. Während die kardiovaskulären Risikofaktoren in beiden Schlaganfall-Gruppen ähnlich waren, waren die Sjögren-Patienten beim Auftreten des Schlaganfalls deutlich jünger. „Dieser Umstand deutet darauf hin, dass autoimmun-entzündliche Prozesse eine Rolle bei der Pathogenese der Schlaganfälle bei diesen PatientInnen spielen könnten“, vermuten die Autorinnen und Autoren. Die verzögerte Diagnosestellung beim Sjögren-Syndrom spricht dafür, das Screening zu optimieren, insbesondere für jüngere Patienten.

52. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) 2024, Meeting Abstract VK.05; DOI: 10.3205/24dgrh194

Saubere Zähne – Gesundes Herz

Saubere Zähne – gesundes Herz

Parodontitis ist nicht nur eine der Hauptursachen für Zahnverlust, sondern erhöht auch das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Umso wichtiger ist es, mit sorgfältiger Mundhygiene und gesundem Lebensstil vorzubeugen, appelliert die Informationsstelle für Kariesprophylaxe (IfK) anlässlich des Weltherztags am 29. September zur Patientenaufklärung.

Parodontitis ist eine Volkskrankheit und trifft etwa jeden zweiten Erwachsenen in Deutschland [1]. Sie beginnt unspektakulär mit einer Gingivitis: Weil es nicht schmerzt, werden die Symptome oft nicht ernst genommen. Aber sie sind ein Warnsignal, und Patienten sollten wissen, dass die Entzündung auf das Zahnbett übergreifen und sich zu einer Parodontitis auswachsen kann. Unbehandelt kann die Entzündung weiter bis tief in den Zahnhalteapparat vordringen. Dabei kommt es durch die Bakterien auch zur Zerstörung des Kieferknochens. Dann drohen Wackelzähne und Zahnverlust [2].

Entzündliche Prozesse bleiben lange unbemerkt

Gingivitis und frühe Parodontitis-Stadien sind „stille“ Krankheiten, weil sie oft jahrelang vor sich hin schwelen, ohne Beschwerden zu verursachen. Das ist tückisch, weil die entzündlichen Prozesse lange unbemerkt bleiben und ungestört fortschreiten können [3].

Gefährlich ist, dass die Parodontitis nicht auf den Mund beschränkt bleibt: „Die Bakterien und Entzündungsmediatoren können durch die Zellen des entzündeten Zahnfleischs in die Blutbahn schlüpfen und im Körper unter anderem Herz-Kreislauferkrankungen fördern – indem sie die Blutgefäße schädigen“, erklärt Professor Dr. Stefan Zimmer, Sprecher der Informationsstelle für Kariesprophylaxe und Lehrstuhlinhaber für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin an der Universität Witten/Herdecke.

Menschen mit Parodontitis haben laut Studien ein etwa doppelt so hohes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Parodontitis fördert zudem die Entstehung von Bluthochdruck, der das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall ebenfalls erhöht. Es scheint sogar einen Zusammenhang zwischen Parodontitis und einer höheren kardiovaskulären Sterblichkeit zu geben [4, 5].

Parodontitis vorbeugen: Lebensstil hat großen Einfluss

Ob man an Parodontitis und/oder einem Herz-Kreislaufleiden erkrankt, hängt zum Teil von den Genen ab. Deutlich mehr Einfluss hat aber der Lebensstil. Etliche Risikofaktoren gefährden sowohl das Herz als auch das Zahnfleisch. Dazu gehören vor allem eine ungesunde Ernährung, wenig Bewegung, Übergewicht, Diabetes und Rauchen.

Rauchstopp und die Umstellung auf einen antientzündlichen Speiseplan mit vorwiegend pflanzlichen, unverarbeiteten Lebensmitteln, hochwertigen Ölen, ab und zu Fisch sind daher neben ausreichender Bewegung wichtige Stellschrauben, um Parodontitis und Herzerkrankungen vorzubeugen [6].

Unverzichtbar sei natürlich eine sorgfältige Mundhygiene. Mindestens zweimal täglich die Zähne mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta putzen und die Zahnzwischenräume täglich mit Zahnseide oder Interdentalbürstchen reinigen. Mundspüllösungen können ergänzend zum Einsatz kommen [7].

Quellen

[1] Jordan AR, Micheelis W, editors. Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V). Köln: Deutscher Zahnärzte-Verlag. DÄV; 2016.
[2] Deutsche Gesellschaft für Parodontologie. Parodontitis. dgparo.de
[3] Bundeszahnärztekammer: Erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko durch Parodontitis. Pressemitteilung 08.12.2022.
[4] Sanz M, Marco Del Castillo A, Jepsen S, Gonzalez-Juanatey JR, D’Aiuto F, Bouchard P, Chapple I, Dietrich T, Gotsman I, Graziani F, Herrera D, Loos B, Madianos P, Michel JB, Perel P, Pieske B, Shapira L, Shechter M, Tonetti M, Vlachopoulos C, Wimmer G. Periodontitis and cardiovascular diseases: Consensus report. J Clin Periodontol. 2020 Mar;47(3):268-288. doi: 10.1111/jcpe.13189. Epub 2020 Feb 3. PMID: 32011025; PMCID: PMC7027895.
[5] Muñoz Aguilera E, et al.: Periodontitis is associated with hypertension: a systematic review and meta-analysis. Cardiovascular Research 2020; 116(1): 28–39. doi:10.1093/cvr/cvz201.
[6] Wölber JP, Tennert C. Die Ernährungszahnbürste. 1. Auflage 2020. Narayana Verlag, Kandern.
[7] AWMF. S3-Leitlinie Häusliches chemisches Biofilmmanagement in der Prävention und Therapie der Gingivitis. Stand Dezember 2020.

 

Warum Mundgesundheit auch Herzenssache ist (dzw.de)

Xylit erhöht Risiko für kardiale Ereignisse um 57 Prozent

Höhere Werte des Süßstoffs Xylit im Blut sind mit einem deutlich erhöhten Risiko für schwere Herzerkrankungen und Schlaganfälle verbunden, zeigt eine internationale Studie unter Federführung der Charité.

Die Untersuchung der Cleveland Clinic in den USA wurde jetzt im European Heart Journal veröffentlicht. Erstautor der Studie ist Dr. med. Marco Witkowski, Kardiologe am Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC). Bereits 2023 hatte der Wissenschaftler in einer von der Cleveland Clinic geleiteten Studie in Zusammenarbeit mit dem DHZC im Magazin „Nature Medicine“ gezeigt, dass der Süßstoff Erythrit ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall verbunden ist .

Xylit wird in großen Mengen verkauft und als „natürlicher Süßstoff“ beworben, da es in geringen Mengen auch in Obst oder Gemüse vorkommt und vom Körper produziert werden kann. Künstliche Süßstoffe wie Xylit werden von Gesundheitsbehörden der USA und der Europäischen Union als „Generally Recognized as Safe“ (GRAS) eingestuft. Ihr Einsatz wurde von mehreren Leitlinienorganisationen für Personen empfohlen, die an Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden. Außerdem soll Xylit einigen Untersuchungen zufolge eine karieshemmende Wirkung haben. Daher wird der Süßstoff nicht nur als Ersatz für Zucker, sondern auch als zusätzliches Mittel gegen Karies vermarktet, etwa als Zusatz von Zahncremes, Lutschtabletten oder Kaugummis, schreibt die Charité.

Das Problem: Xylit erhöht die Reaktivität von Blutplättchen

Witkowski hat während eines mehrjährigen Forschungsaufenthalts in den USA untersucht, ob der Konsum von Xylit das Risiko für schwerwiegende Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und für Schlaganfälle erhöht. Dazu wurden zunächst Blutproben von insgesamt mehr als 3.300 Herz-Kreislauf-Patientinnen und -Patienten analysiert. Diese Patienten wurden daraufhin über einen Zeitraum von drei Jahren beobachtet. In diesem Zeitraum kam es bei Patienten mit hohen Xylit-Konzentrationen im Blut signifikant häufiger zu Schlaganfällen, sogenannten „kardialen Ereignissen“ wie einem Herzinfarkt oder zu einem Todesfall.

Dieser Zusammenhang konnte in der Folge weiter erhärtet werden: In Laborversuchen wie auch bei Tests mit gesunden Studienteilnehmenden zeigte sich, dass Xylit die Reaktivität von Blutplättchen erhöht, was die Bildung von Blutgerinnseln fördert und somit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigern kann. Konkret wurde festgestellt, dass das Risiko für schwerwiegende kardiale Ereignisse bei erhöhten Xylit-Werten im Blut um 57 Prozent erhöht war.

Der Tipp: „Verbraucher sollten Konsum überdenken“

„Unsere Forschung weist auf mögliche Risiken von Xylit hin und zeigt, dass Süßstoffe nicht unbedingt die harmlose Zuckeralternative sind, für die sie oft gehalten werden. Besonders bei Menschen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Risiken könnte der Konsum von Xylit zusätzliche Gesundheitsgefahren bergen“, erklärt Witkowski. „Es ist wichtig, dass Verbraucher sich dieser Risiken bewusst sind und ihren Konsum dieser Süßstoffe überdenken. Bei Unsicherheiten sollten sie sich an ihren Arzt oder Ernährungsberater wenden.“

Angesichts der weit verbreiteten Verwendung von Xylit in Lebensmitteln und Zahnpflegeprodukten halten es die Autorinnen und Autoren der Studie für wichtig, die potenziellen Gesundheitsrisiken weiter zu untersuchen.

Marco Witkowski et al., Xylitol is prothrombotic and associated with cardiovascular risk, European Heart Journal, 2024;, ehae244, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehae244

Antibiotikaresistenz ­oraler Bakterien

Einfluss des orales Mikrobioms

Resistenzen gegen antibiotische Wirkstoffe sind ein zunehmendes Problem in der modernen Medizin. Sie verursachen schwere Komplikationen bei der Behandlung von Infektionen und sind für etwa 1,2 Millionen Todesfälle pro Jahr weltweit verantwortlich.

Die Mikroorganismen der großen Mikrobiome unseres Körpers, zu welchen auch das orale Mikrobiom zählt, spielen für den Austausch von Genen und damit auch als Reservoir für mögliche Resistenzen eine zentrale Rolle. Die Integrität der Gewebe unserer Mundhöhle ist ein wichtiger Parameter für den gesamten Organismus und für unsere Lebensqualität.

Einfluss auf systemische Faktoren lange unterschätzt

Der Einfluss des oralen Mikrobioms auf systemische Faktoren wurde viele Jahre unterschätzt und begrenzt auf die lokalen Strukturen wie Zähne, Parodontium und Mundschleimhaut betrachtet.

Erkrankungen wie Karies, Gingivitis, Parodontitis und Stomatitis wurden bestimmte Leitkeime als Auslöser und Betreiber zugeordnet, die Interaktionen zwischen den verschiedenen Spezies der oralen Biozönosen und mit dem wirtseigenen Zellstoffwechsel aber lange unterschätzt.

Nicht nur die Zahngesundheit ist in Gefahr: Eine orale Dysbiose kann durch die offenen Verbindungen zwischen Mundhöhle, Gastrointestinaltrakt und Atemwegen und nicht zuletzt bakteriämisch über das Blutgefäßsystem sowohl die inneren Organe, wie das Herz/Kreislaufsystem, die Lungen, den Darm, die Leber, die Nieren, als auch das Nervensystem beeinträchtigen und schädigen.

Unkontrollierter Antibiotikaeinsatz fördert Resistenzbildung

Nach Angaben der FDI werden fast 75 Prozent aller Antibiotika im niedergelassenen Bereich, 10 Prozent davon von Zahnärzten, verschrieben. Veränderungen des oralen Mikrobioms werden allerdings durch jede, gegen welche Erkrankung auch immer gerichtete systemische Antibiose ausgelöst. Das Medikament ist in seiner Wirkung nicht auf den eigentlichen Zielort beschränkt, sondern betrifft immer den gesamten Organismus und damit auch die mikrobielle Lebewelt der Mundhöhle. Ursachen für die Begünstigung einer Resistenzbildung sind hinlänglich bekannt.

Risiko Breitbandantibiotika

An erster Stelle steht die unreflektierte Gabe von Breitbandantibiotika. Die verursachenden Erreger werden, sowohl im allgemeinmedizinischen als auch im zahnärztlichen Bereich, nur selten auf ihre Sensibilität auf die verordneten Wirkstoffe getestet, die meisten Gaben erfolgen rein empirisch. Auch „Vorsichtshalber-Gaben“ bei eigentlich viralen Infektionen wie grippalen Infekten wirken sich zwar nicht begünstigend auf Behandlung dieser Erkrankung aus, verändern aber die Komposition und das Sensibilitätsspektrum der Spezies der oralen Biozönose. Zudem werden Mindestdosierung und die Dauer der Medikation von den Patienten häufig nicht eingehalten oder die vom letzten Mal übrig gebliebenen Antibiotika in Eigenregie selbstverordnet.

Antibiotika in der Zahnarztpraxis

Auch in der Zahnarztpraxis ist eine adjuvante Antibiotikagabe bei bestimmten Indikationen wie aggressiver Parodontitis, Abszessen oder Wurzelgranulomen eine gängige Praxis. Die antibiotische Begleittherapie wird allerdings erheblich erschwert, wenn die an sich schon mit potenten Virulenzfaktoren ausgestatteten Keime eines destabilisierten Mikrobioms auch noch Resistenzen gegen antibiotische Wirkstoffe entwickeln.

Biofilme als Reservoir für Resistenzgene

  • Ein gängiger Fehler, der neben den bereits genannten Faktoren eine Resistenzentstehung fördert, ist eine Antibiotikagabe bei aggressiver Parodontitis ohne zeitlichen Konnex zu einer mechanischen Reinigung der Zahnfleischtaschen.
  • Die subgingivalen Mikroorganismen sind in Biofilmen organisiert. Das Antibiotikum kann nur in verringerter Konzentration zu den durch eine organische Matrix geschützten Keimen vordringen.
  • Die Wirksamkeit ist entsprechend abgeschwächt, der Großteil der Erreger übersteht die Antibiose weitgehend unbeschadet.
  • Die Resistenzentwicklung hingegen wird durch die Exposition zu unzureichenden Antibiotikadosen vorangetrieben.

 

Mobile genetische Elemente

Innerhalb eines Biofilms findet man gegenüber planktonisch lebenden Bakterien, wie etwa im Speichel, neben vermehrter Virulenz auch einen erhöhten Level an Antibiotikaresistenzen. Viele Resistenzgene (ARGs) liegen extrachromosomal auf mobilen genetischen Elementen, den sogenannten Plasmiden.

Diese können in der polymikrobiellen Biozönose über horizontalen Gentransfer innerartlich aber auch zwischen den unterschiedlichen Bakterienspezies ausgetauscht und weitergegeben werden. Dies betrifft allerdings nicht nur potenziell pathogene Mikroorganismen wie Prevotella intermedia, Porphyromonas gingivalis oder Aggregatibacter actinomycetemcomitans, sondern auch die an sich harmlosen Kommensalen der Mundflora.

Letztere beeinträchtigen zwar nicht die Mundgesundheit, können aber bei einem Erwerb von Resistenzgenen zu einer Gefahr für den Gesamtorganismus werden.

Mittels metagenomischer Sequenzierung von Plaqueproben wurden Resistenzprofile zur Darstellung des oralen Resistoms erstellt. Es finden sich deutliche Unterschiede in den Resistenzmustern zwischen oral Gesunden und Patienten mit Karies oder Parodontitis.

Ko- und Kreuzresistenzen erschweren die Behandlung

Neben Antibiotikaresistenzen kommen auch damit oft kombiniert auftretenden Resistenzen gegen andere Biozide zum Tragen. Die Ursache liegt in einer gemeinsamen Selektion der verantwortlichen Gene, wodurch sich Ko- und Kreuzresistenzen entwickeln.

Betroffen sind grampositive Bakterien wie Staphylococcus aureus mit seiner methicillinresistenten Form MRSA, aber zunehmend auch gramnegative Keime. In tiefen Zahnfleischtaschen findet man häufig Klebsiellaarten, Enterobacterales und Escherichia coli. Unter entsprechendem Selektionsdruck entstehen Resistenzen gegen Beta-Laktam-Antibiotika (ESBL), aber auch gegen Fluorchinolone und Sulfamethoxazol. Multiresistente gramnegative Keime (MRGN) sind unempfindlich gegen drei (3MRGN) oder sogar vier (4 MRGN) Antibiotikaklassen.

Auch unter den Anaerobiern und den fakultativ anaeroben Bakterien findet man zunehmend Lücken im Wirkungsspektrum von Clindamycin, Doxycyclin und den Makroliden.

  • Um dieser Entwicklung effektiv entgegenzuwirken, sind sowohl ein problemorientiertes und erregerspezifisches Vorgehen bei der Verschreibung von Antiinfektiva als auch eine Optimierung bei der Unterweisung der Patienten notwendig.
  • Im zahnärztlichen Bereich ermöglichen Analysen des verursachenden Keimkollektivs und Sensibilitätstests einen gezielten Einsatz von Wirkstoffen.
  • Schulungen im Rahmen des Antibiotic Stewardship sollten im niedergelassenen und vor allem auch im zahnärztlichen Bereich vermehrt angeboten werden.

Eine auf den jeweiligen Fachbereich abgestimmte Unterweisung in dieser interdisziplinären Strategie erleichtert Entscheidungen zum korrekten Einsatz von antibiotischen Wirkstoffen und trägt zur Reduktion der Resistenzentwicklung bei.

DDr. Christa Eder

ist Fachärztin für Pathologie und Mikrobiologin